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04.09.2012
Rechnungslegung

FG Schleswig-Holstein: Teilwert der Tochtergesellschaft bei bilanzieller Überschuldung

Mit Urteil vom 04.02.2014 hat der BFH die Auffassung des Schleswig-Holsteinischen FG bestätigt. Die Fremdwährungsverbindlichkeit einer Tochtergesellschaft und die Beteiligung der Muttergesellschaft an selbiger seien zwei verschiedene Wirtschaftsgüter. Es gebe weder eine materiell-rechtliche noch eine verfahrensrechtliche Bindung des Beteiligungsausweises an die bilanzielle Behandlung einer Fremdwährungsverbindlichkeiten auf der Stufe des Beteiligungsunternehmens. Zudem berechtige bei Fremdwährungsverbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von zumindest zehn Jahren nicht jeder Kursverlust die Annahme einer voraussichtlich dauerhaften Wertveränderung.
BFH, Urteil vom 04.02.2014, I R 53/12,  nicht amtlich veröffentlicht
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Schleswig-Holsteinisches FG:

Eine Teilwertzuschreibung auf Fremdwährungsverbindlichkeiten, die zur bilanziellen Überschuldung der 100%igen Tochtergesellschaft führt, berechtigt keine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Tochtergesellschaft, wenn keine sonstigen Umstände vorliegen, die auf ein dauerhaftes Absinken des inneren Wertes der Tochtergesellschaft hindeuten. Die BFH-Rechtsprechung zur Bewertung börsennotierter Aktien des Anlagevermögens kann nicht auf die Bewertung von Fremdwährungsverbindlichkeiten übertragen werden.

Sachverhalt
Die Klägerin (X-AG) hat im Jahr 1999 sämtliche Anteile an der X Immobilien GmbH (X-GmbH) erworben (Anschaffungskosten 1,0 Mio. DM) und im Jahresabschluss 1999 unter Finanzanlagen ausgewiesen. Verluste der X-GmbH aus Fremdwährungsdarlehen (3 Mio. DM) führten zu ihrer bilanziellen Überschuldung. Im Jahresabschluss zum 31.12.2000 nahm die X-AG eine Teilwertabschreibung auf ihre Tochtergesellschaft auf 1 DM vor. Eine Wertaufholung auf den Betrag der ursprünglichen Anschaffungskosten erfolgte in der Bilanz der X-AG zum 31.12.2003. Das Finanzamt erkannte die Teilwertabschreibung auf die X-GmbH nicht an. Nach Ergehen des BFH-Urteils vom 23.04.2009 zur Bewertung von Fremdwährungsverbindlichkeiten wurde der Einspruch abgewiesen und Klage erhoben.

Entscheidung
Die Klage ist unbegründet. Die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung sind im Streitfall nicht erfüllt (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Es lässt sich nicht feststellen, dass der Teilwert der Geschäftsanteile der Klägerin an der X-GmbH zum Bilanzstichtag 31.12.2000 auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger als die Anschaffungskosten war (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG).

Anteile an verbundenen Unternehmen sind in der Steuerbilanz - ebenso wie in der Handelsbilanz - grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Ist der Teilwert auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger, so kann dieser angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG, § 253 Abs. 1 S. 1 HGB).

Die bilanzielle Überschuldung der X-GmbH resultierte nicht aus ihrem operativen Geschäft, sondern maßgeblich aus den im Jahre 2000 in Höhe eines Betrages von 3 Mio. DM verbuchten Aufwendungen aus Wechselkursdifferenzen. Die Verbuchung dieser Aufwendungen war sachlich nicht gerechtfertigt. Ein Kursanstieg der Fremdwährung begründet grundsätzlich keine dauerhafte Werterhöhung der Verbindlichkeit, wenn diese am Bilanzstichtag noch eine Restlaufzeit von 10 oder mehr Jahren hat. Es ist davon auszugehen, dass sich die Währungsschwankungen im weiteren Vertragsverlauf grundsätzlich ausgleichen werden (BFH-Urteil vom 23.04.2009). Im Streitfall liefen die Fremdwährungsdarlehen der X-GmbH noch bis 2019 und 2024, so dass ein Ausgleich erwartet werden konnte. Dieser hat dann auch Ende 2006 tatsächlich stattgefunden. Allein die Tatsache, dass die Teilwertzuschreibung der Tochtergesellschaft durch die dortige Betriebsprüfung nicht beanstandet wurde, rechtfertigt keine Übertragung der Bewertungsfaktoren auf die Ebene der klagenden Muttergesellschaft. Die Besteuerung der Tochter ist für die Bewertung der Finanzanlage der Mutter grundsätzlich nicht maßgeblich. Hat die Tochter fehlerhaft bilanziert, dann stellt deren Bilanzierung für sich genommen noch keinen wertrelevanten Umstand dar.

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der innere Wert der Tochtergesellschaft aus sonstigen Gründen z.B. wegen nachhaltig gesunkener Ertragsaussichten oder wegen eines nachhaltig gesunkenen Vermögens- oder funktionalen Wertes voraussichtlich dauerhaft gesunken wäre, sind weder qualifiziert vorgetragen noch sonst den Akten zu entnehmen. Hiergegen sprechen indiziell auch die Tatsachen, dass die Klägerin die Finanzanlage erst im Vorjahr erwarb sowie der Umstand, dass sie die in Ansatz gebrachte Wertminderung wegen der guten Ertragslage ihrer Tochter bereits drei Geschäftsjahre später korrigierte. Da auf Ebene der Tochtergesellschaft bei zutreffender materiellrechtlicher Beurteilung keine Teilwertzuschreibung auf die Kreditverbindlichkeiten gerechtfertigt ist, mangelt es an einer hinreichenden ökonomischen Grundlage, bei der Muttergesellschaft eine korrespondierende Teilwertabschreibung auf den Wert der Tochtergesellschaft in Ansatz zu bringen. 

Die Entscheidung des BFH (Urteil vom 21.09.2011) betreffend die Bewertung börsennotierter Aktien rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Zwar hat der BFH Aktienkursverluste oberhalb einer Bagatellgrenze von 5 % als grundsätzlich ausreichend für eine Teilwertabschreibung angesehen. Die hiermit verbundenen Wertungen können jedoch nicht ohne weiteres auf die Bewertung von Fremdwährungsverbindlichkeiten übertragen werden. Dies schon deshalb nicht, weil über die Kursbildung am Aktienmarkt die Aktiengesellschaft selbst bewertet wird, während der Devisenkurs nicht (direkt) den Wert eines langfristigen Fremdwährungskredits abbildet und auch nichts Konkretes über den Wert der rückzahlungsverpflichteten Kapitalgesellschaft besagt.

Betroffene Norm
§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG
Streitjahr 2000

Fundstelle
BFH, Urteil vom 04.02.2014, I R 53/12, nicht amtlich veröffentlicht
Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.06.2012, 1 K 130/09, DB487658

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 23.04.2009, IV R 62/06, BStBl II 2009, S. 778 siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 21.09.2011, I R 89/10, BFH/NV 2012, S. 306, siehe Deloitte Tax-News

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