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URL: http://mobile.deloitte-tax-news.de/steuern/grundsteuer-grunderwerbsteuer/aenderung-grestg-bundestag-verabschiedet-gesetz.html
22.04.2021
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

Änderung GrEStG: Bundestag verabschiedet Gesetz

 Aktuell: 

  • Die Änderungen des GrEStG wurden am 17.05.2021 im Bundesgesetzblatt​ verkündet und treten am 01.07.2021 in Kraft.​
  • Der Bundesrat hat am 07.05.2021 dem Gesetz zugestimmt, BR-Drs. 320/21 (B)

 

Der Bundestag hat am 21.04.2021 das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes verabschiedet. Das Gesetz sieht Verschärfungen für sog. Share Deals vor, u.a. die Absenkung der Beteiligungsgrenze auf 90%, eine Einführung eines Ergänzungstatbestands bei Anteilseignerwechseln bei Kapitalgesellschaften und die Verlängerung von Beobachtungs-/Haltefristen. Neu aufgenommen wurde eine Ausnahme für bestimmte börsennotierte Unternehmen. Die Regelungen sollen zum 01.07.2021 in Kraft treten. 

Hintergrund

Bereits am 31.07.2019 hatte das Bundeskabinett den „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes“ verabschiedet (siehe Deloitte Tax-News). Ziel des Gesetzesentwurfs war es, missbräuchliche Steuergestaltungen bei der Grunderwerbsteuer, insbesondere bei sog. Share Deals, einzudämmen. Bei sog. Share Deals geht nicht das Grundstück selbst, sondern eine Beteiligung an einer grundstückhaltenden Gesellschaft auf einen oder mehrere Gesellschafter über. Kern der geplanten Regelungen war, dass bei einem Übergang einer Beteiligung an einer grundstückshaltenden Personengesellschaft nur dann keine Grunderwerbsteuer anfällt, wenn weniger als 90 Prozent (bisher 95%) der Beteiligung an neue Gesellschafter übergehen. Eine vergleichbare Regelung sollte neu auch für grundstückshaltende Kapitalgesellschaften eingeführt werden und der maßgebliche Beobachtungszeitraum sollte von derzeit 5 Jahren auf 10 Jahren ausgedehnt werden.

In der Stellungnahme des Bundesrats vom 20.09.2019 (siehe Deloitte Tax News) wurde vorgeschlagen eine Ausnahme von den o.g. verschärften Regelungen für börsennotierte Unternehmen (sog. Börsenklausel) und für Umstrukturierungen im Konzern (Änderungen der Konzernklausel) zu schaffen. Anschließend war das Gesetzgebungsverfahren ins Stocken geraten.

Nachdem Anfang April 2021 sich Union und SPD im Bundestag auf Änderungen zum Regierungsentwurf geeinigt haben, hat der Finanzausschuss des Bundestags am 14.04.2021 seine Beschlussempfehlung verabschiedet (siehe BT-Drs. 19/28528). In der Beschlussempfehlung wird dem Plenum des Bundestages empfohlen, die Regelungen des Regierungsentwurfs mit einigen Änderungen zu verabschieden. Der Bundestag hat das Gesetz am 21.04.2021 verabschiedet. Der Bundesrat wird voraussichtlich am 07.05.2021 dem Gesetz zustimmen. Die Gesetzesänderungen sollen mit Wirkung zum 01.07.2021 in Kraft treten.

Gesetzesbeschluss

Im Folgenden werden die verabschiedeten Gesetzesänderungen kurz dargestellt. Die Änderungen im Vergleich zum Regierungsentwurf werden kursiv dargestellt:

