Aktuell:
Jedes Jahr gehen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mehrere hundert Millionen Euro an Steuereinnahmen dadurch verloren, dass Anbieter über Online-Marktplätze ihre Waren in der EU verkaufen, die entsprechende Umsatzsteuer aber nicht abführen. Der entstehende Schaden beschränkt sich nicht allein auf den Steuerausfall, er begründet auch einen Wettbewerbsnachteil für steuertreue Anbieter, welche die Umsatzsteuer ordnungsgemäß abführen. Auf EU-Ebene wurde daher bereits im Dezember 2017 die Richtlinie (EU) 2017/2455 verabschiedet. Im Nachgang dieser Richtlinie hat nun das Bundesministerium der Finanzen in seinem Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2018 Regelungen vorgeschlagen, die dem Umsatzsteuerbetrug beim e-commerce Einhalt gebieten sollen.
Im Einzelnen sieht der Entwurf des JStG 2018 für die Regelungen zu den elektronischen Marktplätzen vor:
Die geplanten Regelungen im JStG 2018 bringen weitreichende Folgen für Unternehmer und Betreiber des Marktplatzes mit sich. Beide werden zu Gesamtschuldnern für die, vom Unternehmer geschuldete, Umsatzsteuer aus den jeweiligen Rechtsgeschäften. Damit wird das Steuerausfallrisiko bei Nichtabführung der Steuer auf den Betreiber des Online-Marktplatzes verlagert, wenn er seinen Aufzeichnungspflichten nicht nachkommt. Der Betreiber des Marktplatzes hat zwar einen Anspruch gegen den Unternehmer auf Erstattung der Steuer, dessen Durchsetzbarkeit ist jedoch, gerade bei im Ausland sitzenden Unternehmern, zweifelhaft. Aus europäischer Sicht stellen die vorgeschlagenen erweiterten Aufzeichnungspflichten der Plattformbetreiber bereits eine Umsetzung von Art. 242a EU Richtlinie (EU) 2017/2455 dar.
Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, diese Richtlinie zum 1.1.2021 in nationales Recht umzusetzen. Inhaltlich beziehen sich die EU-Regelungen auf innergemeinschaftliche Fernverkäufe und Fernverkäufe von aus Drittländern eingeführten Gegenstände. Danach wird eine umsatzsteuerliche Lieferkette fingiert, wenn ein innergemeinschaftlicher Verkauf von Gegenständen stattfindet, der liefernde Unternehmer im Drittland ansässig ist und der Abnehmer kein Unternehmer ist. Der Marktplatzbetreiber wird zum Steuerschuldner für die Lieferung an den Abnehmer. Gleichzeitig wird eine Eingangslieferung des ausländischen Unternehmers an den Betreiber des Marktplatzes im Zeitpunkt des Verkaufs an den Nutzer fingiert. Zu beachten ist, dass diese EU-Regelungen keine Haftungsnormen darstellen und keine Geltung für reine Inlandsfälle entfalten.
Diese „Lücke“ wird durch die vorgeschlagene Haftungsregelung im Entwurf des JStG 2018 geschlossen, da alle im Inland steuerbaren Lieferungen, die über einen elektronischen Marktplatz begründet werden und alle liefernden Unternehmer, unabhängig von deren Ansässigkeit erfasst werden. Die vorgeschlagenen nationalen Regelungen haben daher einen weiteren Anwendungsbereich, als die durch die EU-Richtlinie noch umzusetzenden. Während steuerunehrliche Unternehmen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat oder aus dem Drittland, die ein Lager in der EU errichten und keine grenzüberschreitenden Lieferungen ausführen, nicht unter die Regelungen der EU-Richtlinie fallen, werden diese Sachverhalte von der vorgeschlagenen Haftungsnorm erfasst und ergänzen damit die noch in nationales Recht umzusetzenden EU-Regelungen. Dem Wortlaut der vorgeschlagenen nationalen Regelungen nach beziehen sich die erweiterten Aufzeichnungspflichten sowie die neue Haftungsregelung allerdings nur auf Betreiber von elektronischen Marktplätzen auf denen der Verkauf von Gegenständen angeboten wird. Betreiber von Marktplätzen auf denen Dienstleistungen (Uber, airbnb, usw.) angeboten werden bislang von den vorgeschlagenen Regelungen nicht erfasst.
Das Vereinigte Königreich sieht bereits seit 2016 eine Haftung von Betreibern von online-Marktplätzen vor, die unter anderem im Rahmen des Finance Act 2018 überarbeitet und um weitere Regelungen, die dem deutschen Vorschlag weitestgehend entsprechen, ergänzt wurde.
Überblick zu den Regelungen im Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2018
§22f, §25e UStG-E
Bundesministerium der Finanzen, Referentenentwurf für das Jahressteuergesetz 2018
Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates vom 05.12.2017, EU-Abl. L 348/7 vom 29.12.2017
Gov.UK, HM Revenue & Customs, Policy paper VAT: extending joint and several liability for online marketplaces and displaying VAT numbers online, published 22 November 2017
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