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22.03.2013
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

FG Münster: Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a GrEStG ist sofort abziehbarer Aufwand

Ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand einer grundbesitzhaltenden Personengesellschaft zu mindestens 95 % (§ 1 Abs. 2a GrEStG), stellt die anfallende Grunderwerbsteuer eine sofort abzugsfähige Betriebsausgabe dar. Da der Grundstückserwerb für grunderwerbsteuerliche Zwecke lediglich fingiert wird, kann es sich bei der Grunderwerbsteuer nicht um aktivierungspflichtige Anschaffungsnebenkosten der grundbesitzhaltenden Personengesellschaft handeln.

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb im Streitjahr 2003 sämtliche Kommanditanteile an der T-KG und hielt diese in ihrem Betriebsvermögen. Die Änderung des Gesellschafterbestands löste Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a GrEStG aus. Streitig ist, ob die im Zusammenhang mit dem Erwerb der Kommanditbeteiligung angefallene Grunderwerbsteuer als Betriebsausgabe sofort abzugsfähig oder als Anschaffungsnebenkosten aktivierungspflichtig ist, wie es der Auffassung des Finanzamtes entspricht.

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Die festgesetzte Grunderwerbsteuer gehört entgegen der Auffassung des Finanzamts nicht zu den aktivierungspflichtigen Anschaffungsnebenkosten der im Vermögen der T-KG befindlichen Grundstücke, sondern ist als sofortabzugsfähige Betriebsausgabe bei der T-KG zu berücksichtigen.

Nach der gesetzlichen Definition sind Anschaffungskosten Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können (§ 255 Abs. 1 S. 1 HGB). Dazu gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 S. 2 HGB). Dieser handelsrechtliche Begriff ist auch der steuerbilanziellen Beurteilung zugrunde zu legen (BFH-Urteil vom 03.08.2005). Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts können nur solche Kosten sein, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten dessen Beschaffung tatsächlich zuzuordnen sind (BFH-Urteile vom 03.07.1997 und 17.10.2001). Hierzu ist ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung nicht ausreichend. Vielmehr kommt es auf die Zweckbestimmung der Aufwendungen an (finaler Begriff der Anschaffungskosten, vgl. BFH-Urteile vom 20.04.2011).

Ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft zu mindestens 95 % fällt nach § 1 Abs. 2a GrEStG Grunderwerbsteuer an. Aus grunderwerbsteuerlicher Sicht wird somit der Übergang des Grundbesitzes der „alten“ Personengesellschaft auf eine gedachte „neue“ Personengesellschaft fingiert.

Das FG schließt sich mit seiner Entscheidung dem BFH (Urteil vom 20.04.2011) an, der für den Fall der Anteilsvereinigung i.S.v. § 1 Abs. 3 GrEStG entschieden hat, dass die dadurch entstehende Grunderwerbsteuer als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe anzusehen sei. Nach Auffassung des BFH setzt die rechtliche Einordnung von Aufwendungen als Anschaffungskosten einen über die reine Kausalität hinausgehenden finalen Zusammenhang zwischen Aufwendung und Anschaffung voraus. In Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG handele es sich jedoch um einen in grunderwerbsteuerlicher Hinsicht fiktiven Erwerbsvorgang, der zivilrechtlich und handelsrechtlich keine Entsprechung fände.

Das FG räumt ein, dass sich § 1 Abs. 2a EStG zwar insoweit von § 1 Abs. 3 GrEStG unterscheidet, als die Grunderwerbsteuer nicht vom Erwerber der Beteiligung, sondern von der grundbesitzhaltenden Personengesellschaft selbst geschuldet wird (vgl. § 13 Nr. 6 GrEStG). Für grunderwerbsteuerliche Zwecke wird jedoch ebenfalls ein fiktiver Grundstückserwerb angenommen, so dass es zu keiner abweichenden Beurteilung kommen kann. Weder zivilrechtlich noch handelsbilanziell hat sich an der Zuordnung der Grundstücke etwas geändert, denn das Grundstück befindet sich auch nach der Änderung des Gesellschafterbestandes unverändert im zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum der grundbesitzenden Personengesellschaft und ist auch weiterhin bei dieser zu bilanzieren. Diese Aufwendungen können auch nicht der Erwerberin zugeordnet werden, da sie nicht Schuldnerin der Grunderwerbsteuer geworden ist und eine tatsächliche Belastung ausbleibt.

Entgegen der Finanzverwaltung (OFD Rheinland vom 23.01.2012) ergibt sich auch nichts anderes aus dem Transparenzprinzip, wonach ein neu in die Personengesellschaft eintretender Gesellschafter Anteile an
einzelnen Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens und somit auch einen Anteil am Grundbesitz der Personengesellschaft erwirbt. Nach Ansicht des FG lässt sich daraus nicht ableiten, dass Betriebsausgaben einer zivilrechtlich als unmittelbare Rechtsträgerin des Gesellschaftsvermögens anzusehenden Personengesellschaft ihren Gesellschaftern als anteilige Anschaffungsnebenkosten des zugrunde liegenden Grundstücksanteils zuzuordnen sind. Da das Transparenzprinzip im Handelsrecht keine Anwendung findet und handelsbilanziell davon ausgegangen wird, dass die Anschaffung einer Beteiligung und nicht die eines Grundstücks gegeben ist, würde das Transparenzprinzip eine weitere Durchbrechung der abschließend geregelten Durchbrechungstatbestände des Einkommensteuerrechts der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz darstellen.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfrage zugelassen.

Anmerkung

Das FG München hat sich mit Urteil vom 22.10.2013 der Meinung des FG Münster angeschlossen, nach der die Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a EStG keine Anschaffungsnebenkosten, sondern sofort abziehbare Aufwendungen - im Fall des FG München Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV - darstellt. Dies wurde mit Urteil vom 02.09.2014 vom BFH bestätigt (entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung).

Betroffene Norm
§ 1 Abs. 2a GrEStG
Streitjahr 2003

Fundstelle
Finanzgericht Münster, Urteil vom 14.02.2013, 2 K 2838/10 G,F, Revision zugelassen

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 02.09.2014, IV R 34/11, siehe Deloitte Tax-News
Finanzgericht München, Urteil vom 22.10.2013, 5K 1847/13
BFH, Urteil vom 20.04.2011, I R 2/10, BStBl II 2011, S. 761; siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 03.08.2005, I R 36/04, BStBl II 2006, S. 369
BFH, Urteil vom 06.07.1989, IV R 27/87, BStBl II 1990, S. 126
OFD Rheinland, Verfügung vom 23.01.2012, S 2174 – St 141, DB 2012, S. 486

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