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30.08.2019
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BMF: Steuerbefreiung für Arbeitgeberleistungen für Fahrten des Arbeitnehmers mit öffentlichen Verkehrsmitteln (§ 3 Nr. 15 EStG)

Im Rahmen des Umsatzsteuerbetrugsbekämpfungsgesetzes wurde eine neue Steuerbefreiung in das Einkommensteuergesetz aufgenommen. Arbeitgeberleistungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers im Personenfernverkehr sowie für alle Fahrten des Arbeitnehmers im Personennahverkehr gehören ab dem 01.01.2019 unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr zum steuerpflichtigen Arbeitslohn des Arbeitnehmers. Zur Anwendung der gesetzlichen Voraussetzungen hat das BMF Stellung genommen.

Hintergrund

Im Rahmen des Umsatzsteuerbetrugsbekämpfungsgesetzes (UStA VermG, siehe Deloitte Tax-News) wurde die neue Steuerbefreiung § 3 Nr. 15 EStG in das Einkommensteuergesetz aufgenommen, um Arbeitgeberleistungen für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Personenfernverkehr sowie im Personennahverkehr zu begünstigen. Ziel dieser Begünstigung ist es, die Arbeitnehmer verstärkt zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu veranlassen, um die nur den motorisierten Individualverkehr entstehenden Umwelt- und Verkehrsbelastungen sowie den Energieverbrauch zu senken.

Nach der bis zum 31.12.2018 geltenden Rechtslage gehörten Arbeitgeberleistungen in Form von Zuschüssen und Sachbezügen für Fahrten des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Lediglich im Rahmen des § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG blieben die als Sachbezüge gewährten Arbeitgeberleistungen unter Einhaltung der monatlichen 44€-Freigrenze außer Ansatz. Eine Steuerbefreiung kam außerdem in Betracht, wenn ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine Fahrberechtigung erhalten hat und hierfür die Voraussetzungen für den Rabattfreibetrag (§ 8 Absatz 3 EStG) erfüllt waren. Die neu eingeführte Steuerbefreiung des § 3 Nr. 15 EStG ist ab dem 01.01.2019 vorrangig vor § 8 Absatz 2 S. 11 und Absatz 3 S. 2 EStG zu berücksichtigen.

Verwaltungsanweisung

Begünstigte Leistungen des Arbeitgebers

Unter die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 15 EStG fallen Arbeitgeberleistungen in Form von unentgeltlichen oder verbilligt überlassen Fahrberechtigungen (Sachbezüge) sowie Zuschüsse (Barlohn) des Arbeitgebers zu den von den Arbeitnehmern selbst erworbenen Fahrberechtigungen. Begünstigt sind insbesondere Fahrberechtigungen in Form von Einzel-/Mehrfahrtenscheinen, Zeitkarten (z.B. Monats-, Jahrestickets, Bahncard 100), allgemeine Freifahrberechtigungen, Freifahrberechtigungen für bestimmte Tage (z.B. Smogalarm) oder Ermäßigungskarten (z.B. Bahncard 25). Auch die Berechtigung zur Mitnahme anderer Personen oder die Übertragbarkeit auf andere Personen schließt die Steuerbefreiung nicht aus.

Steuerfrei sind nur Arbeitgeberleistungen, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Als zusätzlich gilt eine Leistung auch dann, wenn der Arbeitnehmer aus den vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zur Verfügung gestellten Mobilitätsalternativen wählen kann (z.B. Dienstwagen, E-Bike oder Fahrberechtigung für öffentliche Verkehrsmittel). Eine mittels Gehaltsumwandlung oder Gehaltsverzicht erbrachte Arbeitgeberleistung soll nicht unter die Steuerbefreiung fallen.

Steuerfrei sind auch von Dritten gewährte Preisvorteile („Jobticket“), wenn sie ansonsten als Arbeitslohn zu behandeln wären.