  • Herabsetzung der Beteiligungsgrenze von 95% auf 90% (§ 1 Abs. 2a GrEStG, § 1 Abs. 3 GrEStG, § 1 Abs. 3a GrEStG):
    Die für die sog. Ergänzungstatbestände (Anteilsvereinigungen etc.) relevante Beteiligungsquote wird von 95% auf 90% gesenkt.
  • Ausweitung der Spezialvorschrift bei grundstücksbesitzenden Personengesellschaften gem. § 1 Abs. 2a GrEStG auf grundstücksbesitzende Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 2b GrEStG):
    Ein neu eingeführter § 1 Abs. 2a GrEStG besteuert auch eine (mittelbare) Übertragung von mindestens 90% der Anteile an einer grundstückshaltenden Kapitalgesellschaft auf Neugesellschafter innerhalb eines 10-Jahreszeitraumes.
  • Verlängerung des Betrachtungszeitraumes von 5 auf 10 Jahre (§ 1 Abs. 2a GrEStG):
    Die grunderwerbsteuerbare Änderung des Gesellschafterbestandes kann sich in einem einzelnen Rechtsvorgang oder in Teilakten über einen Zeitraum von bislang längstens fünf Jahren erfolgen. Der maßgebliche Beobachtungszeitraum wird nun auf 10 Jahre verlängert.
  • Börsenklausel (§ 1 Abs. 2c GrEStG):
    Eine wesentliche Änderung im Vergleich zum Regierungsentwurf ist die Einführung einer sog. Börsenklausel. Nach § 1 Abs. 2c GrEStG gelten § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG und § 1 Abs. 2b S. 1 GrEStG nicht für Kapitalgesellschaften, bei denen die Anteile zum Handel an einem im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums betriebenen organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 des Wertpapierhandelsgesetzes oder einen Drittlandhandelsplatz, der gemäß Artikel 25 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurde, zugelassen sind, soweit der Anteilsübergang auf Grund eines Geschäfts an diesem Markt oder Dritthandelsplatz oder einem multilateralen Handelssystem im Sinne des Artikels 2 Abs. 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nummer 600/2014 erfolgt. Danach könnten folglich beispielsweise in der Schweiz oder im Vereinigten Königreich börsennotierte Unternehmen nicht in den Anwendungsbereich der Börsenklausel fallen.
  • Keine Anpassung der Konzernklausel (§ 6a GrEStG):
    Eine Anpassung der Konzernklausel, nämlich eine entsprechende Absenkung der derzeit geltenden 95%-Grenze auf 90% oder eine Anpassung der bislang geltenden fünfjährigen Haltefristen, erfolgt nicht. Dies führt wiederum zu einer Inkonsistenz der Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG mit der Systematik des Grunderwerbsteuergesetzes, was zu neuen Diskussionen über die Vereinbarkeit des Ausnahmetatbestandes für konzerninterne Umstrukturierungen mit den EU-Beihilfevorschriften auslösen könnte.
  • Verlängerung der Haltefristen von 5 auf 10 Jahre bzw. sogar auf 15 Jahre (§§ 5 und 6 GrEStG):
    Bei Übergängen eines Grundstücks auf eine Gesamthand (§ 5 GrEStG) bzw. von einer Gesamthand (§ 6 GrEStG) wird die Steuer nicht erhoben, wenn sich die vermögensmäßige Beteiligung des Einbringenden am Grundstück innerhalb von 5 Jahren nach dem Übergang des Grundstücks nicht mindert. Diese Haltefrist wird auf 10 Jahre und bei nachfolgenden Anteilsvereinigungen, die bisher bereits nach Ablauf von 5 Jahren teilweise steuerfrei gestellt waren, auf 15 Jahre verlängert (§§ 5 und 6 GrEStG). 
  • Anwendung einer Ersatzbemessungsgrundlage (§ 8 Abs. 2 GrEStG):
    Auf Grundstücksverkäufe im Rückwirkungszeitraum von Umwandlungsfällen findet zur Unterbindung von Grundstücksverkäufen unterhalb des Marktwertes eine Ersatzbemessungsgrundlage (Grundbesitzwerte im Sinne des § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 bis 3 BewG) Anwendung.
  • Aufhebung der Grenze des Verspätungszuschlags:
    Der im Regierungsentwurf vorgesehene neue § 19 Abs. 6 GrEStG, die Aufhebung der Grenze des Verspätungszuschlags bei verspäteter oder Nichtabgabe der Grunderwerbsteueranzeige in Höhe von 25.000 Euro, musste nicht mehr mit diesem Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden. Diese Änderung wurde bereits im JStG 2020 umgesetzt (siehe Deloitte Tax-News).
  • Inkrafttreten:
    Während der o.g. Regierungsentwurf noch ein Inkrafttreten des Gesetzes am 01.01.2020 vorgesehen hat, soll das Gesetz am 01.07.2021 in Kraft treten (vgl. Artikel 2 des Gesetzes).
  • Übergangsregelungen:
    Die zeitliche Anwendungsregelung zu § 1 Abs. 2b GrEStG (Ausweitung der Spezialvorschrift § 1 Abs. 2a GrEStG auf Kapitalgesellschaften) wurde im Vergleich zum o.g. Regierungsentwurf vereinfacht. Nach § 23 Abs. 23 GrEStG bleiben Übergänge von Anteilen der Gesellschaft, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 01.07.2021 erfolgen, unberücksichtigt. 
    Darüber hinaus ist auch eine Anwendungsregelung zu § 1 Abs. 2a GrEStG, die für Übergänge, deren Verpflichtungsgeschäft maximal ein Jahr vor Zuleitung des Gesetzesentwurfs an den Bundesrat im Sommer 2019 geschlossen wurden und die innerhalb eines Jahres danach umgesetzt werden, eine Ausnahme von der Neuregelung vorsah, gestrichen worden.
    Weitere komplexe Übergangsregelungen des o.g. Regierungsentwurfs, die teilweise eine parallele Anwendung der bisherigen und der neuen Regelungen vorsehen, sind allerdings erhalten geblieben (vgl. § 23 Abs. 18-24 GrEStG).

Anmerkungen

Die Ausweitung der Regeln, zwingt dazu, bei Umstrukturierung oder dem Erwerb von Beteiligungen an Gesellschaften, die direkt oder indirekt über andere Gesellschaften deutschen Grundbesitz halten, noch mehr Sorgfalt als bisher walten zu lassen. Die Ausweitung der derzeit für Personengesellschaften geltenden Regeln auf Kapitalgesellschaften und die Einführung eines 10- bzw.15-jährigen Überwachungszeitraums werden das Grunderwerbsteuerrecht ebenfalls erheblich komplexer machen. Darüber hinaus scheint es, dass die Anwendung der Steuerbefreiung für konzerninterne Umstrukturierungen im Lichte des EU-Rechts (erneut) auf den Prüfstand gestellt werden könnte. 

Einen englischsprachigen Beitrag zum Thema finden Sie auch in den Deloitte Tax News.

Fundstelle

Finanzausschuss, Beschlussempfehlung und Bericht vom 15.04.2021 (BT Dr. 19/28528) (wie vom FA Bundestag empfohlen vom Plenum des Bundestages angenommen)

Weitere Fundstellen

Upper house recommends further changes to planned amendments to RETTrules, see Deloitte tax@hand

Ministry of Finance publishes draft law to amend RETT rules on share deals, see Deloitte tax@hand

Finance ministers of federal states reach agreement on tightening of RETT rules, see Deloitte tax@hand

Finance ministers of federal states recommend tightening of RETT rules, see Deloitte tax@hand

Joint working group considering tightening of RETT-provisions, see Deloitte tax@hand

CJEU rules German RETT intragroup exemption inline with EU state aid rules, see Deloitte tax@hand

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