Aktuell:
BFH, Beschluss vom 10.04.2025, II B 54/24 (AdV), siehe Deloitte Tax-News
FG Düsseldorf (Vorinstanz):
Das FG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 09. 09.2024 entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden, dass für Grundstücksübertragungen vor dem 01.07.2021 keine Verlängerung der grunderwerbsteuerlichen Nachbehaltensfrist von fünf auf zehn Jahre gilt.
FG Düsseldorf, Beschluss vom 09.09.2024, 11 V 1325/24 A
Sachverhalt
Grundstücksübertragungen von und auf Personengesellschaften können unter bestimmten Voraussetzungen von der Grunderwerbsteuer befreit sein. Dabei sind Haltefristen vor und nach der Übertragung zu beachten. Diese Haltefristen wurden durch die am 01. Juli 2021 in Kraft getretene Reform der Grunderwerbsteuer von fünf auf zehn Jahre verlängert. Für den Erhalt der Befreiung darf sich unter anderem die Beteiligung des Gesellschafters an einer an der Übertragung involvierten Personengesellschaft nicht innerhalb dieser Haltefrist vermindern. In dem durch das Finanzgericht Düsseldorf anhängigen Fall ist strittig, ob die verlängerte Nachbehaltensfrist von zehn Jahren auch dann gilt, wenn die Grundstückübertragung vor dem 01. Juli 2021 stattfand und am 30. Juni 2021 noch keine fünf Jahre seit der Übertragung vergangen waren.
Im Jahr 2018 wurde durch eine Personengesellschaft ein Grundstück auf eine andere Personengesellschaft übertragen. Die Übertragung war gem. § 6 Abs. 3 S. 1 GrEStG vollumfänglich von der Grunderwerbsteuer befreit, da an beiden Personengesellschaftern die gleichen Gesellschafter beteiligt waren. Im Jahr 2023 wurde die erwerbende Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft formgewechselt, was als schädliche Verringerung der Beteiligung des Gesellschafters an der (formgewechselten) Personengesellschaft qualifiziert. Das Finanzamt war der Auffassung, dass ein schädlicher Verstoß gegen die Nachbehaltensfrist vorliege, da der Formwechsel innerhalb von zehn Jahren nach der befreiten Übertragung des Grundstücks erfolgt war.
Das Finanzamt stützte seine Auffassung dabei auf eine Übergangsregelung, nach der die auf zehn Jahre verlängerten Haltefristen nicht zur Anwendung kommen, wenn die bisherige fünfjährige Haltefrist am 01. Juli 2021 bereits abgelaufen war (§ 23 Abs. 24 GrEStG). Hieraus folgert die Finanzverwaltung, dass im Umkehrschluss die verlängerte zehnjährige Frist zur Anwendung kommen müsse, wenn die (bisherige) fünfjährige Haltefrist am 01. Juli 2021 noch nicht abgelaufen ist. Allerdings findet sich in einer anderen Übergangsreglung sinngemäß die Aussage, dass die verlängerten Fristen erstmals auf Vorgänge anzuwenden sind, welche nach dem 30. Juni 2021 verwirklicht werden (§ 23 Abs. 18 GrEStG). Somit steht die Auslegung der Finanzverwaltung zur Verlängerung der Frist im Widerspruch zu dem Wortlaut des § 23 Abs. 18 GrEStG.
Grunderwerbsteuerliche Würdigung durch das FG Düsseldorf
Das FG Düsseldorf löst diesen Konflikt zugunsten der Regelung des § 23 Abs. 18 GrEStG und vertritt entgegen der Finanzverwaltung die Ansicht, dass die zehnjährige Nachbehaltensfrist erstmals auf nach dem 30. Juni 2021 verwirklichte Vorgänge anzuwenden ist. In Bezug auf § 24 Abs. 24 GrEStG führt das FG Düsseldorf aus, dass diese Regelung keine Steuerverschärfung bewirken soll, sondern aus Gründen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes zusätzlich ergänzt worden sei. Somit könne es durch § 24 Abs. 24 GrEStG nicht zu einer Geltung des neuen Grunderwerbsteuerrechts für Vorgänge vor dem 1. Juli 2021 kommen. Dass es einer gesonderten Anwendungsregelung in § 23 Abs. 24 GrEStG in Bezug auf die Nachbehaltensfrist des § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG aufgrund des § 23 Abs. 18 GrEStG gar nicht bedurft hätte, sei aufgrund des dargestellten Gesetzeszwecks hinzunehmen.
Bislang handelt es sich, soweit ersichtlich, bei dem Beschluss des FG Düsseldorf um die erste gerichtliche Äußerung zu dieser Frage in einem vorläufigen Verfahren. Die Beschwerde gegen den Beschluss wurde zugelassen und es bleibt der weitere Verlauf des Verfahrens abzuwarten. Weiterhin bleibt zu sehen, ob sich andere Finanzgerichte dieser Auffassung anschließen werden. Aufgrund der Begründung des FG Düsseldorf, welche auf dem Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck basiert, sollten u.E. allerdings gute Chancen bestehen, dass weitere Gerichte diese Auffassung ebenfalls teilen.
Bescheide aufgrund einer Verletzung der (verlängerten) zehnjährigen Nachbehaltensfrist für Grundstücksübertragungen vor dem 01. Juli 2021 sollten mit dem Einspruch angefochten und ein Ruhen des Einspruchsverfahrens bis zu einer Entscheidung durch das FG Düsseldorf im Hauptsacheverfahren beantragt werden.
Im Übrigen sollte Gleiches auch bezüglich von Übertragungen eines Grundstücks von einem oder mehreren Gesellschaftern auf deren Personengesellschaft gelten (§ 5 Abs. 3 GrEStG). Auch in diesen Fällen sollte es bei einer fünfjährigen Nachbehaltensfrist bleiben, sofern die Übertragung bereits vor dem 1. Juli 2021 erfolgt ist. Unverändert ist allerdings in Bezug auf die Vorbehaltensfristen der §§ 6 und 7 GrEStG von einer Verlängerung der Frist auf zehn Jahre auszugehen, sofern die Vorbehaltensfrist von fünf Jahren am 30. Juni 2021 noch nicht erfüllt war.
§ 6 Abs. 3 S. 1 GrEStG, § 23 Abs. 24 GrEStG. § 23 Abs. 18 GrEStG
Streitjahr 2024
BFH, Beschluss vom 10.04.2025, II B 54/24 (AdV), siehe Deloitte Tax-News
FG Düsseldorf, Beschluss vom 09.09.2024, 11 V 1325/24 A
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