Die Arbeitshilfe des BMF ist der Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude für Abschreibungszwecke nicht zugrunde zulegen, da sie die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude nicht gewährleistet. Im Fall einer streitigen Grundstücksbewertung ist der Gebäudeanteil durch das Gutachten eines unabhängigen vereidigten Sachverständigen zu ermitteln.
Streitig ist die Aufteilung des Kaufpreises für eine vermietete Eigentumswohnung auf das Gebäude sowie den Grund und Boden für Abschreibungszwecke. Die Klägerin legte die vertragliche Kaufpreisaufteilung auf Grund und Gebäude ihrer Feststellungserklärung zugrunde. Hingegen ermittelte das Finanzamt auf der Grundlage der vom BMF bereitgestallten „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)“ einen abweichenden Gebäudeanteil. Das FG gab dem Finanzamt recht und sah in der Arbeitshilfe des BMF eine geeignete Schätzungshilfe.
Der BFH kommt entgegen der Auffassung des FG zu dem Schluss, dass im Streitfall die BMF-Arbeitshilfe nicht der Kaufpreisaufteilung auf Grund und Boden und Gebäude für Abschreibungszwecke zugrunde gelegt werden darf. Der BFH weist die Sache an das FG zurück.
Vertragliche Kaufpreisaufteilung wirtschaftlich nicht haltbar
Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist die vertragliche Kaufpreisaufteilung grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 01.04.2009, IX R 35/08). Dies gelte allerdings nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 28.10.1998, X R 96/96) oder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs im Sinne von § 42 AO gegeben sind (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 01.04.2009, IX R 35/08).
Allerdings habe das FG zu prüfen, ob nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung bestehen bzw. ob das Ergebnis durch objektiv am Markt erzielbare Preise oder Verkehrswerte zu verifizieren sind. Eine Korrektur der von den Parteien getroffenen Aufteilung des Anschaffungspreises auf Grund und Gebäude ist nach dem BFH lediglich geboten, wenn sie – wie im Streitfall - die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint (vgl. BFH-Urteil vom 16.09.2015, IX R 12/14).
Keine Anwendung der BMF-Arbeitshilfe
Allerdings dürfe das FG die vertragliche Kaufpreisaufteilung im Streitfall nicht durch die mit Hilfe der Arbeitshilfe des BMF ermittelte Aufteilung ersetzen. Die Arbeitshilfe gewährleiste die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude hier nicht. Nach dem BFH hat die Arbeitshilfe für die Beteiligten und das FG keine Bindungswirkung. Es handele sich weder um eine Rechtsnorm noch um eine die Finanzbehörden bindende Verwaltungsanweisung. Sofern die Arbeitshilfe in der Praxis der Finanzverwaltung de facto als bindend für den Steuerpflichtigen behandelt wird, besteht nach dem BFH hierfür keine Rechtsgrundlage.
Die Arbeitshilfe genüge nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Methodenwahl, da sie stets auf ein vereinfachtes Sachwertverfahren zurückgreife und somit nicht - in Abhängigkeit der tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls - zwischen mehreren Wertermittlungsverfahren gewählt werden könne (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 27.06.1995, IX R 130/90). Des Weiteren weise die Arbeitshilfe einen systemischen Fehler auf, in dem bei der Ermittlung des Gebäudewerts kein sog. Orts- oder Regionalisierungsfaktor berücksichtigt wird. Folglich führe die Arbeitshilfe gerade in Großstädten mit hohen Bodenrichtwerten zu einem überproportionalen Anteil des Grund und Bodens und damit zu mitunter sehr niedrigen Gebäudebewertungen.
Einholung eines Gutachtens
Das FG habe gemäß § 81 Abs. 1 FGO das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken einzuholen (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 06.02.2018, IX R 14/17).
In strittigen Fällen sind Bescheide, denen die BMF-Arbeitshilfe für Abschreibungszwecke zugrunde gelegt wurde, nach Rücksprache mit den Mandanten offen zu halten und ggfs. kann ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen eingeholt werden.
§ 7 Abs. 4 EStG
Streitjahr 2017
Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.08.2019, 3 K 3137/19, siehe Deloitte Tax News
BFH, Urteil vom 21.07.2020, IX R 26/19, BStBl. II 2021, S.372
BFH, Urteil vom 01.04.2009, IX R 35/08, BStBl. II 2009, S. 663
BFH, Urteil vom 16.09.2015, IX R 12/14, BStBl. II 2016, S. 397, siehe Deloitte Tax News
BFH, Urteil vom 27.06.1995, IX R 130/90, BStBl. II 1996, S. 215
BFH, Urteil vom 06.02.2018, IX R 14/17, BStBl. II 2018, S. 522
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