Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt eine Apotheke und erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen bildete er im Jahresabschluss des Streitjahres 2003 eine Rückstellung von 10.700 Euro, indem er den unstreitigen jährlichen Aufwand für die Aufbewahrung von 1.070 Euro mit zehn multiplizierte. Das Finanzamt war der Auffassung, dass lediglich eine durchschnittliche Restaufbewahrungsdauer von 5,5 Jahren anzusetzen sei und berücksichtigte daher nur eine Rückstellung von 5.885 Euro. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Die Geschäftsunterlagen müssen zum jeweiligen Bilanzstichtag zwischen ein und zehn Jahren aufbewahrt werden. Der Ansatz einer durchschnittlichen Restaufbewahrungsdauer von 5,5 Jahren [(10 + 1 ) : 2 = 5,5)] ist nicht zu beanstanden.
Die Aufbewahrungspflicht für Geschäftsunterlagen (§ 257 HGB und § 147 AO) kann den Ausweis einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten erfordern. Zu bewerten ist die Rückstellung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG als Sachleistungsverpflichtung mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten. Diese haben die Beteiligten unstreitig mit 1.070 Euro pro Jahr für alle im Streitjahr aufbewahrten Unterlagen beziffert. Ferner ist die verbleibende Dauer der Aufbewahrungspflicht in Abhängigkeit vom Entstehungszeitpunkt der jeweiligen Unterlagen und der gesetzlich angeordneten Dauer der Aufbewahrungsfristen zu berücksichtigen. Sind Unterlagen aufzubewahren, die verschiedenen Jahrgängen entstammen und daher zu unterschiedlichen Zeitpunkten aus der Aufbewahrungspflicht ausscheiden, können anteilige Kosten für die künftige Aufbewahrung derjenigen Teile der Unterlagen, die ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr aufzubewahren sind, von diesem Zeitpunkt an nicht mehr in die Bewertung der Rückstellung eingehen (BFH-Urteil vom 19.08.2002). Der Umstand, dass auszusondernde Unterlagen voraussichtlich durch neue Unterlagen (späterer Jahre) ersetzt werden, mithin kein Stauraum frei werden wird, kann nicht berücksichtigt werden. Nach einem solchen Austausch ist der Aufwand für die Aufbewahrung fortan durch die Entstehung neuer Unterlagen veranlasst. Die Möglichkeit, dass die Aussonderung (etwa nach Betriebsaufgabe) zwar Platz freigibt, dieser aber nicht anderweitig genutzt werden kann, so lange noch andere Unterlagen aufzubewahren sind (mit der Folge, dass die Aufbewahrungskosten für die verbliebenen Unterlagen proportional steigen), kann jedenfalls im Streitfall nicht berücksichtigt werden.
Für die während des Jahres entstehenden Aufzeichnungen und Buchungsbelege beginnt die Aufbewahrungsfrist mit dem Bilanzstichtag des Kalenderjahres, zu dem sie gehören. Soweit die aufzubewahrenden Unterlagen erst nach dem Bilanzstichtag entstehen, wie dies regelmäßig für das Inventar und zwingend für den Jahresabschluss der Fall ist, beginnt die Aufbewahrungsfrist erst entsprechend später. Die Aufbewahrung dieser Unterlagen ist nicht bis zum Bilanzstichtag veranlasst und bleibt daher für die Berechnung der Rückstellung außer Betracht (BFH-Urteil vom 19.08.2002). Nach § 147 Abs. 3 S. 3 AO läuft die Aufbewahrungsfrist nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Eine derartige Verlängerung der Aufbewahrungsfrist ist ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Eine Hemmung des Laufs der Aufbewahrungsfrist kann nur berücksichtigt werden, wenn und soweit dies zum Bilanzstichtag vorhersehbar ist.
§ 257 HGB, § 147 AO, § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG
Streitjahr 2003
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 21.01.2009, 3 K 12371/07, EFG 2009, S. 1004
BFH, Urteil vom 18.01.2011, X R 14/09, BStBl II 2011, S. 496
BFH, Urteil vom 19.08.2002, VIII R 30/01, BStBl II 2003, S. 131
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