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13.06.2012
Erbschaftsteuer

BFH: Bestimmung des Zehnjahreszeitraums nach ErbStG

Bei der Ermittlung der Schenkungsteuer sind Vorschenkungen der letzten zehn Jahre zu berücksichtigen. Von dem aktuell der Schenkungsteuer zu unterwerfenden Erwerb ist der Zeitraum von zehn Jahren rückwärts zu berechnen. Der Zehnjahreszeitraum beginnt mit dem Ende des Tages, an dem der letzte Erwerb erfolgt ist und endet mit dem Beginn desjenigen Tages des letzten Monats der Frist, welcher dem Tage nachfolgt, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht. Die Regelung, wonach sich die Frist verschiebt, wenn das Ende der Frist auf einen Sonntag endet (§ 108 Abs. 3 AO), ist nach dem Sinn und Zweck des ErbStG nicht entsprechend anzuwenden.

Die Revision des Finanzamts wurde zurückgewiesen. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Zuwendung vom 31.12.1998 nicht als Vorerwerb bei der Berechnung der Schenkungsteuer für die Zuwendung vom 31.12.2008 zu berücksichtigen ist. Entgegen der Auffassung des FG ist aber der Zehnjahreszeitraum nicht nach der natürlichen Länge von zehn Jahren zu bestimmen. Bei dem Zehnjahreszeitraum des § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG handelt es sich um eine Frist, d.h. um einen abgegrenzten, bestimmten oder jedenfalls bestimmbaren Zeitraum. Der Zehnjahreszeitraum beginnt - wegen der Rückwärtsberechnung - mit dem Ende des Tages, an dem der letzte Erwerb erfolgt ist (hier: 31.12.2008, 24:00 Uhr) und endet mit dem Beginn desjenigen Tages des letzten Monats der Frist, welcher dem Tage nachfolgt, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht (hier: 01.01.1999, 00:00 Uhr; § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 Alternative 2 BGB). Im Streitfall fällt der Ersterwerb vom 31.12.1998 somit nicht in den Zehnjahreszeitraum (01.01.1999 bis 31.12.2008) der Schenkung vom 31.12.2008.

Bei entsprechender Anwendung der Regelung des § 108 Abs. 3 AO, wonach die Frist erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags endet, wenn das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, würde sich wegen der Rückwärtsberechnung die Frist auf den Beginn des vorangegangenen Werktages verlängern. Diese Regelung ist aber nach dem Sinn und Zweck des § 14 ErbStG nicht entsprechend anzuwenden.

BFH, Urteil vom 28.03.2012, II R 43/11

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Sachverhalt FG

Der Kläger übertrug seinem Sohn am 31.12.1998, am 29.12.1999 und am 31.12.2008 jeweils ein Grundstück im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge. Das Finanzamt berücksichtige die beiden Schenkungen vom 31.12.1998 und 29.12.1999 als Vorerwerbe zur Schenkung vom 31.12.2008 und setzte Schenkungsteuer fest.
Streitig ist, ob die erste Schenkung (vom 31.12.1998) als Vorerwerb berücksichtigt werden muss, d. h. ob vom Zeitpunkt der letzten Schenkung aus betrachtet (31.12.2008) die erste Schenkung gemäß § 14 Abs. S. 1 ErbStG „innerhalb von zehn Jahren“ erfolgte.

Entscheidung

Bei der Festsetzung der Schenkungsteuer für die Schenkung vom 31.12.2008 ist die Vorschenkung vom 31.12.1998 nicht zu berücksichtigen.

Nach § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG sind „mehrere innerhalb von zehn Jahren“ anfallende Vermögensvorteile zusammenzurechnen. Das auslösende Ereignis ist dabei der aktuell der Schenkungsteuer zu unterwerfende Erwerb. Die §§ 187 ff. BGB zur Fristsetzung beziehen sich auf die sog. Vorwärtsberechnung und sind dadurch geprägt, dass ein Zeitraum nur nach ganzen Kalendertagen berechnet wird. Diese Berechnung führt zu einer um Stunden und/oder Minuten längeren Frist, da die Zeit bis Mitternacht des Tages, an dem das die Frist auslösende Ereignis eingetreten ist, zur Frist hinzugenommen wird. Diese Regelung steht in einem Spannungsverhältnis zur eventuell steuerbegründenden Regelung, da Vorerwerbe außerhalb der tatsächlichen Spanne von zehn Jahren in die Besteuerung einbezogen werden könnten (Geck in Kapp/ Ebeling/ Geck, ErbStG, § 14 Rz. 58). Demgegenüber wird von der Literatur die Berechnung des Zeitraums von zehn Jahren vorgenommen unter voller Berücksichtigung des die Frist auslösenden Tages (so die überwiegende Literatur zum ErbStG, z. B.: Jülicher in Troll/ Gebel/ Jülicher, ErbStG, § 14 Rz. 7). Der Zehnjahreszeitraum bei Erwerb im Laufe des 15.06.2011 erstreckt sich danach bis zum 16.06.2001 um 00.00 Uhr, so dass keine tatsächliche Überschreitung der natürlichen Länge von zehn Jahren eintritt.

Der Senat folgt der überwiegenden Literaturansicht dahingehend, dass der Zehnjahreszeitraum so zu bestimmen ist, dass die natürliche Länge von zehn Jahren zwischen Schenkung und Vorerwerben nicht überschritten werden darf. Vielmehr muss die weniger belastende Auslegungsalternative der Besteuerung zugrunde gelegt werden. Die Rechtsfrage ist bisher höchstrichterlich ungeklärt.

Betroffene Norm

§ 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG, §§ 187 ff. BGB
Streitjahr 2008

Vorinstanz

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 16.06.2011, 3 K 136/11, EFG 2012, S. 260

Fundstelle

BFH, Urteil vom 28.03.2012, II R 43/11, BStBl II 2012, S. 599

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