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03.11.2016
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Ausübung und Widerruf des Wahlrechts zur Pauschalversteuerung von Zuwendungen nach § 37b EStG

Die Pauschalisierungswahlrechte nach § 37b Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 EStG können zwar nur einheitlich für sämtliche Sachzuwendungen innerhalb der jeweiligen Empfängergruppe (Dritte oder eigene Arbeitnehmer), aber unabhängig voneinander, ausgeübt werden. Solange der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist, kann das Wahlrecht durch Abgabe einer geänderten Pauschsteueranmeldung widerrufen werden.

Sachverhalt

Die Klägerin (GmbH) wendete im Streitjahr 2008 Dritten (Nicht-Arbeitnehmern) Geschenke zu und erhob die darauf entfallende Einkommensteuer pauschal gem. § 37b Abs. 1 EStG.

Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass die GmbH im Streitjahr noch weitere Geschenke – an Dritte und eigene Arbeitnehmer – vergeben hatte, für die die Einkommensteuer nicht pauschal nach § 37b EStG erhoben worden war. Es war der Ansicht, das in § 37b EStG eingeräumte Wahlrecht sei empfängergruppenübergreifend einheitlich auszuüben und nicht widerruflich ausgestaltet. Das FG ließ es offen, ob das Pauschalierungswahlrecht für Nicht-Arbeitnehmer und Arbeitnehmer einheitlich ausgeübt werden müsse, ging aber davon aus, dass die Klägerin ihre Entscheidung zur Anwendung des § 37b EStG (spätestens) in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen habe.

Entscheidung

Das FG sei zwar zutreffend davon ausgegangen, dass das Wahlrecht nach § 37b Abs. 1 EStG widerruflich ist. Allerdings habe die Klägerin von ihrem Widerrufsrecht noch nicht wirksam Gebrauch gemacht.

Steuerpflichtige können die Einkommensteuer (für Nicht-Arbeitnehmer) einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden und für Geschenke, die nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erheben (§ 37b Abs. 1 S. 1 EStG). Dies gilt auch für betrieblich veranlasste Zuwendungen an Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen, soweit die Zuwendungen nicht in Geld bestehen und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden (§ 37b Abs. 2 S. 1 EStG).

Nach allgemeiner Meinung räume § 37b EStG dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht ein, wonach der Zuwendende die beim Zuwendungsempfänger entstehende Einkommensteuer durch eine Pauschalisierung übernehmen könne (vgl. BFH-Urteile vom 16.10.2013, BMF-Schreiben vom 19.05.2015). Sowohl das Pauschalisierungswahlrecht nach § 37b Abs. 1 S. 1 EStG (Nicht-Arbeitnehmer) als auch das nach § 37b Abs. 2 S. 1 EStG (Arbeitnehmer) müsse für alle Zuwendungen und Geschenke eines Wirtschaftsjahres einheitlich ausgeübt werden, d.h. der Steuerpflichtige habe nur die Wahl zwischen dem vollständigen Verzicht auf Pauschalierung und der Pauschalierung sämtlicher Sachzuwendungen.

Die beiden Pauschalisierungswahlrechte könnten aber unabhängig voneinander wahrgenommen werden (vgl. BMF-Schreiben vom 19.05.2015). Für die abweichende Auffassung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 16/2712), dass die Ausübung insgesamt nur einheitlich erfolgen könne, gebe es im Gesetzeswortlaut keine Hinweise. Sowohl die absatzweise Trennung nach Personengruppen als auch der strukturelle Unterschied der Einkommensteuererhebung bei Nichtarbeitnehmern und bei Arbeitnehmern sprächen für eine personale Teilbarkeit des Pauschalisierungswahlrechts.

Die Wahlrechte des § 37b EStG seien zudem widerruflich. Dies folge zwar nicht ausdrücklich aus dem Wortlaut. Allerdings könnten Antrags- oder Wahlrechte, die – wie § 37b EStG – weder ausdrücklich unwiderruflich ausgestaltet sind noch einer zeitlichen Begrenzung unterliegen, so lange anderweitig ausgeübt werden, wie der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig (vgl. BFH-Urteil vom 09.12.2015) und die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (vgl. BFH-Urteil vom 29.06.2011). Nach der Gesetzesbegründung soll das in § 37b EStG eingeräumte Pauschalierungswahlrecht indessen nicht widerrufen werden können (BT-Drs. 16/2712). Allerdings habe es der Gesetzgeber versäumt, den bindenden Charakter der Wahlrechtsausübung im Gesetzeswortlaut abzubilden.

Im Streitfall sei von der Widerrufsmöglichkeit noch nicht wirksam Gebrauch gemacht worden. Als „actus contrarius“ der Wahlrechtsausübung habe der Widerruf in nämlicher Form wie die Antragstellung zu geschehen, d.h., dass vorliegend eine geänderte Pauschsteueranmeldung gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt zu erfolgen habe (§ 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG).

Betroffene Norm
§ 37b EStG
Streitjahr 2008

Vorinstanz
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24.09.2015, 14 K 10273/11, EFG 2015, S. 2226

Fundstelle
BFH, Urteil vom 15.06.2016, VI R 54/15

Weitere Fundstellen
BFH, Urteile vom 16.10.2013, VI R 57/11, BStBl. II 2015, S. 457; VI R 52/11, BStBl. II 2015, S. 455; VI R 78/12, BStBl. II 2015, S. 495, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 09.12.2015, X R 56/13, BFH/NV 2016, S. 618
BMF, Schreiben vom 19.05.2015, IV C 6 - S 2297-b/14/10001, BStBl. I 2015, S. 468, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 29.06.2011, IX R 38/10, BStBl. II 2011, S. 963, siehe Deloitte Tax-News
Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 25.09.2006, Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007), BT-Drs. 16/2712

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