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07.08.2018
Rechnungslegung

BFH: Keine Aktivierung von Aufwendungen im Zusammenhang mit Provisionsvorschüssen

Der Provisionsanspruch eines Handelsvertreters ist nicht zu aktivieren, solange er noch unter der aufschiebenden Bedingung der Ausführung des Geschäfts steht. Provisionsvorschüsse sind beim Empfänger als „erhaltene Anzahlungen“ zu passivieren. Aufwendungen, die mit solchen Provisionsvorschüssen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind nicht als „unfertige Leistung“ zu aktivieren.

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 2010 mit seinem Reisebüro als Handelsvertreter für die Y-GmbH tätig. Die von der Y-GmbH erhaltenen Provisionen für die erst im Folgejahr angetretenen Reisen wurden in der Bilanz des Klägers auf den 31.12.2010 passiv abgegrenzt (PRAP). Die Erfassung als Ertrag erfolgte erst im Zeitpunkt des Reiseantritts. Die mit diesen Provisionen im Zusammenhang stehenden Aufwendungen zog der Kläger im Jahr 2010 ab. Nach einer Außenprüfung folgte das Finanzamt dem Kläger zwar hinsichtlich der passiv abgegrenzten Provisionen, wollte die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen aber als „unfertige Leistungen“ aktivieren. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt.

Entscheidung

Das FG habe zu Recht entschieden, dass für die erhaltenen Anzahlungen auf die Provisionsansprüche keine Gewinne realisiert wurden und dass die damit verbundenen Aufwendungen nicht als unfertige Leistungen zu aktivieren sind.

Provisionsvorschüsse

Der Gewinn aus einer Leistungsbeziehung ist erst dann nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HS 2 HGB realisiert, wenn eine Forderung rechtlich bereits entstanden ist oder die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Kaufmann mit der künftigen Entstehung der Forderung fest rechnen kann (vgl. BFH-Urteil vom 14.05.2014). Provisionsansprüche eines Handelsvertreters entstehen gemäß § 87a Abs. 1 S. 1 HGB erst dann, wenn der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Soweit die Y-GmbH Provisionen schon vor der Ausführung der Reise an den Kläger gezahlt hat, handele es sich somit um Provisionsvorschüsse im Rahmen eines schwebenden Geschäfts, da die Entstehung des Provisionsanspruchs an die Vollendung des Leistungserfolgs durch Ausführen der Reise anknüpft. Demnach fehle es an einer Gewinnrealisierung und die Provisionsvorschüsse seien als „erhaltene Anzahlungen“ (§ 266 Abs. 3, C, Nr. 3 HGB) zu passivieren.

Aufwendungen im Zusammenhang mit den Provisionsvorschüssen

Soweit bezüglich der erhaltenen Provisionen noch keine Gewinnrealisierung eingetreten ist, sei die Aktivierung der mit den Provisionen im Zusammenhang stehenden Aufwendungen als „unfertige Leistungen“ (§ 266 Abs. 2, B, I., Nr. 2 HGB) zu Recht unterblieben.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH erfordert die Aktivierung von Aufwendungen grundsätzlich, dass Aufwendungen zum Erwerb eines Wirtschaftsguts geführt haben müssen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 18.02.1993). Insoweit setzt nach Auffassung des BFH auch der Bilanzposten „unfertige Leistungen“ die Wirtschaftsguteigenschaft voraus. Denn in Übereinstimmung mit dem FG sei der Rechtsprechung des BFH zu folgen, nach der es sich bei dem Bilanzansatz der „unfertigen Leistungen“ weder um eine bloße Bilanzierungshilfe noch um eine Position „ähnlich einem Rechnungsabgrenzungsposten“ handelt (vgl. BFH-Urteil vom 07.09.2005).

Die Eigenschaft eines Wirtschaftsguts besitzt nicht allein jeder mögliche Vorteil für einen Betrieb. Zum jeweiligen Stichtag muss ein wirtschaftlich ausnutzbarer Vermögensvorteil vorliegen, der als realisierbarer greifbarer Vermögenswert angesehen kann (vgl. BFH-Urteil vom 09.07.1986). Erst seine Greifbarkeit macht das Wirtschaftsgut aus. Der Vermögenswert muss als Einzelheit ins Gewicht fallen, objektiv werthaltig und „selbständig bewertbar“ sein (vgl. BFH-Urteil vom 29.11.2012). 

Ausgehend von diesen Grundsätzen habe sich durch die laufenden Betriebsausgaben kein Wirtschaftsgut herausgebildet, das als „unfertige Leistung“ zu aktivieren wäre. Selbst, wenn für einen erlangten Vorteil die künftigen Erträge ausreichten, fehle es an der für die Aktivierung als unfertige Leistung erforderlichen Voraussetzung, dass die Aufwendungen dem Kaufmann einen objektiv werthaltigen (greifbaren) Vermögensgegenstand verschaffen. Die im Streitfall vorliegenden Aufwendungen seien laufende Ausgaben, die ihrer Natur nach regelmäßig wiederkehren und sich auch in ihrer Höhe im Wesentlichen gleichmäßig entwickeln. Laufende Betriebsausgaben, die sich nicht eindeutig bestimmten Aufträgen zurechnen lassen und sich nicht von den laufenden Aufwendungen abheben, seien nicht geeignet ein selbständig bewertungsfähiges Wirtschaftsgut zu begründen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 02.06.1978); sie sind vielmehr als Betriebsausgaben sofort abziehbar.

Betroffene Normen

§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG, § 5 Abs. 5 EStG, § 87a Abs. 1 S. 1 HGB, § 252 Abs. 1 Nr. 4 HS 2 HGB, § 266 Abs. 2 und 3 HGB
Streitjahr 2010

Vorinstanz

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 12.01.2016, 13 K 12/15, EFG 2016, S. 1158, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 26.04.2018, III R 5/16, BStBl II 2018 Seite 536

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 14.05.2014, VIII R 25/11, BStBl II 2014, S. 968, siehe Deloitte Tax-News  
BFH, Urteil vom 09.11.2012, IV R 47/09, BStBl II 2013, S. 324
BFH, Urteil vom 07.09.2005, VIII R 1/03, BStBl II 2006, S. 298
BFH, Urteil vom 18.02.1993, IV R 40/92, BStBl II 1994, S. 224
BFH, Urteil vom 09.07.1986, I R 218/82, BStBl II 1987, S. 14
BFH, Urteil vom 02.06.1978, III R 8/75, BStBl II 1979, S. 235

 

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