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26.08.2019
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

Mündliche Verhandlungen beim BFH: Die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 6a GrEStG ist weit auszulegen

Die zwei Verhandlungstage des zweiten Senats des BFH zeigten, dass dieser wohl an seinen Ausführungen im Vorlagebeschuss vom 30.05.2017 (II R 62/14) festhalten wird und § 6a GrEStG entsprechend dem Begünstigungszweck, Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen zu erleichtern, weit auszulegen ist. D.h. Vor- und Nachbehaltensfristen nicht fordern will, soweit diese Fristen umwandlungsbedingt nicht eingehalten werden können.

Hintergrund

Beim BFH standen sieben mündliche Verhandlungen zu § 6a GrEStG an, die bisher aufgrund des Vorlagebeschlusses vom 30.05.2017 (II R 62/14) ausgesetzt waren. Nachdem der EuGH mit seinem Urteil vom 19.12.2018 in der Rechtssache C-374/17 (A-Brauerei) dem von Deloitte vertretenen Standpunkt gefolgt ist und entschieden hat, dass die Steuerbefreiung in § 6a GrEStG keine verbotene Beihilfe ist (siehe Deloitte Tax-News), wurden die Verfahren nun fortgeführt.

Mündliche Verhandlungen beim BFH

Die sieben Verfahren unterschieden sich in den jeweils in Frage stehenden Anwendungsvoraussetzungen des § 6a GrEStG und wurden vom BFH nacheinander abgehandelt. Die folgende Zusammenfassung gibt die Fragestellung des Verfahrens wieder und beschreibt den Eindruck, den man aus der mündlichen Verhandlung gewinnen konnte. Ob der BFH diesen Eindruck in seinen Urteilen bestätigt oder letztlich anders entscheidet, ist allerdings offen und erst das schließlich veröffentlichte Urteil ist bindend.

BFH II R 15/19: Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 6a GrEStG bei Verschmelzung von Anteilen an einer Gesellschaft im Privatvermögen?

  • BFH tendiert zu einer weiten Auslegung des § 6a GrEStG, d.h. die Betätigung über die Beteiligungsgesellschaft reicht aus, um als „herrschendes Unternehmen“ zu qualifizieren, auch wenn die Beteiligung dem Privatvermögen zugeordnet ist

BFH II R 16/19: Grunderwerbsteuerbefreiung bei Ausgliederung auf neu gegründete Gesellschaft im Konzern: Setzt die Grunderwerbsteuervergünstigung für Umstrukturierungen im Konzern im Fall der Neugründung nicht die Einhaltung der fünfjährigen Vorbehaltensfrist voraus?

  • BFH tendiert zu einer weiten Auslegung des § 6a GrEStG, d.h. eine Vorbehaltensfrist, die umwandlungsbedingt – durch die Ausgliederung zur Neugründung – nicht eingehalten werden kann, ist für die Vergünstigung nach § 6a GrEStG nicht erforderlich

BFH II R 19/19: Steuervergünstigung bei Umstrukturierung im Konzern nach § 6a GrEStG:Ist die Voraussetzung „herrschendes Unternehmen“ i.S.d. § 6a GrEStG erfüllt, wenn das Unternehmen zu 100% am Kapital der abhängigen Gesellschaft beteiligt ist, oder muss es sich bei dem Unternehmen zusätzlich um einen Unternehmer i.S.d. § 2 UStG handeln?

  • BFH tendiert zu einer weiten Auslegung des § 6a GrEStG, d.h. die Betätigung über die Beteiligungsgesellschaft reicht aus, um als „herrschendes Unternehmen“ zu qualifizieren, auf die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft kommt es nicht an

BFH II R 20/19: Nachbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG bei Umstrukturierung im Konzern: Gilt die sog. Nachbehaltensfrist auch für den Fall der Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen?

