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URL: http://mobile.deloitte-tax-news.de/steuern/indirekte-steuern-zoll/bfh-ort-der-lieferung-in-ein-konsignationslager-call-off-stock.html
26.04.2017
Indirekte Steuern/Zoll

BFH: Ort der Lieferung in ein Konsignationslager (call-off-stock)

 Für die Lieferortbestimmung bei einer Versendungslieferung muss der Abnehmer bereits bei Beginn der Versendung feststehen. Eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung kann auch dann vorliegen, wenn der Liefergegenstand nach dem Beginn der Versendung für kurze Zeit in einem Auslieferungslager gelagert wird. Vereinbaren die an einem Leistungsaustausch Beteiligten rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne Umsatzsteuer, ist der vereinbarte Betrag in Entgelt und darauf entfallende Umsatzsteuer aufzuteilen.

Sachverhalt

 Eine in den Niederlanden ansässige B.V. lieferte Waren über ein auf dem Betriebsgelände der deutschen Abnehmerin gelegenes Lager (call-off-stock), wobei allein Letztere Zugang zu den im Lager gelagerten Waren hatte. Die B.V. blieb solange Eigentümerin des Konsignationsbestandes, bis die deutsche Abnehmerin ihr einmal wöchentlich eine Aufstellung des in der Vorwoche an ihre Kunden verkauften Konsignationsbestandes übermittelt hatte. Der Verkaufspreis zwischen der B.V. und der Abnehmerin wurde an dem Tag, an dem die Abnehmerin den Bestand weiterveräußerte, bestimmt. Die niederländische B.V. war verpflichtet, den Konsignationsbestand mindestens drei Wochen im Lager zu belassen; nach Ende dieses Zeitraums war die Abnehmerin berechtigt, den gesamten Bestand oder einen Teil davon an die B.V. zurückzusenden.

Entscheidung

 Die über das in Deutschland gelegene Lager ausgeführten Lieferungen der B.V. an die in Deutschland ansässige Abnehmerin sind steuerbar und steuerpflichtig. Eine Versendungslieferung liegt nicht vor, da diese voraussetzt, dass der Abnehmer im Zeitpunkt der Versendung feststeht. Vorliegend war erst mit der Entnahme der Waren aus dem Konsignationslager sicher, dass die Abnehmerin die Gegenstände behalten werde und bereit war, hierfür den Kaufpreis zu entrichten. Ein verbindlicher Kaufvertrag wurde daher erst nach der Einlagerung der Waren geschlossen, weil die Abnehmerin nicht von vornherein dazu verpflichtet war, die von der niederländischen B.V. in das Lager verbrachten Waren abzunehmen. Die Abnehmerin war erst nach der Entnahme der Waren aus dem Lager zur Zahlung verpflichtet.

Da die B.V. die Veräußerungen in den Niederlanden als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen und die Abnehmerin damit korrespondierend innergemeinschaftliche Erwerbe in entsprechender Höhe in Deutschland erklärt hatte, berechnet sich die von der B.V. zugrunde zu legende Bemessungsgrundlage durch Herausrechnen der Umsatzsteuer aus den gezahlten Kaufpreisen. Hierzu stellt der BFH fest, dass wenn die an einem Leistungsaustausch Beteiligten rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne Umsatzsteuer vereinbaren, der vereinbarte Betrag in Entgelt und darauf entfallende Umsatzsteuer aufzuteilen ist. Im Hinblick auf die Festsetzung der Nachzahlungszinsen führt der BFH aus, dass die Zinsen als steuerliche Nebenleistung grundsätzlich das Schicksal der ihnen zugrunde liegenden Hauptforderung teilen. Die bisherige Zinsfestsetzung ist daher zu ändern, wenn die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder berichtigt wird.

Anmerkung

 Bereits mit Urteil vom 20.10.2016, BFH V R 31/15 (siehe Deloitte Tax-News) hat der BFH bei einer Lieferung eines im EU-Ausland ansässigen Unternehmers über ein deutsches Konsignationslager gegen die Ansicht der Finanzverwaltung in Abschn. 1a.2. Abs. 6 Satz 1 UStAE, die generell von einem innergemeinschaftlichen Verbringen mit anschließender Inlandslieferung ausgeht, entschieden, dass für die Lieferortbestimmung bei einer Versendungslieferung der Abnehmer bereits bei Beginn der Versendung feststehen muss. Diese Rechtsprechung bestätigend und anknüpfend daran, stellt der BFH nun fest, dass der Abnehmer gerade nicht feststeht, wenn es an einem verbindlichen Kaufvertrag zwischen Lieferer und Abnehmer mangelt. Welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit ein verbindlicher Kaufvertrag vorliegt und der Abnehmer bereits bei Beginn der Versendung feststeht, ließ der BFH hingegen offen. Die Finanzverwaltung wird sich, wie auch schon vom Umsatzsteuerreferat der OFD Frankfurt (vgl. OFD Frankfurt/M. v. 23.02.2017 - S 7100a A - 004 - St 110) festgestellt, mit den Urteilen und der Thematik des „feststehenden Abnehmers“ auseinandersetzen müssen.

Betroffene Norm

 § 3 Abs. 6 UStG; Art. 32 MwStSystRL

Vorinstanz

 Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.11.2015, 1 K 1983/13 U

Fundstelle

 BFH, Urteil vom 16.11.2016, V R 1/16

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