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26.03.2012
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

FG Sachsen-Anhalt: Unentgeltliche oder verbilligte Dienstwagengestellung mit Fahrer in der öffentlichen Verwaltung ist Arbeitslohn

Werden einem Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses unentgeltlich ein Fahrzeug sowie ein Fahrer für private Fahrten gestellt, sind diese Nutzungsvorteile gem. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG als Arbeitslohn zu erfassen.

Sachverhalt

Bei dem Kläger handelt es sich um einen Landkreis, der seinem Landrat ein Dienstfahrzeug mit Fahrer zur Verfügung gestellt hat, welches auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt werden durfte. Das Finanzamt ermittelte den Nutzungsvorteil für die tatsächlich durchgeführten Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mittels der sog. 0,03%-Zuschlagsregelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG) und brachte für die unentgeltliche Fahrergestellung gem. R 31 Abs. 10 (LStR 2001-2004) einen Zuschlag von 50 % in Ansatz.
Die Klage galt der Deklaration der Fahrten und Fahrergestellung als Arbeitslohn und der sich aus der Erhöhung der Lohnsteuer resultierenden Haftungsinanspruchnahme des Klägers.

Entscheidung

Die Klage wurde abgewiesen.
Das FG bestätigt die Auffassung des Finanzamts, dass es sich bei der unentgeltlichen Nutzung des zur Verfügung gestellten Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 8 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 3 und § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG um Arbeitslohn handelt. Zum Arbeitslohn i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG gehören alle geldwerten Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, mithin auch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung eines Dienstwagens für die Privatnutzung. Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG muss es sich bei dem unentgeltlich zur Verfügung gestellten Fahrzeug um ein „betriebliches“ Fahrzeug handeln. Der Kläger wendete zwar ein, dass es sich im Streitfall um ein dem hoheitlichen Bereich zugeordneten Fahrzeug handelte und die Voraussetzung des Satzes 2 nicht erfüllt seien, jedoch steht dieser Umstand der Anwendbarkeit der 0,03%-Zuschlagsregelung i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG zur Ermittlung des Nutzungsvorteils nicht entgegen. Denn nach herrschender Meinung (Birk/Kister, in HHR, § 8 EStG, Rn. 80 m.w.N.) handelt es sich bei dem Wort „betrieblich“ um ein Redaktionsversehen im Gesetzgebungsverfahren, so dass „betrieblich“ im vorliegenden Zusammenhang nicht im Sinne eines einschränkenden Tatbestandmerkmals zu verstehen ist, sondern als ein im Rahmen eines Arbeitnehmer-Dienstverhältnis überlassenes Fahrzeug.

Die Berücksichtigung der vom Arbeitgeber unentgeltlichen Gestellung eines Fahrers als Einnahmen durch das Finanzamt ist nach Ansicht des FG ebenfalls rechtmäßig. Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH gelten für die Gestellung eines Fahrers die gleichen Grundsätze, die für die kostenlose Gestellung eines Kraftfahrzeugs gelten und zu einem lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil führen (vgl. BFH v. 27.09.1996, VI R 84/05, BStBl II 1997, S. 147). Zwar äußert der BFH in seinem Urteil v. 22.09.2010 (VI R 54) insofern Zweifel an seiner bisherigen Rechtsprechung, als die arbeitgeberseitige Fahrergestellung statt eines lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteils vielmehr eine Arbeitsbedingung darstellen könnte, die grundsätzlich wie andere Personalüberlassungen des Arbeitgebers für Zwecke der Berufsausübung des Arbeitnehmers zu behandeln wäre. Diese Zweifel teilt das FG jedoch nicht, so dass es sich bei der unentgeltlichen Überlassung des Fahrers um einen geldwerten Vorteil i.S.d. §§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 8 Abs. 2 EStG handelt. Wenngleich der Arbeitnehmer durch den Fahrer während der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Dienstgeschäfte erledigen kann, ergibt sich für ihn ein Nutzungsvorteil, da er die Dauer seines Aufenthalts an der regelmäßigen Arbeitsstätte verkürzen und die ihm für nichtberufliche Zwecke zur Verfügung stehende Zeitspanne vergrößern kann. Der Ansatz des Nutzungsvorteils aus der Gestellung eines Fahrers i.H.v. 50 % des Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG (R 31 Abs. 10 Nr. 1 LStR 2001-2004) ist trotz geringer Sachnähe somit zutreffend.

Folglich ist der Kläger gem. § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG für die sich ergebenden Lohnsteuerbeträge in Haftung zu nehmen.

Betroffene Norm

§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 8 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Satz 3, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, § 42d Abs. 1 Nr. 1; R 31 Abs. 10 LStR 2001-2004 (jetzt R 8.1 Abs. 10 LStR 2011)

Anmerkungen

Gegen das Urteil des FG Sachsen-Anhalt wurde Revision beim BFH eingelegt (VI R 45/11). Die Revision wurde jedoch vom BFH mit Beschluss vom 09.02.2012,VI R 45/11, n. v, wegen verspätetee Begründung als unzulässig verworfen.
Das FG hat am 19.04.2011 zudem ein weiteres, inhaltlich ähnliches Urteil erlassen. Über die dagegen eingelegte Revision hat der BFH mit Urteil vom 15.05.2013, VI R 44/11, entschieden

Fundstelle

Finanzgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.04.2011, 4 K 1831/05, DB0464332 (Revision, BFH VI R 45/11, wurde als unzulässig verworfen)

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