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21.08.2012
Erbschaftsteuer

BFH: Bewertung eines zinslosen Darlehens

Mit Urteil vom 27.11.2013 hat der BFH die Auffassung des FG bestätigt, wonach die Gewährung eines zinslosen Darlehens innerhalb einer eheähnlichen Gemeinschaft der Schenkungsteuer unterliege. Das FG habe zudem zu Recht angenommen, dass ein Zinssatz von 5,5% pro Jahr anzuwenden gewesen sei. Ein niedrigerer Zinssatz wäre nur dann anzusetzen gewesen, wenn die Klägerin nachgewiesen hätte, dass sie für die Aufnahme eines Darlehens (unter sonst gleichen Bedingungen) einen niedrigeren Zins entrichtet habe. Die durch die Anlage des Darlehens bei einem Kreditinstitut erzielbaren Zinsen seien in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung.
BFH, Urteil vom 27.11.2013, II R 25/12, nicht amtlich veröffentlicht
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FG Münster:
Bei Überlassung eines zinslosen Darlehens ist bei Ermittlung des schenkungsteuerpflichtigen Zinsvorteils der Zinssatz von 5,5 % zugrunde zu legen. Eine Abweichung von dem gesetzlich festgelegten Zinssatz kommt auch dann nicht in Betracht, wenn bei einer Kapitalanlage ein Zinssatz von 5,5 % tatsächlich nicht erzielbar gewesen wäre.

Sachverhalt
Die Klägerin erhielt am 21.05.2002 ein zinsloses Darlehen von ihrem ehemaligen Lebensgefährten, Herrn E. Die Klägerin zahlte das Darlehen am 21.05.2008 zurück. Das Finanzamt ging von einem schenkungsteuerpflichtigen Vorgang aus und berechnete den Zinsvorteil, indem es den Zinsfaktor von 5,5 % (§ 12 BewG) auf die Darlehenssumme anwendete und den Kapitalisierungsfaktor von 5,133 (Laufzeit von 6 Jahren) zugrunde legte. Die Klägerin war der Ansicht, dass mangels Bereicherung keine steuerpflichtige Schenkung vorliege. Herr E habe das Darlehen ausschließlich aus dem Grunde zinslos überlassen, damit sie mit ihm eine eheähnliche Lebensgemeinschaft eingehe und diese Lebensgemeinschaft Bestand haben werde. Im Übrigen sei der Zinssatz von 5,5 % an die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen. Der Einspruch blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Klage ist nicht begründet. Das Finanzamt hat zu Recht die unentgeltliche Überlassung einer Kapitalsumme auf Zeit, durch die sich der Darlehensgeber seiner Einnahmemöglichkeiten begibt, der Schenkungsteuer unterworfen.

Als Schenkung unter Lebenden gilt jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Gegenstand der Zuwendung ist die dem Zuwendungsempfänger (Darlehensnehmer) gewährte Nutzungsmöglichkeit des Kapitals, deren Jahreswert gewöhnlich mit 5,5 % anzusetzen ist (§ 12 ErbStG i. V. m. § 15 Abs. 1 BewG bzw. § 12 Abs. 3 BewG). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 12.07.1979 und 29.06.2005 sowie BFH-Beschluss vom 20.09.2010).

Es mag Motiv des Darlehensgebers gewesen sein, eine eheähnliche Lebensgemeinschaft mit der Klägerin zu erreichen. Es handelt sich aber beim Eingehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft nicht um die „Bezahlung“ von Leistungen, nämlich um die für den Geschäftsverkehr bestimmte Ebene, auf der Leistung und Gegenleistung rechtlich miteinander verknüpft werden. Die Motive des Zuwendenden sind für den Steuertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ohne Bedeutung (BFH-Urteil vom 05.02.2003).

Der Wert unverzinslicher Forderungen oder Schulden, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig sind, ist der Betrag, der vom Nennwert nach Abzug von Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen verbleibt. Dabei ist von einem Zinssatz von 5,5 % auszugehen (§ 12 Abs. 3 BewG). Nach den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ist der Senat davon überzeugt, dass ein Zinssatz von 4,5 % erzielt worden wäre. Eine Abweichung von dem gesetzlich festgelegten Zinssatz von 5,5 % sieht § 12 Abs. 3 BewG aber nicht vor und kann auch nicht darauf gestützt werden, dass mit einem anderen Zinssatz als 5,5 % oder mit einer anderen als mittelschüssigen Zahlungsweise zu rechnen ist (§ 13 Abs. 3 S. 2 BewG). Die Auffassung des Gerichts entspricht auch der Rechtsprechung des BFH, wonach der Kapitalwert wiederkehrender Leistungen von bestimmter Dauer nicht unter Zugrundelegung eines anderen als des in § 13 Abs. 1 S. 2 BewG vorgesehenen Zinssatzes von 5,5 % ermittelt werden kann (BFH-Urteil vom 27.05.1992). Im Übrigen vertritt die Finanzverwaltung diesen Standpunkt auch in den Ländererlassen vom 10.10.2010, an die das Gericht allerdings nicht gebunden ist.

Die Revision war zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Denn tatsächlich wird ein Zinssatz von 5,5 % in den Streitjahren 2002 bis 2008 auch für eine Kapitalanlage von 1 Mio. Euro jedenfalls bei seriöser Geldanlage nicht erzielbar gewesen sein. Das Verfahren ist vor dem BFH anhängig: II R 23/12.

Betroffene Norm
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
Streitjahre 2002 bis 2008

Fundstelle
BFH, Urteil vom 27.11.2013, II R 25/12, nicht amtlich veröffentlicht
Finanzgericht Münster, Urteil vom 29.03.2012, 3 K 3819/10 Erb

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 12.07.1979, II R 26/78, BStBl II 1979, S. 631
BFH, Urteil vom 29.06.2005, II R 52/03, BStBl II 2005, S. 800
BFH, Beschluss vom 20.09.2010, II B 7/10, BFH/NV 2010, S. 2280
BFH, Urteil vom 05.02.2003, II R 84/00, BFH/NV 2004, S. 340
BFH, Urteil vom 27.05.1992, II R 33/89, BStBl II 1992, S. 990
Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10.10.2010, 3 S 3103/08, BStBl I 2010, S. 810

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