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16.11.2022
Indirekte Steuern/Zoll

BFH: Keine rückwirkende Rechnungsberichtigung bei unzutreffendem Steuerausweis auf Rechnungen

Erteilt ein Unternehmer in der Annahme einer Leistungserbringung im Ausland eine Ausgangsrechnung ohne Ausweis der Steuer, kann die Rechnung nicht in der Weise berichtigt werden, dass dem späteren Ausweis inländischer Umsatzsteuer Rückwirkung für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers zukommt.

Hintergrund

In der Rechtsprechung mangelt es nicht an Entscheidungen, die die unterschiedlichen Aspekte einer Rechnung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug beleuchten. In den Entscheidungen Senatex und Barlis06 (EuGH Urteile vom 15.09.2016, C-518/14, siehe auch Deloitte Tax-News und C-516/14, siehe auch Deloitte Tax-News) betont der EuGH, dass formelle Aspekte zum Nachteil des Steuerpflichtigen nicht überbewertet werden dürfen und Mängel bei der Rechnungsstellung mit Rückwirkung geheilt werden können. Aus den Entscheidungen Volkswagen und Biosafe (EuGH Urteil vom 21.03.2018, C-533/16, Volkswagen siehe Deloitte Tax-News; EuGH Urteil vom 12.04.2018, C-8/17, Biosafe, siehe Deloitte Tax News) folgt, dass ohne eine Rechnung mit Steuerausweis der Vorsteuerabzug nicht geltend gemacht werden kann. Fristen zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs laufen daher nicht ab, bevor der Steuerpflichtige in Besitz einer derartigen Rechnung ist. Allen Entscheidungen ist gemein, dass das Recht auf Vorsteuerabzug neben dem Vorliegen der materiellen Voraussetzungen den Besitz einer (ordnungsgemäßen) Rechnung voraussetzt. Ein Dokument stellt dann keine berichtigungsfähige Rechnung mehr dar, wenn es so mangelhaft ist, dass der Finanzverwaltung die erforderlichen Angaben zur Prüfung des Anspruchs auf Vorsteuerabzug fehlen (zuletzt auch EuGH Urt. v. 21.10.2021, C-80/20, siehe Deloitte Tax-News). Der BFH schloss sich der Rechtsprechung des EuGH an. Darüber hinaus legte der BFH - und ihm später folgend auch die Finanzverwaltung – aber bestimmte Mindestpflichtangaben (BFH Urt. v. 20.10.2016, V R 26/15, siehe Deloitte Tax-News; zuletzt mit Urt. v. 12.3.2020, V R 48/1; BMF-Schreiben BMF, Schreiben vom 18.09.2020, III C 2 - S 7286-a/19/10001 :001, Rz. 11; Abschn. 15.2a Abs. 1a Satz 4 UStAE) fest, die eine Rechnung aufweisen muss, damit der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann bzw. es sich überhaupt um eine berichtigungsfähige Rechnung handelt. Neben der Angabe des Rechnungsausstellers, des Leistungsempfängers, der Leistungsbeschreibung sowie dem Entgelt gehört auch die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer zu den Mindestangaben. Liegen diese Voraussetzungen vor, wirkt die Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt, in dem die ursprünglich fehlerhafte Rechnung ausgestellt wurde, zurück. Höchstrichterlich nicht entschieden war bislang der Fall, ob eine Rechnungsberichtigung auch im Hinblick auf den Steuerausweis Rückwirkung entfalten kann.  

