Zurück zur Übersicht
URL: http://mobile.deloitte-tax-news.de/rechnungslegung/fg-muenchen-teilwert-einer-verdeckten-einlage-durch-forderungsverzicht-bei-negativem-eigenkapital.html
23.05.2019
Rechnungslegung

FG München: Teilwert einer verdeckten Einlage durch Forderungsverzicht bei negativem Eigenkapital

Ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster Forderungsverzicht eines Gesellschafters gegenüber seiner Gesellschaft führt bei dieser zu einer verdeckten Einlage in Höhe des Teilwerts der Forderung. Zur Ermittlung des Teilwerts der erlassenen Forderung ist bei negativem Eigenkapital zu prüfen, ob stille Reserven vorhanden sind, die die latente Überschuldung so weit beseitigen, dass die Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch ihr Vermögen gedeckt sind. Ist das auf diese Weise ermittelte Eigenkapital positiv, entspricht der Teilwert der Darlehensforderung ihrem Nennwert.

Sachverhalt

Eine GmbH erklärte für das Jahr 2013 in ihrer Körperschaftsteuererklärung einen Jahresfehlbetrag und löste eine Darlehensverbindlichkeit, für welche ein Gesellschafter einen auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Darlehensverzicht aussprach, durch den außerbilanziellen Abzug einer verdeckten Einlage erfolgsneutral auf. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Darlehensverbindlichkeit teilweise erfolgswirksam aufzulösen und das erklärte Jahresergebnis entsprechend zu erhöhen sei. Es schätzte den Teilwert der erlassenen Forderung dabei auf einen unter dem Nennwert liegenden Wert.

Entscheidung

Das FG kommt hingegen zu dem Ergebnis, dass der Teilwert der erlassenen Forderung ihrem Nennwert entspricht und der durch den Forderungsverzicht entstandene Gewinn daher außerbilanziell in voller Höhe zu neutralisieren ist.

Bilanzierung einer verdeckten Einlage in Form eines Forderungsverzichts

Eine verdeckte Einlage in Form eines Forderungsverzichts gegenüber der Gesellschaft führt durch den Wegfall der zuvor passivierten Verbindlichkeiten bei der Kapitalgesellschaft zu einer Vermögensmehrung, die nach handelsrechtlichen Grundsätzen als Gewinn auszuweisen ist. Dem ist steuerrechtlich jedoch durch den Abzug einer verdeckten Einlage gemäß § 8 Abs. 3 S. 3 KStG außerhalb der Bilanz zu begegnen, wenn der Gesellschafter den Erlass im Hinblick auf das Gesellschaftsverhältnis gewährt hat (vgl. BFH-Beschluss vom 09.06.1997, GrS 1/94). Erstreckt sich der Verzicht des Gesellschafters auf eine nicht als vollwertig angesehene Forderung, hat die Gesellschaft als Wert der Einlage den tatsächlichen Wert der Forderung, nicht ihren Nennbetrag und auch nicht den als Verbindlichkeit passivierten Betrag anzusetzen.

Bewertung einer verdeckten Einlage in Form eines Forderungsverzichts

Gemäß §§ 8 Abs. 1 S. 1 KStG, 7 S.1 GewStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 1 EStG ist die Einlage bei der Kapitalgesellschaft mit dem Teilwert der Forderung, auf die verzichtet wurde, im Zeitpunkt der Zuführung zu bewerten. Soweit die Forderung im Zeitpunkt des Verzichts nicht (mehr) werthaltig war, bleibt es bei der durch den Wegfall der Verbindlichkeit ausgelösten Gewinnerhöhung (vgl. BFH-Beschluss vom 09.06.1997, GrS 1/94). Diese Grundsätze gelten auch im Fall eines Darlehensverzichtes mit eigenkapitalersetzendem Charakter (vgl. BFH-Urteil vom 28.11.2001, I R 30/01; BFH-Beschluss vom 16.05.2001, I B 143/00).

