Bezieht der Unternehmer Leistungen für Betriebsveranstaltungen, ist er nur zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn diese nicht ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienen, sondern durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind. Hierbei muss unter anderem der erlangte persönliche Vorteil des Arbeitnehmers gegenüber dem Bedarf des Unternehmens als nebensächlich (untergeordnet) erscheinen.
Das Recht auf Vorsteuerabzug setzt einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang des Eingangs- mit dem Ausgangsumsatz voraus. Besteht der Zusammenhang ausschließlich und unmittelbar zu einer unentgeltlichen Entnahme i.S.d. § 3 Abs. 9a UStG oder § 3 Abs. 1b UStG, ist der Unternehmer grundsätzlich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Bei Betriebsveranstaltungen kommt der Vorsteuerabzug unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG bei überwiegend betrieblichem Interesse in Betracht. Der BFH nimmt bei Betriebsveranstaltungen grundsätzlich eine Leistung für den privaten Bedarf des Personals an (BFH, Urt. v. 09.12.2010, V R 17/10, BStBl. II 2012, 53). Im Fall von Arbeitssitzungen ist die Beköstigung von Arbeitnehmern hingegen nicht unternehmensfremd, wenn mit der Bewirtung die Kontinuität und der ordnungsgemäße Sitzungsablauf gewährleistet wird (EuGH, Urt. v. 11.12.2008, C-371/07, Danfoss und AstraZeneca, Rz. 56 ff.; Abschn. 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 11 UStAE).
Bei einer zur Entnahmebesteuerung führenden Betriebsveranstaltung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ist der Unternehmer nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn es sich um eine Aufmerksamkeit handelt. Liegen Aufmerksamkeiten vor, richtet sich der Vorsteuerabzug nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers (BFH, Urt. v. 09.12.2010, V R 17/10, BStBl II 2012, 53). Aufmerksamkeiten sind Zuwendungen des Arbeitgebers, die Geschenken entsprechen, die im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung des Arbeitnehmers führen (Abschn. 1.8 Abs. 3 Satz 1 UStAE, R. 19.6 LStR). Entscheidend sind die vom BFH zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung entwickelten und von der Finanzverwaltung übernommenen lohnsteuerrechtlichen Maßstäbe (BFH, Urt. v. 09.12.2010, V R 17/10, BStBl. II 2012, 53; Abschn. 15.15 Abs. 2 Beispiel 3 UStAE). Danach ist von einer Aufmerksamkeit auszugehen, wenn die Kosten der Betriebsveranstaltung 110 € je Mitarbeiter nicht übersteigen. Durch das Zollkodex-Anpassungsgesetz wurde die zuvor geltende Freigrenze mit Wirkung zum 01.01.2015 in einen Freibetrag gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG umgewandelt (BGBl. I 2014, 2417; vgl. Deloitte Tax-News).
Über die Frage, wie sich diese Gesetzesänderung umsatzsteuerrechtlich auswirkt, hat der BFH in einem aktuellen Streitfall im Zusammenhang mit einem Kochevent für Arbeitnehmer entschieden. Zudem war streitig, ob die Kosten des äußeren Veranstaltungsrahmens, insbesondere Raum- und Personalkosten, bei der Berechnung der Wertgrenze einzubeziehen sind.
Der Kläger veranstaltete im Dezember 2015 eine betriebliche Weihnachtsfeier. Hierzu mietete er ein Kochstudio an. Während der Veranstaltung bereiteten die teilnehmenden Arbeitnehmer unter Anleitung von Köchen ein Abendessen zum eigenen Verzehr zu. Auf jeden angemeldeten Arbeitnehmer entfielen Kosten i.H.v. 145 €. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug. Nach Ansicht des Finanzamts lagen aufgrund der Überschreitung der 110 €-Grenze je Arbeitnehmer keine Aufmerksamkeiten vor. Das Einspruchs- und erstinstanzliche Klageverfahren verliefen ohne Erfolg. Der Kläger legte Revision ein.
Im Ergebnis hat der BFH das Recht des Klägers auf Vorsteuerabzug für das Koch-Event im Rahmen der Weihnachtsfeier verneint, da die bezogenen Leistungen dem privaten Bedarf seiner Mitarbeiter dienten. Der Vorsteuerabzug war durch die Verwendung der Eingangsleistung für eine Dienstleistungsentnahme gem. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ausgeschlossen. Die mit der Team-Building-Maßnahme bezweckte Verbesserung des Betriebsklimas durch gemeinsame Freizeitgestaltung begründete nach Ansicht des BFH kein vorrangiges Unternehmensinteresse. Der Streitfall war mit der vom EuGH in der Sache Danfoss und AstraZeneca (EuGH, Urt. v. 11.12.2008, C-371/07, Danfoss und AstraZeneca) beurteilten Sachverhaltsgestaltung nicht vergleichbar, da die Betriebsveranstaltung im vom BFH entschiedenen Fall im außerunternehmerischen Bereich und nicht während der Dienstzeit erfolgte.
Die Zuwendungen anlässlich der Betriebsveranstaltung waren nach dem BFH wegen der Überschreitung der Freigrenze von 110 € je Arbeitnehmer nicht als Aufmerksamkeiten anzusehen. Nach der Einführung des Freibetrages gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG gilt umsatzsteuerrechtlich auch weiterhin die 110 €-Freigrenze pro Teilnehmer und Betriebsveranstaltung.
Anders als im vom BFH mit Urteil vom 16.05.2013 (VI R 94/10, BStBl. II 2015, 186) entschiedenen Fall, wonach die Kosten für den äußeren Veranstaltungsrahmen, insbesondere die Mietkosten und die Kosten für die Leistungen eines Eventveranstalters, nicht zu berücksichtigen sind, waren die Raumkosten in die Berechnung der 110 €-Grenze einzubeziehen, weil es sich bei dem Kochevent um eine einheitliche Leistung handelte. Die Würdigung des FG, wonach das Kochevent als marktfähiges Gesamtpaket eine einheitliche Leistung darstellt, war aus Sicht des BFH nicht zu beanstanden.
§ 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG
Art. 16 UAbs. 2 MwStSystRL, Art. 168 Buchst. a MwStSystRL
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 05.12.2019, 5 K 222/18, EFG 2022, S. 64 ff
BFH, Urteil vom 10.05.2023, V R 16/21, lt. BMF zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen
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