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22.06.2011
Rechnungslegung

BFH: Durch Anteilsvereinigung ausgelöste GrESt sofort abziehbar

Sachverhalt

Die X-AG, Alleingesellschafterin der Klägerin, war an den grundbesitzhaltenden Gesellschaften A-GmbH und B-AG zu jeweils 50,1 % beteiligt. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, hielt mittelbar die restlichen Anteile an der A-GmbH und an der B-AG. Mit Einbringungsvertrag vom 29.06.2000 übertrug die X-AG ihre Anteile an der A-GmbH und an der B-AG im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Kapitalerhöhung durch Sacheinlage. Nach Erwerb der Anteile war die Klägerin zu mehr als 95 % unmittelbar und mittelbar an beiden Gesellschaften beteiligt. Das Finanzamt wertete den Einbringungsvorgang als grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 GrEStG und setzte gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuern fest. Die Klägerin zog die Zahlungen für die Grunderwerbsteuern in ihrer Steuerbilanz als Betriebsausgaben ab. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, bei den Aufwendungen für die Grunderwerbsteuern handele es sich um aktivierungspflichtige Anschaffungsnebenkosten auf die eingebrachten Beteiligungen. Die deswegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg.

Entscheidung

Entgegen der Ansicht des FG sind bei der Ermittlung des Bilanzgewinns der Klägerin die infolge der grunderwerbsteuerrechtlichen Anteilsvereinigungen hinsichtlich der A-GmbH und der B-AG gegen die Klägerin festgesetzten Grunderwerbsteuern nicht als Anschaffungsnebenkosten der durch Sacheinlage erworbenen Beteiligungen an diesen Gesellschaften zu aktivieren.

Anschaffungskosten sind Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen und die dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können (§ 255 Abs. 1 HGB). Dieser handelsrechtliche Begriff der Anschaffungskosten ist auch der steuerbilanziellen Beurteilung zugrunde zu legen (BFH-Urteil vom 03.08.2005 m.w.N.). "Anschaffungs"kosten eines Wirtschaftsguts können nur solche Kosten sein, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten dessen Beschaffung tatsächlich zuzuordnen sind (BFH-Urteile vom 03.07.1997 und 17.10.2001). Hierzu ist ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der Anschaffung nicht ausreichend. Vielmehr kommt es auf die Zweckbestimmung der Aufwendungen an (finaler Begriff der Anschaffungskosten, vgl. BFH-Urteile vom 13.10.1983 und 03.08.2005 jeweils m.w.N.).

Ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile einer Gesellschaft begründet, unterliegt der Grunderwerbsteuer, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen vereinigt werden würden (Anteilsvereinigung, § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG). Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen (BFH-Urteil vom 02.04.2008 m.w.N.). Das grunderwerbsteuerrechtliche Besteuerungsobjekt bei der Anteilsvereinigung findet im Ertragsteuerrecht keine Entsprechung. Die Grundstücke befinden sich nach dem Anteilserwerb unverändert im zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum der Gesellschaft und sind weiterhin bei dieser und nicht bei dem Anteilserwerber zu bilanzieren. Die Verfügungsmacht über die Grundstücke ist weder rechtlich noch wirtschaftlich Gegenstand der Erwerbsvorgänge in Bezug auf die Geschäftsanteile.

In ertragsteuerlicher Hinsicht fehlt es an einem über die reine Kausalität hinausgehenden inhaltlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und dem Anschaffungsvorgang. Anknüpfungspunkt für die Entstehung der Grunderwerbsteuer ist nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern eine spezifisch grunderwerbsteuerrechtliche Fiktion im Hinblick auf ein anderes, nicht vom Anteilserwerber angeschafftes und nicht bei diesem zu erfassendes Wirtschaftsgut, so dass es sich dabei um Aufwand handelt, der aus ertragsteuerlicher Sicht nicht spezifisch und final dem hinzuerworbenen Geschäftsanteil zugeordnet werden kann. Die bloße Ursächlichkeit des Erwerbs für die Entstehung der Aufwendungen reicht zur Charakterisierung als Anschaffungs(neben)kosten nicht aus, sondern zusätzlich ist auch ein innerer, finaler Zweckzusammenhang zwischen Anschaffungsvorgang und Aufwendung erforderlich, an dem es hier fehlt.

Anmerkung

Mit Urteil vom 02.09.2014 hat der BFH nun entschieden, dass auch im Fall der Änderung des Gesellschafterbestands einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG die hierdurch ausgelöste Grunderwerbsteuer nicht den Anschaffungs(neben)kosten der erworbenen Kommanditanteile oder des vorhandenen Grundbesitzes der Objektgesellschaft zuzuordnen seien. Stattdessen stellen sie – wie auch im Fall der Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Gr EStG – sofort abziehbare Werbungskosten dar (entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung).

Betroffene Norm

§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, § 255 Abs. 1 S. 1 HGB
Streitjahr 2000

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 08.12.2009, 6 K 4720/07 K, F, EFG 2010, S. 666, siehe ausführlicher in den Deloitte Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 20.04.2011, I R 2/10, BStBl II 2011, S. 761

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 02.09.2014, IV R 34/11, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 03.08.2005, I R 36/04, BStBl II 2006, S. 369
BFH, Urteil vom 03.07.1997, III R 114/95, BStBl II 1997, S. 811
BFH, Urteil vom 17.10.2001, I R 32/00, BStBl II 2002, S. 349
BFH, Urteil vom 13.10.1983, IV R 160/78, BStBl II 1984, S. 101
BFH, Urteil vom 02.04.2008, II R 53/06, BStBl II 2009, S. 544

Englische Zusammenfassung

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