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08.07.2016
Erbschaftsteuer

Erbschaftsteuerreform: Bundesrat ruft den Vermittlungsausschuss an

Aktuell: Erste Sitzung des Vermittlungsausschusses am 08.09.2016.

Der Bundesrat hat dem am 24.06.2016 vom Bundestag verabschiedeten Erbschaftsteuerreformgesetz seine Zustimmung verweigert und den Vermittlungsausschuss angerufen. Im Rahmen des Vermittlungsverfahrens sollen die Regelungen des Reformgesetzes grundlegend überarbeitet werden.

Hintergrund

Nachdem die Regierungskoalition am 20.06.2016 eine Einigung über die Erbschaftsteuerreform erzielt hatte, kam es im Bundestag zu einem zügigen Abschluss der Beratungen. Der Bundestag hatte am 24.06.2016 das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (Erbschaftsteuerreformgesetz) verabschiedet (siehe Deloitte Tax-News).

Am 08.07.2016 hat der Bundesrat das Gesetzgebungsverfahren gestoppt und zum vom Bundestag verabschiedeten Gesetz den Vermittlungsausschuss angerufen. In erster Linie haben die von den Grünen mitgeführten Landesregierungen wegen verfassungsrechtlicher Bedenken ihre Zustimmung zu dem Reformgesetz verweigert. Union (CDU/CSU) und SPD verfügen im Bundesrat über keine eigene Mehrheit.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Landesregierungen bezogen sich dabei u.a. auf die vorgesehene Privilegierung von Familienunternehmen, die Überdotierung von Altersvorsorgevermögen und eine drohende (eingeschränkte) Wiederbelebung der sog. Cash-GmbH.

Was will der Bundesrat?

Es wird voraussichtlich nach der parlamentarischen Sommerpause mit dem Vermittlungsverfahren begonnen. Es stellt sich die Frage, ob im Rahmen dessen die Grünen einen eigenen Gesetzesentwurf einbringen werden. Jedenfalls plädieren sie – wie den Beratungen des Finanzausschusses des Bundesrats zu entnehmen war – für punktuelle Änderungen des bisherigen Gesetzesentwurfs.

  • Die Anforderungen an die Verfügungsbeschränkungen für die Qualifikation als Familienunternehmen bedürfen einer deutlichen Präzisierung.
  • Die Gewährung der Optionsverschonung sei weiterhin an eine Verwaltungsvermögensquote von max. 10% zu knüpfen.
  • Die vorgesehene Begünstigung bei Beteiligung an gewerblich geprägten Personengesellschaften sei wieder zu streichen. Durch die geplante Regelung werde die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu einer zielgenauen Abgrenzung des begünstigungswürdigen Produktivvermögens verfehlt.
  • Zwar wird die in den geplanten Regelungen enthaltene Vorab-Verrechnung von Altersvorsorgevermögen grundsätzlich begrüßt. Es sei allerdings eine Nachbesserung erforderlich, da Gestaltungsmöglichkeiten für die zukünftige Ausstattung von angestellten Familienmitgliedern zu verhindern sind.
  • Da das BVerfG die gesetzgeberischen Einschränkungen bei Gestaltungen mit sog. Cash-Gesellschaften mehrfach positiv hervorgehoben hat, sollte durch das Erbschaftsteuerreformgesetz nunmehr eine Begünstigung dieser Gestaltung durch die vorgesehenen, erheblichen Freibeträge für Verwaltungsvermögen und Finanzmittel nicht wiederbelebt werden.
  • Die Abschmelzzone für den Verschonungsabschlag sollte bei einem geringeren Betrag als 90 Mio. Euro auslaufen und stufenlos ausgestaltet werden.
  • Die Möglichkeit der zinslosen Stundungen bis zu 10 Jahren ist zu streichen. Die geltenden Regelungen der Abgabenordnung zur Stundung seien ausreichend.
  • Die vorgesehene Änderung des Bewertungsgesetzes (Reduzierung des Kapitalisierungsfaktors bei der Unternehmensbewertung) sollte nicht erfolgen. Andernfalls komme es bei der Bemessung des Unternehmenswerts zu einer ganz erheblichen und unmittelbar aufkommenswirksamen Senkung um ca. 30%. Die Neuregelung würde in vielen Fallkonstellationen auf das vom BVerfG für verfassungswidrig erklärte Bewertungsniveau zurückfallen.

Eine Alternative wäre – wie es teilweise auch in der Wissenschaft vertreten wird – ein sog. Flat Tax-Modell mit einem verminderten Steuersatz in Höhe von z.B. 10 – 15 % und einem darauf angepassten Stundungszeitraum. Eine Verschonung für betrieblich gebundenes Vermögen würde in diesem Fall vollständig zu streichen sein.

Vor dem Hintergrund des nun äußerst komplexen Erbschaftsteuerreformgesetzes, das aus der Einigung zwischen Union und SPD hervorgegangen ist, bleibt zu befürchten, dass der Gesetzesvorschlag der Grünen nicht zu einer Vereinfachung führt. Dies wäre nur bei einem Flat Tax-Modell denkbar. Dadurch würde bei Nachfolgegestaltungen künftig den Unternehmensbewertungen größeres Gewicht beizumessen sein.

Wie geht es weiter?

Mit der Absage im Bundesrat an den Gesetzesbeschluss des Bundestages ist nun die Chance vertan, zeitnah nach Ablauf der vom BVerfG gesetzten Umsetzungsfrist bis zum 30.06.2016 eine Neuregelung auf den Weg zu bringen. Umso mehr stellt sich die Frage, was nun passiert. Der Vermittlungsausschuss hat zwei Optionen:

  • Die Beteiligten verständigen sich auf punktuelle Änderungen des bereits vom Bundestag in zweiter und dritter Lesung verabschiedeten Gesetzes. Dies könnte bis spätestens Jahresende passieren und das Gesetz könnte noch rückwirkend zum 01.07.2016 in Kraft treten.
  • Die Beteiligen verständigen sich auf keinen Änderungsvorschlag. Das Gesetzgebungsverfahren ist in der Folge als gescheitert zu betrachten. Eine an dem Gesetzgebungsverfahren beteiligte Abgeordnetengruppe kann dann ein neues parlamentarisches Verfahren mit einem neuen Gesetzentwurf, der z.B. auf einem sog. Flat Tax-Modell basieren könnte, in Gang setzen.

Zu beachten ist, dass es mit Ablauf des 30.06.2016 keinen dahingehenden Vertrauensschutz mehr gibt, dass Schenkungen, die nach diesem Tag erfolgten, noch dem bisherigen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz unterfallen. Vielmehr besteht die Gefahr, dass eine gesetzliche Neuregelung rückwirkend auf den 01.07.2016 erfolgen wird. Insofern sollte aktuell von geplanten Schenkungen von Unternehmensbeteiligungen abgesehen werden, bis diesbezüglich Rechtssicherheit eingekehrt ist.

Ein Risiko ergibt sich mit Blick auf Erbfälle, sofern sich die Rückwirkung auch auf diese Fälle erstreckt, da diese sämtlicher Gestaltungsmöglichkeiten entzogen sind. Es bleibt daher zu hoffen, dass der Gesetzgeber zumindest Erbschaften von einer etwaigen Rückwirkungsregelung ausnimmt.

Fundstelle

Bundesrat, Beschluss zur Anrufung des Vermittlungsausschusses, BR-Drs. 344/16 (B)
Bundesrat, Empfehlungen der Ausschüsse, BR-Drs. 344/1/16

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