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07.06.2017
Indirekte Steuern/Zoll

BMF: Personengesellschaft als Organgesellschaft

 Mit Schreiben vom 26.05.2017 nimmt das BMF zur jüngsten Rechtsprechung des EuGH und der beiden Senate zur umsatzsteuerlichen Organschaft Stellung. Die Verwaltung folgt der Argumentation des 5. Senats und lässt finanziell eingegliederte Personengesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen zur Organschaft zu.

Hintergrund

 Der EuGH hatte entschieden, dass das deutsche Recht insoweit nicht im Einklang mit Art. 11 MwStSystRL steht, als es Personengesellschaften aufgrund ihrer Rechtsform von der umsatzsteuerlichen Organschaft ausschließt. Der XI. Senat des BFH folgt dem EuGH mit dem Argument, dass eine Personengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co KG vom Begriff „juristische Person“ in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG umfasst sei. Auch der V. Senat des BFH folgt dem EuGH im Ergebnis für den Fall, dass eine Personengesellschaft wie eine Kapitalgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist.

Verwaltungsanweise

 Die Verwaltung folgt im Wesentlichen den bereits im Entwurf vorgelegten Änderungen und orientiert sich bei der Frage, ob auch eine Personengesellschaft eine Organgesellschaft sein kann an den Aussagen des V. Senats (zu den teilweise unterschiedlichen Ansichten des V. und XI. Senats siehe Deloitte Tax-News sowie Deloitte Tax-News vom 01.02.2016 und vom 28.07.2015).

Danach kann jede Art von Personengesellschaft eine unselbständige Organgesellschaft sein, wenn die finanzielle Eingliederung wie bei einer juristischen Person zu bejahen ist. Das setzt voraus, dass die Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind, so dass die erforderliche Durchgriffsmöglichkeit selbst bei der stets möglichen Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips gewährleistet ist. Abweichend von der Ansicht des XI. Senats, nach der es für die Eingliederung der Personengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co KG in das Unternehmen des Organträgers unerheblich ist, ob neben dem Organträger noch ein fremder Minderheitengesellschafter beteiligt ist, reicht das nach Auffassung des V. Senats und der Ansicht der Finanzverwaltung gerade nicht aus – vielmehr muss der Organträger sämtliche Gesellschaftsanteile der Personengesellschaft (un-)mittelbar halten.

Im Hinblick auf die organisatorische Eingliederung folgt die Finanzverwaltung der Ansicht, nach der die organisatorische Eingliederung auch dann vorliegt, wenn keine Personenidentität in den Leitungsgremien der Gesellschaften besteht (siehe Deloitte Tax-News). Ausschlaggebend sei, dass der Organträger seinen Willen in der Organgesellschaft durchsetzen kann – allein der Ausschluss einer vom Organträger abweichenden Willensbildung in der Organgesellschaft ist somit nicht ausreichend. Zudem wird klargestellt, dass auch ein Anstellungsvertrag den Organträger gegenüber Dritten in die Lage versetzen kann, seine Entscheidungsbefugnis nachweisen zu können.

Während die Anpassungen im Abschnitt der gewerblichen und beruflichen Tätigkeit sowie in den Abschnitten 2.8 Abs. 10 und 12, Abschnitt 15.18 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 sowie in Abschnitt 15.22 Abs. 1 bereits in allen offenen Fällen anzuwenden sind, gilt für die übrigen Änderungen insbesondere zur Personengesellschaft eine Nichtbeanstandungsregelung bis zum 31.12.2018 ausgeführte Umsätze. Allerdings können sich die Beteiligten bei der Beurteilung des Umfangs der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft bereits jetzt auf die geänderte Rechtsauffassung berufen. Diese Möglichkeit räumt ihnen die Verwaltung jedoch nur dann ein, wenn sie dies übereinstimmend tun und soweit sämtliche betroffenen Steuerfestsetzungen noch änderbar sind.

Anmerkung

 Die lange Zeit kontrovers diskutierte Frage, ob eine Personengesellschaft Teil einer umsatzsteuerlichen Organschaft sein kann, ist mit dem nunmehr vorliegenden Schreiben auch von der Finanzverwaltung grundsätzlich positiv beantwortet worden.

Hinsichtlich der Aspekte, die die beiden Senate des BFH (möglicherweise) unterschiedlich beurteilen, konnte allerdings auch das BMF keine Klärung bringen. So bleibt die Klärung der Fragen, ob – wie die Entscheidung des XI. Senats nahelegt, nur eine GmbH & Co KG in das Unternehmen ihres Mehrheitsgesellschafters eingegliedert werden kann bzw. ob das Vorhandensein eines nicht eingegliederten Minderheitsgesellschafters zwingend die Eingliederung ausschließt – in diesem Sinne kann der V. Senat verstanden werden – zukünftigen Verfahren vorbehalten.

Daneben darf mit Spannung erwartet werden, ob in der nächsten Legislaturperiode eine Gesetzesänderung den Wortlaut des UStG der Rechtsprechungsentwicklung anpasst und ob mit einem Antrags- bzw. Feststellungsverfahren zusätzlich Rechtssicherheit für die Beteiligten geschaffen wird.

Die von der Finanzverwaltung eingeräumte Übergangsfrist gibt Gelegenheit zu überprüfen, ob Personengesellschaften noch außerhalb des Organkreises stehen oder entsprechend den neuen Grundsätzen der Rechtsprechung und Verwaltung, Organgesellschaften geworden sind.

Betroffene Norm

 § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG; Art. 11 MwStSystRL; Abschnitt 2.3 Abs. 3, 4, Abschnitt 2.8 Abs. 12, UStAE

Fundstelle

Bundesfinanzministerium, BMF-Schreiben vom 26.05.2017, III C 2 - S 7105/15/10002

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 03.04.2008, V R 76/05, BStBl II 2008, S. 905
BFH, Urteil vom 09.10.2002, V R 64/99, BStBl II 2003, S. 375
BFH, Urteil vom 02.12.2015, V R 67/14, BFH/NV 2016, S. 511
EuGH, Urteil vom 16.07.2015, Larentia + Minerva, C- 108/14 und C-109/14, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 20.08.2009, V R 30/06, BStBl II 2010, S. 863, siehe Deloitte Tax-News
BMF, Entwurf eines Schreibens vom 12.12.2016, III C 2 - S 7105/15/10002, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 24.08.2016, V R 36/15, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 19.01.2016, XI R 38/12, BFHE 252, S. 516, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteile vom 02.12.2015, V R 67/14, V R 15/14, V R 36/13, V R 25/13, V R 12/14 (NV), siehe Deloitte Tax-News

 

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