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18.05.2022
Indirekte Steuern/Zoll

BFH: Steuerpflicht bei Sportvereinen

Sportvereine können sich gegenüber einer aus dem nationalen Recht folgenden Steuerpflicht nicht auf eine allgemeine, aus der MwStSystRL abgeleitete Steuerfreiheit berufen (Änderung der Rechtsprechung).

Hintergrund

Während das nationale Recht in § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG lediglich sportliche Veranstaltungen gegen Teilnehmergebühren von der Steuer befreit und nur Leistungen begünstigt sind, die von den im Gesetz genannten Anbietern erbracht werden, ist die unionsrechtliche Befreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL weiter gefasst. Die unionsrechtliche Steuerbefreiung befreit eng mit Sport verbundene Dienstleistungen, die von Einrichtungen ohne Gewinnstreben erbracht werden. Da die nationale Steuerbefreiung damit nicht der unionsrechtlichen entspricht, bejahte der BFH bis zur EuGH Entscheidung Golfclub Schloss Igling (EuGH Urt. v. 10.12.2020, C-488/18) ein unmittelbares Berufungsrecht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL.

Der EuGH entschied jedoch, dass Art. 132 Buchst. m MwStSystRL keine unmittelbare Wirkung hat und eine unmittelbare Berufung auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung auch für reine Nutzungsüberlassungen von Vereinen nicht möglich ist. Darüber hinaus urteilte der EuGH, dass unter dem unionsrechtlichen Begriff der „Einrichtungen ohne Gewinnstreben“ nur solche Einrichtungen zu verstehen sind, die eine Vermögensbindung über die Vereinsauflösung hinaus aufweisen. Mit seinem Folgeurteil schließt sich der BFH den Ausführungen des EuGH an und ändert seine bisherige Rechtsprechung.

Sachverhalt

Ein Golfverein, der bis auf die Regelungen zur Vermögensbildung alle Voraussetzungen zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit erfüllt, behandelte die Berechtigung zur Nutzung des Golfspielplatzes, die leihweise Überlassung von Golfbällen für das Abschlagstraining mittels eines Ballautomaten, die Durchführung von Golfturnieren und Veranstaltungen, bei denen Startgelder für die Teilnahme vereinnahmt wurden sowie die mietweise Überlassung von Caddys und Schlägerverkäufe in unmittelbarer Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL als steuerfrei.

Das Finanzamt sah diese gesondert vergüteten Leistungen als steuerbar und steuerpflichtig an. Die dem Grunde nach mögliche Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG für den Veranstaltungsbereich versagte das Finanzamt, da es den Golfverein nicht als gemeinnützig ansah, was es insbesondere damit begründete, dass es an einer hinreichenden Vermögenszweckbindung für den Fall der Vereinsauflösung fehlte.

Das Finanzgericht gab der hiergegen eingelegten Klage statt, da es nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung des BFH davon ausging, dass sich der Golfverein auf die weiter gefasste Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL berufen könne.

Da diesbezüglich Zweifel aufgetreten waren, rief der BFH im Revisionsverfahren den EuGH an. Dieser entschied, dass eine Berufung auf die Steuerfreiheit nach der MwStSystRL nicht möglich sei (s.o. EuGH Urt. 10.12.2020, C- 488/12, Golfclub Schloss Igling).

Entscheidung

Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL hat keine unmittelbare Wirkung, so dass sich eine Einrichtung ohne Gewinnstreben (Sportverein) auf diese unionsrechtliche Steuerbefreiung nicht berufen kann. Die Leistungen in den Bereichen Greenfee, Ballautomat, Startgelder, Caddys und Verkauf sind steuerbar und steuerpflichtig.

Anmerkung

Die Entscheidung des BFH betrifft unmittelbar nur Leistungen, die Sportvereine gegen gesonderte Vergütung erbringen. Sie ist aber für die Umsatzbesteuerung im Sportbereich von grundsätzlicher Bedeutung. Dies beruht darauf, dass nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH durch Mitgliedsbeiträge abgegoltene Leistungen, die Sportvereine an ihre Mitglieder erbringen, entgegen der Verwaltungspraxis weiterhin steuerbar sind, so dass es durch die nunmehr versagte Steuerbefreiung zu einer Umsatzsteuerpflicht kommt. Sportvereine müssen damit rechnen, dass die Rechtsprechung ihre Leistungen auch insoweit als steuerpflichtig ansieht, als sie derartige Leistungen an ihre Mitglieder erbringen und es sich dabei nicht um eine sportliche Veranstaltung i.S. von § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG handelt.

Diese Problematik dürfte sich nur gesetzgeberisch dadurch lösen lassen, dass der nationale Gesetzgeber die nach der Richtlinie bestehende Möglichkeit ergreift, Leistungen im Bereich des Sports weitergehend als bisher von der Umsatzsteuer zu befreien. Dies wird in der Fachwelt seit zwei Jahrzehnten diskutiert, ohne dass der nationale Gesetzgeber derartige Überlegungen bislang aufgegriffen hat.

Dem hat sich der BFH jetzt unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung angeschlossen. Dies gilt auch für die eigentlich unter § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG fallende Durchführung von Golfturnieren und Veranstaltungen, bei denen der Kläger Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte. Denn der EuGH hatte ergänzend entschieden, dass die Steuerfreiheit im Sportbereich voraussetzt, dass das Vereinsvermögen im Auflösungsfall nur zweckgebunden verteilt werden kann, woran es im Streitfall fehlte.

Betroffene Normen

MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. m, MwStSystRL Art. und n, MwStSystRL Art. 133 Abs. 1 Buchst. a, MwStSystRL Art. 134 Buchst. a; § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG; § 51 AO; § 55 AO

Fundstelle

BFH, Urteil vom 21.4.2022, V R 48/20

Weiterführende Literatur

​Pressemitteilung des BFH vom 12.05.2022 - Nummer 020/22 - Urteil vom 21.04.2022, V R 48/20

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