  • BFH tendiert zu einer weiten Auslegung des § 6a GrEStG, d.h. eine Nachbehaltensfrist, die umwandlungsbedingt – durch den Untergang der Beteiligung aufgrund der Verschmelzung – nicht eingehalten werden kann, ist für die Vergünstigung nach § 6a GrEStG nicht erforderlich

BFH II R 21/19: Steuervergünstigung bei Umstrukturierung im Konzern nach § 6a GrEStG: Ist die Vorbehaltensfrist bei einer Abspaltung zur Neugründung Voraussetzung für die Anwendung des § 6a GrEStG?

  • BFH tendiert zu einer weiten Auslegung des § 6a GrEStG, d.h. eine Vorbehaltensfrist, die umwandlungsbedingt – durch die Ausgliederung zur Neugründung – nicht eingehalten werden kann, ist für die Vergünstigung nach § 6a GrEStG nicht erforderlich. Da im Einzelfall aber eine ausländische (österreichische) Umwandlung vorlag, ist zusätzlich die Vergleichbarkeit mit einem deutschen Umwandlungsvorgang erforderlich.

BFH II R 17/19: Fünfjahresfrist des § 6a Satz 4 GrEStG grundstücksbezogen oder beteiligungsbezogen? Ist die fünfjährige Vorbehaltensfrist auf die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der übertragenden Gesellschaft zu beschränken?

  • BFH tendiert zu einer beteiligungsbezogenen Auslegung des § 6a GrEStG, was in der Konsequenz bedeuten könnte, dass eine Verschmelzung auf eine seit drei Jahren zu mindestens 95% gehaltene Gesellschaft nicht begünstigt ist, während eine Verschmelzung oder Ausgliederung zur Neugründung begünstigt sein kann

BFH II R 18/19 (Prozessbevollmächtigter Deloitte): Nachbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG bei Umstrukturierung im Konzern: Gilt die sog. Nachbehaltensfrist auch für den Fall der Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen?

  • BFH tendiert zu einer weiten Auslegung des § 6a GrEStG, d.h. eine Nachbehaltensfrist, die umwandlungsbedingt – durch den Untergang der Beteiligung aufgrund der Verschmelzung – nicht eingehalten werden kann, ist für die Vergünstigung nach § 6a GrEStG nicht erforderlich

Wir haben im Verfahren II R 18/19 betont, dass diese weite Auslegung der Begünstigungsvorschrift sowohl national als auch unionsrechtlich geboten ist. Der EuGH hatte in seinem Urteil vom 19.12.2018 die Beihilfeeigenschaft über die Rechtfertigung durch die Systemimmanenz von § 6a GrEStG verneint. Bereits der Verlauf der damaligen mündlichen Verhandlung zeigte, wie wichtig die systematische Einbettung der Begünstigungsvorschrift in das System der Grunderwerbsteuer ist.

Steuerpflichtige sollten neben der Veröffentlichung der Urteile aber auch verfolgen, wie es mit § 6a GrEStG im Rahmen der Grunderwerbsteuer-Reform zu den sog. share-deal (siehe Deloitte Tax-News) weitergehen wird. Es wäre zu wünschen, dass die vom BFH angedeutete weite Auslegung den Gesetzgeber nicht zu einer Abschaffung der Vorschrift veranlasst. Vielmehr sollte die Gelegenheit genutzt werden, den Wortlaut des § 6a GrEStG im Sinne der weiten Auslegung des BFH zu präzisieren und sichergestellt werden, dass die Schwellenwerte der Mindestbeteiligung auch korrespondierend an die Steuertatbestände angepasst werden. Allerdings zeigten Äußerungen aus einem Landesfinanzministerium in einem der verhandelten Verfahren, dass die Länder bereits bei der Einführung des § 6a GrEStG ihr Interesse an einer möglichst engen Begünstigungsvorschrift geltend gemacht haben. Die Zukunft des § 6a GrEStG bleibt daher spannend.

Für Fragen stehen Ihnen Herr Dr. Alexander Linn (allinn@deloitte.de) und Herr Benedikt Pignot (bpignot@deloitte.de) gerne zur Verfügung.

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