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31.05.2012
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Mindestanforderungen für ordnungsgemäßes Fahrtenbuch

Sachverhalt
Streitig ist, ob ein Fahrtenbuch ordnungsgemäß geführt worden ist.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, hatte ihrem Gesellschaftergeschäftsführer F einen Dienstwagen überlassen. Sie begehrte im Rahmen der von ihr als Arbeitgeberin durchzuführenden Lohnsteueranmeldung, den für die Dienstwagenüberlassung anzusetzenden geldwerten Vorteil nicht mit der 1% Regelung, sondern auf Grundlage der von F geführten Fahrtenbücher zu versteuern. Die Fahrtenbücher wiesen allerdings neben dem jeweiligen Datum zumeist nur Straßenangaben auf, gelegentlich auch die Namen von Kunden oder Angaben zum Zweck der Fahrt, außerdem den Kilometerstand nach Beendigung der Fahrt und die jeweils gefahrenen Tageskilometer. Diese Angaben ergänzte die Klägerin nachträglich durch eine Auflistung, die sie auf Grundlage eines von F handschriftlich geführten Tageskalenders erstellt hatte. Diese Auflistung enthielt Datum, Standort und Kilometerstand des Fahrzeugs zu Beginn der Fahrt, sowie den Grund und das Ziel der Fahrt.

Während das Finanzamt das Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 8 Abs. 2 S. 4 EStG beurteilte, war die dagegen vor dem FG erhobene Klage erfolgreich. Das FG hielt das Fahrtenbuch für ordnungsgemäß. Die Kombination aus handschriftlich in einem geschlossenen Buch eingetragenen Daten und der zusätzlichen, per Computerdatei erstellten erläuternden Auflistung, reiche noch aus, um den durch die Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs anzusetzenden geldwerten Vorteil individuell zu berechnen.

Entscheidung
Die Revision des Finanzamtes ist begründet und die Vorentscheidung aufzuheben.

Der gesetzlich nicht weiter bestimmte Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S. des § 8 Abs. 2 S. 4 EStG ist durch die Rechtsprechung des BFH dahingehend präzisiert, dass nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um so nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Hierfür hat es neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner oder -wenn ein solcher nicht vorhanden ist - den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufzuführen. Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch genügen allenfalls dann, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergibt oder wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen ermitteln lässt, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig sind. (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 16.03.2006 und vom 10.04.2008).

Im Streitfall ist das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß, weil die Fahrten darin nicht vollständig wiedergegeben sind. Nach den vorgenannten Rechtsgrundsätzen verlangt die vollständige Wiedergabe einer Fahrt grundsätzlich die Angabe des Ausgangspunktes und des Endpunktes der Fahrt. Soweit im Fahrtenbuch jeweils als Ausgangspunkt "F" als Kürzel für Firma, nämlich der Betriebssitz der Klägerin, angegeben ist, genügt dies zur Konkretisierung. Soweit allerdings als Endpunkt der Fahrt jeweils nur eine Straße bezeichnet ist, aber weder Hausnummer noch Name des dort besuchten Kunden oder Unternehmens angegeben ist, ist allein dadurch das Fahrtziel nicht hinreichend präzise bestimmt. Diese sehr allgemein gehaltenen Angaben durch die Nennung allein der Straße gestatten es insbesondere nicht, die Aufzeichnungen mit vertretbarem Aufwand auf die materielle Richtigkeit hin zu überprüfen. So genügen nach der Rechtsprechung des BFH schon bloße Ortsangaben ohne weitere Benennung des aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartners nicht den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Dies gilt erst recht, wenn - wie im Streitfall - in den allermeisten Fällen nicht nur die Angaben zum aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner fehlen, sondern auch die Ortsangaben sich in der bloßen Nennung eines Straßennamens erschöpfen. Entsprechendes gilt, soweit hier im Fahrtenbuch keine Straßen, sondern lediglich Namen von Unternehmen, die in einer Vielzahl von Filialen im Stadtgebiet vertreten sind, genannt werden. Denn auch in diesem Fall lässt sich unter Hinzuziehung der angegebenen Gesamtkilometer für solche Fahrten das Fahrtziel nicht konkretisieren, sondern lediglich der Umkreis bestimmen, in dem der mögliche Kunde oder Geschäftspartner ansässig ist und hätte besucht werden können.

Entgegen der Auffassung des FG reicht es nicht aus, die fehlenden Angaben nachträglich in einer eigenständigen Auflistung zusammenzustellen. Denn die für ein Fahrtenbuch essenziellen Angaben sind dort selbst zu machen und nicht in einer weiteren und nachträglich erstellten Auflistung. Daher ist es für den Streitfall insoweit auch unerheblich, dass diese nachträglich erstellte Auflistung auf dem vom Geschäftsführer geführten eigenen Tageskalender gründet. Der geldwerte Vorteil aus der Dienstwagennutzung war daher auf Grundlage der 1 %-Regelung anzusetzen und die Klage abzuweisen.

Betroffene Norm
§ 8 Abs. 2 S. 4 EStG, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG
Streitjahr 2007

Vorinstanz
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.04.2010, 12 K 12047/09, EFG 2010, S. 1306, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle
BFH, Urteil vom 01.03.2012, VI R 33/10, BStBl II 2012, S. 505; Pressemitteilung

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 16.03.2006, VI R 87/04, BStBl II 2006, S. 625
BFH, Urteil vom 10.04.2008, VI R 38/06, BStBl II 2008, S. 768

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