Arbeitgeberleistungen für Fahrten im Personenfernverkehr

Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (Personenfernverkehr) sind lediglich zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder im weiträumigen Tätigkeitsgebiet mangels erster Tätigkeitsstätte (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a S. 3 EStG) steuerbegünstigt. Privatfahrten sollen demnach nicht begünstigt sein. Geht die erworbene Fahrberechtigung über die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, bzw. weiträumiges Tätigkeitsgebiet hinaus, gilt der reguläre Verkaufspreis einer Fahrberechtigung, die nur für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gilt, als der anzusetzende Wert der Arbeitgeberleistung.

Die Vorschrift kommt für Arbeitnehmer in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis sowie für die beim Entleiher beschäftigten Leiharbeitnehmer in Betracht.

Zum Personenfernverkehr im Sinne des § 3 Nr. 15 EStG gehören:

  • Fernzüge der Deutschen Bahn (ICE, IC, EC), Fernbusse auf festgelegten Linien oder Routen und mit festgelegten Haltepunkten
  • Vergleichbare Hochgeschwindigkeitszüge und schnellfahrende Fernzüge anderer Anbieter (z.B. TGV, Thalys)

Arbeitgeberleistungen für Fahrten im Personennahverkehr

Arbeitgeberleistungen für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs sind unabhängig von der Art der Fahrten steuerbegünstigt, also auch bei Privatfahrten des Arbeitnehmers. Als öffentlicher Personennahverkehr im Sinne des § 3 Nr. 15 EStG gelten aus Vereinfachungsgründen alle öffentlichen Verkehrsmittel im Stadt-, Vorort- oder Regionalbereich, die nicht Personenfernverkehr sind. Die Steuerfreiheit gilt für alle Arbeitnehmer oder Leiharbeitnehmer.

Grundsätzlich sind für konkrete Anlässe speziell gemietete bzw. gecharterte Busse oder Bahnen, Luftverkehr sowie Taxen, die nicht auf konzessionierten Linien oder Routen fahren vom Anwendungsbereich des § 3 Nr. 15 EStG ausgenommen. Allerdings können Taxen zum Personennahverkehr zählen, soweit die ausnahmsweise im Linienverkehr nach Maßgabe der genehmigten Nahverkehrspläne eingesetzt werden und von der bestehenden Fahrberechtigung mitumfasst sind oder gegen einen geringen Aufpreis genutzt werden dürfen.

Gemischte Nutzung im Personenfernverkehr

Wird eine Fahrberechtigung für den Personenfernverkehr, die ganz oder teilweise steuerfrei nach § 3 Nr. 15 EStG ist, auch für Fahrten im Rahmen von Auswärtstätigkeiten oder für eine Familienheimfahrt pro Woche im Rahmen der doppelten Haushaltsführung genutzt, ist die Arbeitgeberleistung, soweit sie auf diese Fahrten entfällt, nach § 3 Nr. 13 (Reisekostenvergütung öffentlicher Dienst) oder Nr. 16 (Reisekostenvergütung außerhalb öffentlicher Dienst) steuerfrei. Die Steuerfreistellung nach diesen Vorschriften hat Vorrang gegenüber § 3 Nr. 15 EStG. 

In diesen Fällen kann der Arbeitgeber im Rahmen einer Prognoseberechnung prüfen, ob die Fahrberechtigung bereits bei Hingabe insgesamt steuerfrei überlassen werden kann oder zunächst einmal in voller Höhe steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellt und ggf. über einen Korrekturbetrag monatlich oder jährlich begünstigt wird.

Mit Amortisationsprognose

Ergibt die Prognoseberechnung zum Zeitpunkt der Hingabe der Fahrberechtigung, dass die Summe aus den ersparten Kosten für Einzelfahrscheine im Personenfernverkehr im Rahmen einer Auswärtstätigkeit oder Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung und/oder die Fahrberechtigungen für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, die Kosten der Fahrberechtigung (z.B. Bahncard 100) erreichen oder übersteigen, ist von vornherein eine Steuerfreiheit gegeben. Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 13 oder 16 ist dann vorrangig zu der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 15. Tritt die prognostizierte Vollamortisierung aus unvorhersehbaren Gründen nicht ein, ist eine Nachversteuerung nicht vorzunehmen, außer die der Prognose zu Grunde liegenden Annahmen ändern sich grundlegend (z.B. Wechsel vom Außendienst in den Innendienst). Das BMF-Schreiben enthält jeweils Beispiele hierzu, die darstellen sollen, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn die Prognose zum Zeitpunkt der Hingabe der Fahrberechtigung den steuerfreien Reisekostenersatz bzw. die steuerfreie Arbeitgeberleistung nach § 3 Nr. 15 tatsächlich entweder übersteigt oder niedriger ausfällt.

