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10.09.2015
Rechnungslegung

BFH: Kein Einfluss des Konzernrückhalts auf Teilwertabschreibung

Aktuell: BFH-Urteil vom 27.02.2019
In seinem Urteil vom 27.02.2019 hat der BFH bestätigt, dass der sog. Konzernrückhalt die handels- wie steuerrechtlich gebotene Teilwertabschreibung einer konzerninternen Darlehensforderung nicht beeinflusst. Entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung kommt der BFH nun aber zusätzlich zu dem Ergebnis, dass die außerbilanzielle Korrektur einer gewinnmindernden Ausbuchung eines unbesicherten Konzerndarlehens nach § 1 Abs. 1 AStG nicht nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MA gesperrt ist. Zudem vertritt er die Auffassung, dass eine fehlende Darlehensbesicherung auch im Falle eines sog. Konzernrückhalts ein nicht fremdüblicher Umstand ist (siehe Anmerkung).

BFH-Urteil vom 27.02.2019, I R 73/16, siehe Deloitte Tax-News
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BFH-Urteil vom 24.06.2015
Der sog. Rückhalt im Konzern lässt keinen Schluss auf die Rückzahlung einer Darlehensverbindlichkeit durch die Tochtergesellschaft und damit die Werthaltigkeit des Rückforderungsanspruchs aus dem gewährten Darlehen zu. Somit beeinflusst der Konzernrückhalt die handels- wie steuerrechtlich gebotene Teilwertabschreibung einer konzerninternen Darlehensforderung nicht. (entgegen BFH-Urteil vom 17.12.2014 und BMF Schreiben vom 29.03.2011).

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, gewährte einer in Großbritannien ansässigen Tochtergesellschaft ein mit 5% jährlich verzinstes, unbesichertes Darlehen, auf das sie aufgrund der Einstellung des Geschäftsbetriebs der Tochtergesellschaft im Streitjahr 2002 eine Teilwertabschreibung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 i.V.m. Nr. 1 S. 3 EStG vornahm. Das Finanzamt sah die Teilwertabschreibung wegen des sog. Rückhalts im Konzern als grundsätzlich nicht gerechtfertigt an. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt.

Entscheidung

Das FG habe zu Recht angenommen, dass die Klägerin Rückzahlungsforderungen gegen die Tochtergesellschaft aus den an diese begebenen Darlehen zu aktivieren und auf diese Forderungen sodann zugleich Teilwertabschreibungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 i.V.m. Nr. 1 S. 3 EStG vorzunehmen habe. Zutreffend sei das FG davon ausgegangen, dass die Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert nicht an der Konzernbeziehung zwischen Klägerin und Tochtergesellschaft scheitere. Die Konzernbeziehung erlaube nur den Zugriff auf etwaige Vermögenswerte der Tochtergesellschaft. Fehle es an solchen Vermögenswerten, ändere die Konzernbeziehung an der Teilwertabschreibung nichts.

Bei Darlehensgewährungen zwischen Kapitalgesellschaften in einem Konzern könne es fremdvergleichsgerecht sein, von Sicherheiten abzusehen, wenn die Konzernbeziehungen für sich gesehen eine Sicherheit bedeuten. Ob der Rückhalt im Besicherungsfall aber tatsächlich und uneingeschränkt greife, sei damit noch nicht gesagt. Dass die Muttergesellschaft im Außenverhältnis regelmäßig für Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft gegenüber Dritten einstehe, lasse keinen zwingenden Schluss auf die Rückzahlung der Darlehensverbindlichkeit durch die Tochtergesellschaft zu. Gerade dann, wenn die Tochtergesellschaft auf die Inanspruchnahme des Konzernrückhalts angewiesen sei, um Drittgläubiger zu befriedigen, sei vielmehr davon auszugehen, dass die Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Muttergesellschaft nicht bedient werde. Daher beeinflusse der Konzernrückhalt die handels- wie steuerrechtlich gebotene sog. Teilwertabschreibung einer konzerninternen Darlehensforderung nicht (entgegen BFH-Urteil vom 17.12.2004 und BMF-Schreiben vom 29.03.2011).