Grundsätze zur Ermittlung des Teilwerts einer vom Gesellschafter erlassenen Forderung

Für die Ermittlung des Teilwerts der vom Gesellschafter erlassenen Forderung ist auf den Wert abzustellen, den die Gesellschaft als Betriebsinhaberin für den Erwerb der Forderung oder die Herbeiführung des Verzichts hätte aufwenden müssen (vgl. BFH-Beschluss vom 09.06.1997). Der Teilwert einer Darlehensforderung ist im Wege der Schätzung aufgrund der am Bilanzstichtag gegebenen objektiven Verhältnisse zu ermitteln und wird durch die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des Schuldners und durch ihre Verzinslichkeit beeinflusst. Maßgebend ist, ob nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des Schuldners mit einem (teilweisen) Forderungsausfall zu rechnen ist (vgl. BFH-Urteil vom 20.08.2003, I R 49/02; FG Hamburg, Urteil vom 12.02.2014, 6 K 203/11).

Ermittlung des Teilwerts einer vom Gesellschafter erlassenen Forderung bei negativem Eigenkapital

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war die erlassene Forderung nach Auffassung des FG in voller Höhe werthaltig. Zwar war das Eigenkapital der Gesellschaft negativ, jedoch seien stille Reserven vorhanden, die die latente Überschuldung so weit beseitigen, dass die Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch ihr Vermögen gedeckt sind. Ist das auf diese Weise ermittelte Eigenkapital positiv, entspreche der Teilwert der Darlehensforderung ihrem Nennwert, denn bei positivem Eigenkapital könne regelmäßig von einer „wirtschaftlich gesunden Kapitalgesellschaft“ und damit von einer ausreichenden Bonität ausgegangen werden.

Der Teilwert der erlassenen Forderung entspricht ihrem Nennwert

Im Streitfall war die Gesellschafterforderung unter Berücksichtigung der stillen Reserven durch das Aktivvermögen der Gesellschaft abgedeckt, sodass nach Ansicht des FG kein Grund für die Annahme eines niedrigeren Teilwerts bestand. Der durch den Forderungsverzicht entstandene Gewinn war folglich außerbilanziell in voller Höhe zu neutralisieren, da der Teilwert der erlassenen Forderung ihrem Nennwert entsprach.

Betroffene Norm

§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Hs. 1 EStG

Streitjahr 2013

Fundstelle

Finanzgericht München, Urteil vom 09.04.2018, 7 K 729/17, EFG 2018, S. 1126, rechtskräftig

Weitere Fundstellen

FG Hamburg, Urteil vom 12.02.2014 6 K 203/11

BFH, Urteil vom 20.08.2003, I R 49/02, BStBl II 2003, S. 941

BFH, Urteil vom 28.11.2001, I R 30/01, BFH/NV 2002, S. 677

BFH, Beschluss vom 16.05.2001, I B 143/00, BStBl II 2002, S. 436

BFH, Beschluss vom 09.06.1997, GrS 1/94, BStBl II 1998, S. 307

www.deloitte-tax-news.de Diese Mandanteninformation enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen eines Einzelfalles gerecht zu werden. Sie hat nicht den Sinn, Grundlage für wirtschaftliche oder sonstige Entscheidungen jedweder Art zu sein. Sie stellt keine Beratung, Auskunft oder ein rechtsverbindliches Angebot dar und ist auch nicht geeignet, eine persönliche Beratung zu ersetzen. Sollte jemand Entscheidungen jedweder Art auf Inhalte dieser Mandanteninformation oder Teile davon stützen, handelt dieser ausschließlich auf eigenes Risiko. Deloitte GmbH übernimmt keinerlei Garantie oder Gewährleistung noch haftet sie in irgendeiner anderen Weise für den Inhalt dieser Mandanteninformation. Aus diesem Grunde empfehlen wir stets, eine persönliche Beratung einzuholen.

This client information exclusively contains general information not suitable for addressing the particular circumstances of any individual case. Its purpose is not to be used as a basis for commercial decisions or decisions of any other kind. This client information does neither constitute any advice nor any legally binding information or offer and shall not be deemed suitable for substituting personal advice under any circumstances. Should you base decisions of any kind on the contents of this client information or extracts therefrom, you act solely at your own risk. Deloitte GmbH will not assume any guarantee nor warranty and will not be liable in any other form for the content of this client information. Therefore, we always recommend to obtain personal advice.