Zurück zur Übersicht
URL: http://mobile.deloitte-tax-news.de/steuern/indirekte-steuern-zoll/bmf-relevanz-des-zahlungszwecks-fuer-die-abgrenzung-zwischen-entgelt-und-echtem-zuschuss.html
15.07.2024
Indirekte Steuern/Zoll

BMF: Relevanz des Zahlungszwecks für die Abgrenzung zwischen Entgelt und echtem Zuschuss

Leistungsentgelt oder echter Zuschuss? Das BMF präzisiert die Abgrenzungskriterien. 

Hintergrund

 Bei finanziellen Zuwendungen an einen Unternehmer stellt sich regelmäßig die Frage (vgl. Deloitte Tax News), ob die Zahlung unabhängig von einer Leistung des Zahlungsempfängers erfolgt und damit umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich ist (echter Zuschuss) oder ob die Zahlung ein Entgelt für eine Leistung des Unternehmers an den Zuschussgeber darstellt (unechter Zuschuss). In Drei-Personen-Konstellationen kann die Zahlung als Entgelt dritter Seite gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG zu qualifizieren sein, wenn der leistende Unternehmer eine Zahlung von einem anderen als dem Leistungsempfänger für die Lieferung oder sonstige Leistung erhält und der Leistungsempfänger einen Anspruch auf die Zahlung hat, die Zahlung in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung gegenüber dem Leistungsempfänger oder zumindest im Interesse des Leistungsempfängers gewährt wird (vgl. Abschn. 10.2 Abs. 3 Sätze 1 und 4 UStAE). Während der BFH in der Vergangenheit grundsätzlich einen steuerbaren Leistungsaustausch annahm, wenn ein Unternehmer auf der Grundlage eines gegenseitigen Vertrages mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts Leistungen gegen Entgelt erbringt (BFH, Urt. v. 28.05.2013, XI R 32/11, BStBl. II 2014, 411, Rz. 43 mwN; BFH, Urt. v. 05.08.2010, V R 54/09, BStBl. II 2011, 191, Rz. 13) und sich die Finanzverwaltung diesem Verständnis angeschlossen hat (Abschn. 10.2 Abs. 2 Satz 7 UStAE), schränkte der BFH in der Folge diesen Grundsatz ein, indem er auf den Zahlungszweck aus der Perspektive des Zahlenden nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise abstellte (BFH, Urt. v. 18.11.2021, V R 17/20, BStBl. II 2024, 492, Rz. 22 ff.).

Verwaltungsanweisung vom 11.06.2024

Mit der aktuellen Verwaltungsanweisung präzisiert das BMF die Kriterien, die für die Abgrenzung zwischen Entgelt und echtem Zuschuss maßgeblich sind. Zudem ergänzt das BMF den Bespielkatalog des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses um weitere Fallkonstellationen nach Maßgabe der BFH-Rechtsprechung (BFH, Urt. v. 05.08.2010, V R 54/09, BStBl. II 2011, 191; BFH, Urt. v. 18.11.2021, V R 17/20, BStBl. II 2024, 492).

Kriterien für die Abgrenzung zwischen Entgelt und echtem Zuschuss

Mit der Verwaltungsanweisung stellt das BMF klar, dass es für die Abgrenzung zwischen Entgelt und echten Zuschuss insbesondere auf die Person des Bedachten und das Förderungsziel ankommt (Abschn. 10.2 Abs. 2 Satz 3 UStAE). Dabei kommt dem Zweck, den der Zahlende verfolgt, Indizwirkung zu (Abschn. 10.2 Abs. 2 Satz 4 UStAE).

Kein Leistungsaustausch trotz vertraglich vereinbarter Zahlungen

Neu ist ein Verweis im Anwendungserlass (Abschn. 10.2 Abs. 9 Satz 6 UStAE), wonach bei Zuwendungen aus öffentlichen Kassen kein Leistungsaustausch vorliegt, wenn vertraglich vereinbarte Zahlungen aus den in Abschn. 10.2 Abs. 7 Sätze 3 und 4 UStAE genannten Gründen gewährt werden. Echte Zuschüsse liegen danach auch dann vor, wenn der Zahlungsempfänger die vertraglich vereinbarten Zahlungen lediglich erhält, um in die Lage versetzt zu werden, überhaupt tätig zu werden oder seine nach dem Gesellschaftszweck obliegenden Aufgaben erfüllen zu können (Abschn. 10.2. Abs. 9 Satz 6 UStAE i.V.m. Abschn. 10.2 Abs. 7 Satz 3 UStAE). Dazu gehören vertraglich vereinbarte Zahlungen, die vorrangig dem Zahlungsempfänger zu seiner Förderung aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen gewährt werden (Abschn. 10.2. Abs. 9 Satz 6 UStAE i.V.m. Abschn. 10.2 Abs. 7 Satz 3 UStAE).