Anmerkungen

Aktuell: Rechtsprechungsänderung zur Sperrwirkung des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA

In dem Urteil vom 24.06.2015 war weiterhin streitig, ob und inwieweit der abkommensrechtliche Grundsatz des "dealing at arm's length" nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk (hier: nach Art. IV DBA-Großbritannien 1964) eine Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG ermöglicht (vgl. auch BFH-Urteil vom 17.12.2015, I R 23/13, siehe Deloitte Tax-News). Entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BFH nun mit Urteil vom 27.02.2019 (I R 73/16, siehe Deloitte Tax-News) entschieden, dass Art. 9 Abs. 1 OECD-MA keine Sperrwirkung gegenüber der Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG bei Teilwertabschreibung eines unbesicherten Darlehens einer inländischen Muttergesellschaft an ihre ausländische Tochtergesellschaft entfaltet. Zudem vertritt der BFH die Auffassung, dass eine fehlende Darlehensbesicherung auch im Falle eines sog. Konzernrückhalts ein nicht fremdüblicher Umstand ist (entgegen BFH-Urteil vom 24.06.2015, I R 29/14). Gleichwohl schließe dies aber die betriebliche Veranlassung nicht aus. Der sog. Rückhalt im Konzern beeinflusse die handels- wie steuerrechtlich gebotene Teilwertabschreibung einer konzerninternen Darlehensforderung nicht (insoweit Bestätigung des BFH-Urteils vom 24.06.2015, I R 29/14). Auch das Unionsrecht stehe der Einkünftekorrektur nicht entgegen.

Nichtanwendungserlass vom 30.03.2016

Mit seinem Nichtanwendungserlass vom 30.03.2016 hat das BMF das BFH-Urteil vom 24.06.2015 insoweit für nicht anwendbar erklärt, als es eine Sperrwirkung von DBA-Normen, die inhaltlich Art. 9 Abs. 1 OECD-MA entsprechen, gegenüber § 1 AStG angenommen hat.

Weitere Verfahren zur Problematik der Sperrwirkung des Art. 9 OECD-MA gegenüber § 1 Abs. 1 AStG

Zur Frage, ob der abkommensrechtliche Grundsatz des "dealing at arm's length" die Korrektur einer Teilwertabschreibung nach § 1 Abs. 1 AStG ermöglicht, sind weitere Verfahren beim BFH anhängig: I R 5/17 (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.01.2017, siehe Deloitte Tax-News), I R 56/17 (FG Köln, Urteil vom 17.05.2017, siehe Deloitte Tax-News) und Revision zugelassen (FG Münster, Urteile vom 19.12.2017, 10 K 3329/13 K,G,F, 10 K 3556/13 K,F). Es ist zu erwarten, dass der BFH im Rahmen dieser Verfahren die neuen Grundsätze aus seinem Urteil vom 27.02.2019 (I R 73/16, siehe Deloitte Tax-News) anwenden und ggf. weiter konkretisieren wird.

Betroffene Norm

§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG, § 1 Abs. 1 AStG, Art IV DBA-Großbritannien

Streitjahr 2002

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 28.03.2014, 6 K 4087/11 F, EFG 2014, S. 1275

Fundstellen

BFH, Urteil vom 24.06.2015, I R 29/14

BMF, Schreiben vom 30.03.2016, Nichtanwendungserlass wegen Sperrwirkung von DBA-Normen, IV B 5 - S 1341/11/10004-07

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 27.02.2019, I R 73/16, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 17.12.2014, I R 23/13, siehe Deloitte Tax-News

BMF, Schreiben vom 29.03.2011, BStBl I 2011, S. 277

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