Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und ihre Geschwister erhielten von ihrer Mutter ein vermietetes bebautes Grundstück geschenkt. Die Mutter behielt sich ein lebenslanges, unentgeltliches Nießbrauchrecht an dem Grundstück (durchschnittliche Jahreskaltmiete von 88.732 Euro) vor. In 2004 verzichtete die Mutter der Klägerin auf den vorbehaltenen Nießbrauch gegen eine monatliche Zahlung von 3.000 Euro. Das Finanzamt sah in dem Nießbrauchverzicht eine gemischte Schenkung und setzte gegen die Klägerin Schenkungsteuer fest. Auch das FG bejahte nach erfolglosem Einspruch den subjektiven Tatbestand der freigebigen Zuwendung, weil der vom FG als Zeugin vernommenen Mutter der Klägerin nach deren Angaben das deutliche Missverhältnis zwischen den Verkehrswerten des aufgegebenen Nießbrauchs (797.700 Euro) und der dauernden Last (323.640 Euro) bekannt gewesen sei.
Das FG hat zutreffend im Verzicht auf den Nießbrauch gegen die Übernahme einer dauernden Last eine steuerpflichtige gemischte Schenkung gesehen und auch die Bereicherung der Klägerin richtig bestimmt.
Der Schenkungsteuertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt objektiv eine Vermögensverschiebung voraus, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten, und subjektiv den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit. Im Falle der so genannten gemischten Schenkung ist der objektive Tatbestand einer freigebigen Zuwendung erfüllt, wenn gemessen am Verkehrswert einer höherwertigen Leistung eine Gegenleistung von geringerem Wert gegenübersteht und die höherwertige Leistung neben Elementen der Freigebigkeit auch Elemente eines Austauschvertrages enthält, ohne dass sich die höherwertige Leistung in zwei selbständige Leistungen aufteilen lässt (vgl. BFH-Urteil vom 19.12.2007).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Der Verkehrswert des aufgegebenen Nießbrauchs war erheblich höher als der Verkehrswert der von der Klägerin und ihren Geschwistern übernommenen Zahlungen. Dies zeigt sich unabhängig von der genauen Berechnung der Verkehrswerte von Leistung und Gegenleistung bereits darin, dass die von der Mutter noch als Nießbraucherin vereinnahmte Miete (jährlich 88.732 Euro) deutlich höher war als der nach dem Nießbrauchverzicht bestehende Versorgungsanspruch (jährlich 36.000 Euro). Da die Jahresmiete die jährlichen Versorgungsleistungen um etwa das Zweieinhalbfache überstieg, ist ferner davon auszugehen, dass die Mutter der Klägerin das auffallend grobe Missverhältnis erkannt hat, so dass sie in dem Bewusstsein handelte, für den Nießbrauchverzicht keine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten.
Bei einer gemischten Schenkung muss bei einem auffallend groben Missverhältnis zwischen den Verkehrswerten von Leistung und Gegenleistung nach der Lebenserfahrung zunächst davon ausgegangen werden, dass die Vertragsparteien dieses Missverhältnis erkannt haben, ohne dass es auf die Kenntnis des genauen Ausmaßes des Wertunterschiedes ankommt (vgl. BGH-Urteil vom 26.03.1981). In einem solchen Fall muss derjenige, der behauptet, zumindest dem Zuwendenden sei das auffallend grobe Missverhältnis nicht bekannt gewesen, dies durch konkreten Vortrag entkräften. An einem solchen Vortrag der Klägerin fehlt es.
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
Streitjahr 2004
Finanzgericht München, Urteil vom 23.01.2008, 4 K 4101/05, DStRE 2009, S.1111, siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 15.12.2010, II R 41/08, BStBl II 2011, S. 363
BFH, Urteil vom 19.12.2007, II R 22/06, BFH/NV 2008, S. 962
BGH, Urteil vom 26.03.1981, IVa ZR 154/80, NJW 1981, S. 1956
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