Sachverhalt

Die Kl. ist eine Kapitalgesellschaft, die ursprünglich nach luxemburgischen Recht gegründet wurde und nach einer Umwandlung in eine GmbH ihren Sitz ins Inland verlegt hat. Sie bezog sonstige Leistungen von Unternehmern aus Deutschland. Aufgrund des statuarischen Sitzes in Luxemburg gingen die Beteiligten irrig davon aus, dass die Leistungen in Luxemburg steuerbar seien und die Klägerin als Empfängerin der Leistungen die Steuer schulde. Die deutschen Unternehmer fakturierten daher ihre Leistungen entweder mit 0% v. H. Steuer oder ohne Steuerausweis mit dem Hinweis auf die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens. Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Klägerin wurde festgestellt, dass die Klägerin in Deutschland ansässig ist und es sich bei denen an die Klägerin erbrachten Leistungen um steuerpflichtige Inlandsleistungen handelte. Daraufhin wurden die Rechnungen berichtigt und die Leistenden rechneten unter Ausweis der Umsatzsteuer ab. Die Klägerin begehrt die rückwirkende Berücksichtigung der Vorsteuern. Das FG Niedersachsen gab der Klage statt, woraufhin das Finanzamt Revision einlegte.

Entscheidung

Erteilt ein Unternehmer in der Annahme einer Leistungserbringung im Ausland eine Ausgangsrechnung ohne inländischen Steuerausweis, kann er diese nicht in der Weise berichtigen, dass dem späteren Ausweis inländischer Umsatzsteuer Rückwirkung für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers zukommt. 

Gründe

Dem BFH folgend hat das FG zu Unrecht die Rechnungen als mit Rückwirkung berichtigungsfähig angesehen. Der Vorsteuerabzug aus den erteilten Rechnungen ist nicht gegeben, da mit diesen Rechnungen nach den Vorstellungen der Leistenden und der Klägerin als Empfängerin im übrigen Gemeinschaftsgebiet erbrachte Leistungen abgerechnet werden sollten, so dass bereits nach dem Willen der Beteiligten kein inländischer Steuerausweis und keine inländische Steuerschuldnerschaft der Klägerin vorliegen sollte. Im Jahr der Leistungserbringung war die Klägerin im Inland auch nicht registriert. Die Klägerin ist auch nicht aufgrund der durch die Leistenden vorgenommenen Berichtigungen der erteilten Rechnungen zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die erforderliche Berichtigungsfähigkeit der ursprünglichen Rechnung setzt voraus, dass diese Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Eine Rechnung, die nicht über eine inländische Leistung abrechnen sollte und daher keinen inländischen Steuerausweis enthält, ist danach nicht rückwirkend berichtigungsfähig.

Betroffene Normen

​UStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 S 2, EGRL 112/2006 Art 178 Buchst a, UStG VZ 2012 , UStG § 14 

Anmerkung

Das Urteil reiht sich in die Rechtsprechung zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung ein, bestätigt diese und ist praxisrelevant. Insbesondere im Rahmen von Betriebsprüfungen, wenn der Vorsteuerabzug aufgrund mangelhafter Rechnungen versagt wird, kommt der rückwirkenden Rechnungsberichtigung zentrale Bedeutung zu. Scheidet sie aus, da ein Dokument vorliegt, bei dem es sich mangels Vorliegens der fünf Mindestangaben nicht um eine berichtigungsfähige Rechnung handelt, muss der Vorsteuerabzug zzgl. Zinsen zurückgezahlt werden und kann erst bei Vorliegen einer korrekten Rechnung geltend gemacht werden. Unternehmen sollten daher darauf achten, dass sie bestenfalls im Besitz von ordnungsgemäßen, jedenfalls aber von berichtigungsfähigen Rechnungen sind. Nach der vorliegenden Entscheidung stellt ein Dokument ohne inländischen Steuerausweis keine berichtigungsfähige Rechnung dar, da es an einer der Mindestangaben fehlt. Die Voraussetzung für die Rückwirkung der Berichtigung ist die Belastung mit inländischer Umsatzsteuer in der ursprünglichen Rechnung. Fehlt es daran oder an einer anderen der insgesamt fünf Mindestangaben, ist eine rückwirkende Rechnungsberichtigung nicht möglich. In diesen Fällen bleibt nur die erstmalige Ausstellung einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 07.07.2022, V R 33/20

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