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25.01.2018
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

BFH: Mittelbare Anteilsvereinigung bei zwischengeschalteter Personengesellschaft

Ein Anteilserwerb kann (auch) bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG) führen, wenn dem Erwerber nach dem Anteilserwerb mindestens 95 % der Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft zuzurechnen sind. Maßgebend ist – wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft – die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen (Rechtsprechungsänderung).

Sachverhalt

Die Klägerin, eine britische Limited, erwarb im Streitjahr 2005 sämtliche Anteile an der A-AG. Diese war an der B-Holding beteiligt, die wiederum 94,91 % an der deutschen grundbesitzenden D-GmbH hielt. Die restlichen 5,09 % an der D-GmbH wurden durch die C-KG (neu gegründete Zwischengesellschaft) gehalten, an der die B-Holding ebenfalls zu 100% als Kommanditist beteiligt war. Als Komplementär war die C-GmbH zu 0 % beteiligt, deren Anteile zu 94,04 % die B-Holding und zu 5,96 % eine andere GmbH, deren alleinige Anteilseignerin eine Bank war, hielten. Das Finanzamt setzte für den Erwerb der Anteile an der A-AG durch die Klägerin in Bezug auf die grundbesitzende Kapitalgesellschaft D-GmbH gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG Grunderwerbsteuer fest. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage als unbegründet ab.

Entscheidung

Das FG habe zutreffend erkannt, dass die Klägerin durch den Erwerb der Aktien an der A-AG den Tatbestand der Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 2 GrEStG erfüllt hat.

Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden. Der Anteilserwerber wird so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen (vgl. BFH-Urteile vom 11.06.2013 und vom 12.03.2014). Die Anteilsvereinigung kann auch dadurch erfolgen, dass der Erwerber die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft teils unmittelbar und teils mittelbar erwirbt (vgl. BFH-Urteil vom 18.09.2013). Für die Annahme eines mittelbaren Anteilserwerbs kommt es entscheidend auf die rechtlich begründeten Einflussmöglichkeiten auf die grundbesitzende Gesellschaft an (BFH-Urteile vom 18.09.2013 und vom 12.03.2014).

Ist die grundbesitzende Gesellschaft eine Kapitalgesellschaft (hier D-GmbH), setzt ein mittelbarer Anteilserwerb, der zu einer Anteilsvereinigung beitragen kann, voraus, dass der Anteilserwerber sowohl bei der Zwischengesellschaft (hier C-KG) als auch bei der grundbesitzenden Gesellschaft (D-GmbH) selbst in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise die rechtliche Möglichkeit hat, seinen Willen durchzusetzen (vgl. BFH-Urteile vom 18.09.2013 und vom 12.03.2014). Handelt es sich bei der Zwischengesellschaft um eine Personengesellschaft – wie hier bei der C- KG – ist diese im Rahmen der Prüfung einer Anteilsvereinigung ebenso zu behandeln wie eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft (vgl. BFH-Urteil vom 12.03.2014).

Als Anteil i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG sei bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft – wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft auch – die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die Beteiligung am Gesamthandsvermögen maßgebend. Soweit der BFH im Urteil vom 08.08.2001 die gesamthänderische Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft für maßgeblich gehalten hat, hält er an dieser Rechtsauffassung nicht mehr fest.

Die Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft vermittele, soweit sie mindestens 95 % beträgt, die rechtliche Möglichkeit für den beteiligten Gesellschafter, seinen Willen in der Personengesellschaft in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise durchzusetzen. Unerheblich sei, dass an der zwischengeschalteten Personengesellschaft weitere Gesellschafter mit einem Kapitalanteil von weniger als 5 % oder kapitalmäßig überhaupt nicht beteiligt sind.

Die mit der Einführung des § 1 Abs. 3a GrEStG n.F. (Besteuerung von RETT-Blocker Strukturen) verbundene Intention des Gesetzgebers (alle Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen einer Gesellschaft rechtsformneutral anteilig zu berücksichtigen) schließe es nicht aus, bereits für frühere Anteilserwerbe auch bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft auf die Beteiligung am Gesellschaftskapital abzustellen. Insoweit werden mittelbare Beteiligungen an grundbesitzenden Gesellschaften im Rahmen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG rechtsformneutral behandelt.

Im Streitfall war der die Beteiligung vermittelnden B-Holding somit nicht nur unmittelbar 94,91 % der Geschäftsanteile an der grundbesitzenden D-GmbH zuzurechnen, sondern auch mittelbar 5,09 % der sich zum Zeitpunkt des Aktienerwerbs im Gesamthandsvermögen der C-KG befindlichen Anteile. Da die B-Holding als Kommanditistin zu 100 % am Gesellschaftskapital der C-KG beteiligt war, war ihr die Beteiligung der C-KG an der D-GmbH von 5,09 % voll zuzurechnen. Damit war auf jeder Beteiligungsstufe eine der Klägerin zuzurechnende Beteiligung von 100% gegeben.

Betroffene Norm

§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG
Streitjahr 2005

Anmerkung

Koordinierter Ländererlass vom 19.09.2018

In einem koordinierten Ländererlass vom 19.09.2018 hat sich nun die Finanzverwaltung – abweichend von der bisherigen Verwaltungsauffassung – der Auffassung des BFH in seinem Urteil vom 27.09.2017 angeschlossen. Danach ist beim mittelbaren Anteilserwerb die zwischengeschaltete PersGes der KapGes gleichzustellen. Unmittelbare Beteiligungen an grundbesitzenden PersGes und KapGes werden weiterhin unterschiedlich behandelt.

Vorinstanz

Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.06.2015, 15 K 3256/12, EFG 2015, S. 1623, siehe Deloitte Tax-News 

Fundstellen

BFH, Urteil vom 27.09.2017, II R 41/15, BStBl II 2018, Seite 667

Ministerium für Finanzen BW, koordinierter Ländererlass vom 19.09.2018

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 11.06.2013, II R 52/12, BStBl II 2013, S. 752, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 12.03.2014, II R 51/12, BStBl II 2016, S. 356, siehe Deloitte Tax-News  
BFH, Urteil vom 18.09.2013, II R 21/12, BStBl II 2014, S. 326, siehe Deloitte Tax-News  
BFH, Urteil vom 08.08.2001, II R 66/98, BStBl II 2002, S. 156

 

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