Erweiterung des Bespielkatalogs

Ein Entgelt für eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung in Gestalt der Bewirtschaftung einer Liegenschaft liegt z.B. vor, wenn ein Sportverein einen jährlichen Betrag von einer Gemeinde erhält, um auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrags eine Sporthalle zu vermieten und die Mietforderungen einzuziehen (Abschn. 10.2 Abs. 2 Satz 10 Beispiel 5; BFH, Urt. v. 05.08.2010, V R 54/09, BStBl. II 2011, 191). Ein echter Zuschuss ist hingegen anzunehmen, wenn einem gemeinnützigen Sportverein eine Sportanlage von einer Gemeinde ohne Auflagen für bestimmte Sportangebote unentgeltlich zur Eigennutzung und allgemeinen Förderung der Vereinstätigkeit überlassen wird und die Gemeinde eine pauschale Kostenerstattung an den Sportverein gewährt (Abschn. 10.2 Abs. 7 Satz 8 Beispiel 6; BFH, Urt. v. 18.11.2021, V R 17/20, BStBl. II 2024, 492). 

Anwendungsregelung

Die Verwaltungsgrundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Anmerkung

Die finanzielle Belastung, die Zahlungsempfängern, die ggf. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, in Fällen des unerkannten oder zu spät identifizierten Vorliegens eines Leistungsentgelts droht, verdeutlicht die Relevanz der zutreffenden umsatzsteuerrechtlichen Qualifizierung der Zuschussgewährung. Die Einordnung als Leistungsentgelt kommt dabei nur in Betracht, wenn die Tatbestandsmerkmale eines Leistungsaustauschs erfüllt sind. Maßgeblich ist, ob der Zahlungsempfänger dem Zahlenden für die finanzielle Zuwendung einen konkreten verbrauchsfähigen Vorteil gewährt. Wird dem Zahlungsempfänger hingegen lediglich ermöglicht, seine Tätigkeit überhaupt ausüben zu können und ist er nicht dazu verpflichtet, eine konkrete Leistung zugunsten des Zahlenden zu erbringen, ist das für einen Leistungsaustausch vorausgesetzte Gegenseitigkeitsverhältnis nicht gegeben. Insbesondere die Ausführungen der Finanzverwaltung im Bereich der Überlassung von Gemeindeeinrichtungen an Vereine sind praxisnah erläutert. Mit der aktuellen Verwaltungsanweisung schließt sich das BMF der höchstrichterlichen Rechtsprechung an, indem es den Umsatzsteuer-Anwendungserlass um die vom BFH formulierten Abgrenzungskriterien erweitert und dabei exemplarisch die vom BFH entschiedenen Fallkonstellationen heranzieht. 

Betroffene Normen

§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, § 10 Abs. 1 S. 2 UStG 

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 11.06.2024, III C 2 - S 7200/19/10001 :028

www.deloitte-tax-news.de Diese Mandanteninformation enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen eines Einzelfalles gerecht zu werden. Sie hat nicht den Sinn, Grundlage für wirtschaftliche oder sonstige Entscheidungen jedweder Art zu sein. Sie stellt keine Beratung, Auskunft oder ein rechtsverbindliches Angebot dar und ist auch nicht geeignet, eine persönliche Beratung zu ersetzen. Sollte jemand Entscheidungen jedweder Art auf Inhalte dieser Mandanteninformation oder Teile davon stützen, handelt dieser ausschließlich auf eigenes Risiko. Deloitte GmbH übernimmt keinerlei Garantie oder Gewährleistung noch haftet sie in irgendeiner anderen Weise für den Inhalt dieser Mandanteninformation. Aus diesem Grunde empfehlen wir stets, eine persönliche Beratung einzuholen.

This client information exclusively contains general information not suitable for addressing the particular circumstances of any individual case. Its purpose is not to be used as a basis for commercial decisions or decisions of any other kind. This client information does neither constitute any advice nor any legally binding information or offer and shall not be deemed suitable for substituting personal advice under any circumstances. Should you base decisions of any kind on the contents of this client information or extracts therefrom, you act solely at your own risk. Deloitte GmbH will not assume any guarantee nor warranty and will not be liable in any other form for the content of this client information. Therefore, we always recommend to obtain personal advice.