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18.02.2011
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Werbungskostenabzug für Verzicht auf Darlehensforderung

Sachverhalt

Streitig ist, ob der Verlust eines Darlehens, das der Arbeitnehmer und zugleich Gesellschafter seines Arbeitgebers diesem gewährt hatte, beim Arbeitnehmer einkünftemindernd zu berücksichtigen ist.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war als Geschäftsführer an seiner Arbeitgeberin, einer GmbH, mit rund 5 % beteiligt. Die GmbH ließ sich von ihren Gesellschaftern, darunter auch dem Kläger, im November 2000 für einen beabsichtigten Börsengang Liquiditätshilfedarlehen gewähren. Nachdem der Börsengang gescheitert war und die GmbH Kapital benötigte, forderten die Großgesellschafter mit Nachdruck und unter Hinweis auf die sonst drohende Insolvenz und Arbeitsplatzverluste, dass die verbliebenen Kleingesellschafter auf ihre Gesellschafterdarlehen verzichteten. Darauf verzichtete der Kläger im März 2001 auf seine Darlehensrückzahlungsansprüche. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung machte der Kläger den Darlehensverlust erfolglos als Werbungskosten mit der Begründung geltend, den Verzicht zur Rettung seines Arbeitsplatzes erklärt zu haben. Das FG wies die dagegen erhobene Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass das Darlehen nicht durch das Arbeits-, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen sei.

Entscheidung

Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG sind Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Das Einkommensteuergesetz enthält allerdings keine ausdrückliche Regelung dazu, nach welchen Grundsätzen Werbungskosten einer Einkunftsart zuzuordnen sind, wenn - wie etwa bei einem Darlehen durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer - neben anderen Einkunftsarten auch Lohneinkünfte (§ 19 Abs. 1 EStG) in Betracht kommen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH entscheidet der engere und wirtschaftlich vorrangige Veranlassungszusammenhang. Danach sind die Aufwendungen der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt.

Gewährt ein Arbeitnehmer ein Darlehen, um Zinsen zu erwirtschaften, stehen regelmäßig die Einkünfte aus Kapitalvermögen im Vordergrund. Geht in einem solchen Fall die Darlehensvaluta verloren, entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass Aufwendungen, die das Kapital selbst betreffen, wie Anschaffungskosten, Tilgungszahlungen oder der Verlust des Kapitals selbst, im Rahmen der Einkunftsart des § 20 EStG grundsätzlich nicht abziehbar sind (Urteil vom 16.04.1991). Der Verlust der Darlehensforderung kann allerdings zu berücksichtigen sein, wenn der Arbeitnehmer das Risiko des Darlehensverlusts aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen hat. Als Indiz für solche beruflichen Gründe gilt nach der Rechtsprechung des BFH etwa der Umstand, dass ein außenstehender Dritter, insbesondere eine Bank, kein Darlehen mehr gewährt hätte und daher jedenfalls nicht die Nutzung des Geldkapitals zur Erzielung von Zinseinkünften im Vordergrund steht. Allerdings kann auch in diesen Fällen der Steuerpflichtige aus anderen, nicht im Arbeitsverhältnis liegenden Gründen das Darlehen gegeben haben, wenn er etwa mit seinem Arbeitgeber und Darlehensnehmer auch gesellschaftsrechtlich verbunden und das Darlehen gesellschaftsrechtlich veranlasst ist. Um in diesen Fällen entscheiden zu können, ob das Darlehen aus im Arbeitsverhältnis oder aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen gewährt worden ist, ist die Höhe der Beteiligung des Arbeitnehmers, das Verhältnis der Höhe der Lohneinkünfte im Vergleich zu den möglichen Beteiligungserträgen (Renditeentwicklungen und -erwartungen) sowie die Frage, welche Konsequenzen sich für den Arbeitnehmer hätten ergeben können, wenn er seinem Arbeitgeber die entsprechende Finanzierungsmaßnahme nicht gewährt hätte, zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 17.07.1992).

Nach diesen Maßstäben gelangte das FG zu der Würdigung, dass die Darlehensgewährung im Streitfall durch das Gesellschaftsverhältnis und nicht durch das Arbeitsverhältnis veranlasst gewesen war. Das FG hatte es allerdings zu Unrecht als einkommensteuerrechtlich unerheblich dahinstehen lassen, ob der nachfolgend ausgesprochene Verzicht des Klägers auf seine Ansprüche auf Rückzahlung des Darlehens die Sicherung der Einkünfte des Klägers als Geschäftsführer bezweckte. Der BFH schloss nicht aus, dass der vom Kläger später erklärte Verzicht auf das Darlehen tatsächlich zur Rettung des Arbeitsplatzes erklärt worden sei. Es liege nahe, dass das FG im sich jetzt anschließenden zweiten Rechtsgang zu dieser Würdigung komme. Dann müsse geprüft werden, welchen Wert die Darlehensforderung des Klägers im Zeitpunkt des Verzichts noch gehabt habe. Denn nur in dieser Höhe seien dem Kläger dann Aufwendungen entstanden, die zum Abzug als Werbungskosten berechtigten.

Betroffene Norm

§ 9 Abs. 1 EStG
Streitjahr 2001

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 25.01.2008, 1 K 3685/06 E, EFG 2009, S. 172

Fundstelle

BFH, Urteil vom 25.11.2010, VI R 34/08, BStBl II 2012, S. 24

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 16.04.1991, VIII R 100/87, BStBl II 1992, S. 234
BFH, Urteil vom 17.07.1992, VI R 125/88, BStBl II 1993, S. 111

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