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22.09.2020
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

FG Düsseldorf: Bestimmung des herrschenden Unternehmens im Sinne der grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel

BFH-Urteil vom 28.09.2022 (II R 13/20):

Der BFH kommt - ebenso wie das FG- zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung des § 6a GrEStG im Streitfall nicht nachträglich weggefallen sind. Nach dem BFH ist der an der Konzernspitze befindliche Rechtsträger nicht stets das "herrschende Unternehmen" i.S. des § 6a GrEStG. Welches Unternehmen "herrschendes Unternehmen" i.S. des § 6a S. 3 GrEStG ist, richtet sich nach dem jeweiligen Umwandlungsvorgang. Das "herrschende Unternehmen" ist das am steuerbaren Umwandlungsvorgang unmittelbar beteiligte Unternehmen (siehe Deloitte Tax News).

BFH, Urteil vom 28.09.2022, II R 13/20

FG-Urteil:

Mit Urteil vom 20.05.2020 hat sich das FG Düsseldorf zu der Bestimmung des herrschenden Unternehmens i.S.d. § 6a GrEStG bei mehrstufigen Beteiligungsstrukturen geäußert – und hierbei die derzeitige Verwaltungsauffassung verworfen.

Hintergrund

Innerhalb eines Konzerns können Grundstücksübertragungen von der Grunderwerbsteuer befreit sein (§ 6a GrEStG). Voraussetzung hierfür ist u.a., dass an dem Rechtsvorgang ausschließlich ein „herrschendes Unternehmen“ und ein oder mehrere „abhängige Gesellschaften“ beteiligt sind. Abhängig ist eine Gesellschaft, sofern das herrschende Unternehmen“ innerhalb von fünf Jahren vor und nach der Übertragung ununterbrochen zu min. 95 % beteiligt ist (sog. Vor- und Nachbehaltensfrist).

Wie das herrschende Unternehmen in einer mehrstufigen Beteiligungsstruktur zu bestimmen ist, lässt das Gesetz offen. Die Finanzverwaltung vertritt in ihren gleichlautenden Ländererlassen vom 19.06.2012 die Auffassung, dass in solchen Fällen regelmäßig der oberste Rechtsträger (Konzernspitze als „herrschendes Unternehmen“ anzusehen ist. Das Finanzgericht Düsseldorf beurteilte dies in seinem Urteil vom 20.05.2020 (7 K 820/17 GE) bei einer Beteiligungskette mit mehreren abhängigen Unternehmen anders.

Sachverhalt

Die D-GmbH, welche Eigentümerin eines Grundstücks war, wurde zu 100% von der Klägerin (K-GmbH) gehalten. Die Gesellschafterin der K-GmbH war zu 100% die E-GmbH und die Anteile an der E-GmbH hielt wiederum zu 100% die F-AG.

Mit Wirkung zum 15.08.2011 wurde die D-GmbH auf die K-GmbH verschmolzen. Dieser Vorgang löste Grunderwerbsteuer in Bezug auf das von der D-GmbH gehaltene Grundstück aus, welche jedoch aufgrund der Konzernklausel gem. § 6a GrEStG steuerfrei gestellt wurde.

Anschließend verminderte die F-AG ihre Beteiligung an der E-GmbH um insgesamt 26,8%. Daraufhin versagte das Finanzamt die vormals gewährte Steuerbefreiung mit der Begründung, dass die fünfjährige Nachbehaltensfrist nicht eingehalten worden sei.

Nach Auffassung der Klägerin sei dagegen nicht die F-AG, sondern die E-GmbH als herrschendes Unternehmen anzusehen, deren Beteiligung unverändert zu 100% besteht, so dass es auch nicht zu einer Veränderung der Beteiligungshöhe innerhalb der Nachbehaltensfrist gekommen sei.

Entscheidung

Nach Auffassung des FG Düsseldorf ist – wie von der Klägerin vorgetragen – nicht die F-AG als herrschendes Unternehmen anzusehen. Welche Gesellschaft letztlich das eine herrschende Unternehmen (K-GmbH oder E-GmbH) in der Beteiligungskette darstellt, ließ das FG Düsseldorf indes offen.

Das Gericht stellte in diesem Zusammenhang klar, dass das herrschende Unternehmen i.S.d. § 6a GrEStG – entgegen der Verwaltungsauffassung – nicht zwingend die Konzernspitze bzw. der oberste Rechtsträger in einer Beteiligungskette sein muss. Vielmehr könne dies auch eine abhängige Gesellschaft innerhalb eines Unternehmensverbunds sein. Entscheidend sei allein, dass ein Unternehmen innerhalb der genannten Fristen zu mindestens 95 % an einer anderen Gesellschaft beteiligt war. Dies führe dazu, so das FG Düsseldorf, dass bei ausreichend langen Beteiligungsketten mehrere herrschende und abhängige Rechtsträger vorliegen können.

Die Revision beim BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen (inzwischen anhängig; Az. des BFH: II R 13/20).

Anmerkungen

In seinen letztjährigen Entscheidungen hat der BFH die Verwaltungsauffassung zu § 6a GrEStG bereits insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an das herrschende Unternehmen sowie hinsichtlich der sog. Verbundbetrachtung abgelehnt (siehe Deloitte Tax-News). Die Finanzverwaltung hat die Urteile am 22.07.2020 im Bundesteuerblatt veröffentlicht und wendet die Urteile somit allgemein an (BStBl. II 2020, S. 329 ff.).

Im Rahmen des Revisionsverfahrens zu dem hier besprochenen Fall wird der BFH nunmehr Gelegenheit haben, sich mit der Bestimmung des herrschenden Unternehmens in mehrstufigen Beteiligungsketten zu befassen. Es bleibt abzuwarten, ob sich der BFH – anders als das FG Düsseldorf – auch dazu äußern wird, anhand welcher Kriterien dies im Zweifel zu erfolgen hat.

Betroffene Normen

§ 6a GrEStG

Streitjahre 2012, 2016

Fundstellen

BFH, Urteil vom 28.09.2022, II R 13/20, siehe Deloitte Tax News

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.05.2020, 7 K 820/17 GE

Weitere Fundstellen

Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautende Erlasse zur Anwendung des § 6a GrEStG vom 19.06.2012, BStBl. I 2012, S. 662

BFH, Urteil vom 21.08.2019, II R 15/19, BStBl. II 2020, S. 329, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 21.08.2019, II R 16/19, BStBl. II 2020, S. 333, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 22.08.2019, II R 17/19, BStBl. II 2020, S. 348, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 22.08.2019, II R 18/19, BStBl. II 2020, S. 352, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 21.08.2019, II R 19/19, BStBl. II 2020, S. 337, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 21.08.2019, II R 20/19, BStBl. II 2020, S. 341, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 21.08.2019, II R 21/19, BStBl. II 2020, S. 344, siehe Deloitte Tax-News

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