Ergibt die Prognose, dass die Arbeitgeberleistung (z.B. Bahncard 100) mehr Wert ist, als die tatsächlichen Fahrten, dann ist die Arbeitgeberleistung zunächst in voller Höhe als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln und nachträglich entsprechend der tatsächlichen Nutzung über einen Korrekturbetrag monatlich oder jährlich zu begünstigen.

Der entsprechende Nachweis zur durchgeführten Prognoseberechtigung (prognostizierte Voll- bzw. Teilamortisierung) ist neben dem Beleg für die erworbene Fahrberechtigung zum Lohnkonto des jeweiligen Arbeitnehmers aufzubewahren.

Ohne Amortisationsprognose

Führt der Arbeitgeber keine Amortisationsprognose durch, stellt die Überlassung der Fahrberechtigung zunächst in voller Höhe steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Die tatsächlich gewährten Zuschüsse für die gem. § 3 Nr. 13, 15 oder 16 EStG ansonsten steuerfreien Leistungen, sind am Ende des Kalenderjahres der Gültigkeit der Fahrberechtigung als Korrekturbetrag beim steuerpflichtigen Arbeitslohn mindernd zu berücksichtigen. Bei einer mehrjährigen Gültigkeit ist der Korrekturbetrag zum Ende eines jeden Kalenderjahres entsprechend der Verhältnisse des jeweiligen Jahres anzusetzen.

Minderung der Entfernungspauschale

Die nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei gewährten Aufwendungen des Arbeitgebers inkl. Umsatzsteuer, mindern den nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 S. 2 EStG als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag. Der Minderungswert entspricht dem Wert der überlassenen Fahrberechtigung oder dem geleisteten Zuschuss, der ohne die Steuerbefreiung als Arbeitslohn zu versteuern gewesen wäre.

Grundsätzlich gelten die Fahrberechtigungen, auch wenn sie sich über zwei oder mehrere Jahre erstrecken, als in dem Kalenderjahr zugeflossen, in dem die Arbeitgeberleistung erbracht wird. Für die Anrechnung auf die Entfernungspauschale ist der Wert der Fahrberechtigung anteilig auf den Gültigkeitszeitraum der Fahrberechtigung zu verteilen und entsprechend zu bescheinigen. Das BMF-Schreiben enthält verschiedene Beispiele über die Berechnung des Minderungsbetrages der Entfernungspauschale.

Es erfolgt keine Kürzung der Entfernungspauschale, wenn ein Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber erklärt, auf die Fahrberechtigung zu verzichten.

Zeitliche Anwendung

Die Vorschriften dieses Schreibens sind ab dem 01.01.2019 anzuwenden. Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn der Arbeitgeber für die bis zum 31.12.2019 erbrachten Leistungen im Sinne des § 3 Nr. 15 EStG eine bisher durchgeführte Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG oder Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG fortführt.

Hat der Arbeitnehmer eine Fahrberechtigung vor dem 01.01.2019 erworben, für die er auch nach dem 01.01.2019 noch Zahlungen erbringt, können die Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers ab dem 01.01.2019 steuerfrei bleiben. Zuschüsse des Arbeitgebers zu vor dem 01.01.2019 erworbenen und bezahlten Fahrberechtigungen fallen hingegen nicht unter die ab dem 01.01.2019 geltende Steuerfreiheit.

Betroffene Norm

§ 3 Nr. 15 EStG

Weitere Normen

§ 3 Nr. 13 und Nr. 16 EStG

§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nr. 4 S. 2 EStG

§ 41b Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 EStG

§ 4 Absatz 2 Nr. 4 LStDV

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 18. April 2019, IV C 1- S2211/16/10003 :005

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