Die Vorschriften des § 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG wurden im Rahmen der Reform des Grunderwerbsteuergesetzes um die sog. Börsenklausel des § 1 Abs. 2c GrEStG erweitert. Die Ländererlasse vom 04.10.2022 nehmen zu dieser Neuregelung ausführlich Stellung.
Im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) vom 12.05.2021 (BGBl. I 2021, S. 986, siehe Deloitte Tax-News) wurde in Ergänzung zu § 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG die Vorschrift des § 1 Abs. 2c GrEStG eingeführt. Diese sog. Börsenklausel ist für die Ermittlung des Vomhundertsatzes bei der Prüfung der relevanten mittelbaren Gesellschafterwechsel i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG oder bei der Prüfung der relevanten unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafterwechsel i.S. des § 1 Abs. 2b GrEStG zu beachten (zur Anwendung des § 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG, vgl. Ländererlasse vom 10.05.2022, siehe Deloitte Tax-News).
Im Folgenden geben wir einen Überblick über wesentliche Aussagen der Ländererlasse vom 04.10.2022:
Allgemeines
Nach der Neuregelung des § 1 Abs. 2c GrEStG bleiben bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes i.S.v. § 1 Abs. 2a und 2b GrEStG Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, wenn
Voraussetzungen des § 1 Abs. 2c GrEStG
Die Vorschrift des § 1 Abs. 2c GrEStG kommt dann zur Anwendung, wenn Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft unmittelbar übergehen (§ 1 Abs. 2b S. 1 GrEStG) oder Anteile an einer Kapitalgesellschaft übergehen, die an einer grundbesitzenden Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist (§ 1 Abs. 2a S. 3 bis 5 oder § 1 Abs. 2b S. 3 bis 5 GrEStG).
Unter die Neuregelung des § 1 Abs. 2c GrEStG fallende Kapitalgesellschaften sind dabei Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien sowie vergleichbare ausländische Kapitalgesellschaften, deren Anteile an Wertpapierhandelsplätzen zugelassen werden können. Bei diesen Anteilen handelt es sich regelmäßig um Aktien (vgl. §§ 8 ff. AktG). Keine Anteile i.S. des § 1 Abs. 2c GrEStG sind hingegen Wertpapiere, die sich lediglich auf die Anteile an einer Kapitalgesellschaft beziehen, ohne das Eigentum an diesen Anteilen zu vermitteln, wie z.B. American Depositary Receipts (ADR).
Zum Handel zugelassene Anteile an einem organisierten Markt i.S.d. § 2 Abs. 11 WpHG oder Dritthandelsplatz
Zum Handel zugelassene Anteile lassen sich über die Wertpapierhandelsplätze, an denen eine Zulassung erfolgt ist, identifizieren. Die Anteile können an verschiedenen Wertpapierhandelsplätzen gehandelt werden, müssen für die Anwendbarkeit von § 1 Abs. 2c GrEStG jedoch an mindestens einem Wertpapierhandelsplatz zum Handel zugelassen sein.
Ein organisierter Markt nach § 2 Abs. 11 WpHG stellt in Deutschland dabei der regulierte Markt an einer Börse dar. Multilaterale Handelssysteme (MTF) wie der Freiverkehr (§ 48 Börsengesetz) gelten hingegen nicht als organisierte Märkte, da sie nicht öffentlich-rechtlich genehmigt, geregelt oder überwacht werden.
Als gleichwertige Drittlandshandelsplätze sind bisher nur geregelte Märkte mit Sitz in den USA, Hongkong und Australien von der EU-Kommission anerkannt worden. Die Börsen in der Schweiz, und im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland sind hingegen derzeit nicht als gleichwertige Drittlandshandelsplätze anerkannt.
Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts über einen begünstigten Wertpapierhandelsplatz
Der Anteilsübergang nach § 1 Abs. 2c GrEStG muss aufgrund eines Geschäfts über einen organisierten Markt, einen gleichwertigen Drittlandshandelsplatz oder ein MTF erfolgen. Keine Anteilsübertragungen aufgrund eines Geschäfts über einen begünstigten Wertpapierhandelsplatz sind in der Regel die erstmalige Ausgabe von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft bei Börsengang (IPO), die Ausgabe neuer Anteile in Folge einer Kapitalerhöhung sowie Wertpapierleihen bzw. Wertpapierdarlehen oder Wertpapierpensionsgeschäfte.
Anzeigepflicht
Die grundbesitzende Personengesellschaft bzw. Kapitalgesellschaft muss gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a und 3b GrEStG alle Rechtsvorgänge anzeigen, die zur Verwirklichung des Tatbestands des § 1 Abs. 2a bzw. Abs. 2b GrEStG geführt haben. Anteilsübergänge im Sinne des § 1 Abs. 2c GrEStG sind hingegen nicht anzeigepflichtig, da sie bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes nicht zu berücksichtigen sind. Führt diese Nichtberücksichtigung dazu, dass das erforderliche Quantum von 90 % der Anteile nicht erreicht wird, besteht mangels Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a bzw. Abs. 2b GrEStG keine Anzeigepflicht.
Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleichlautende Erlasse vom 04.10.2022
Finanzausschuss Bundestag, Beschlussempfehlung und Bericht vom 15.04.2021, BT Dr. 19/28528, siehe Deloitte Tax-News
Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleich lautende Erlasse vom 10.05.2022 (zur Anwendung des § 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG), siehe Deloitte Tax-News)
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