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24.02.2010
Thema des Monats

Beurteilung des Vorliegens einer regelmäßigen Arbeitsstätte in der betrieblichen Einrichtung eines Kunden oder eines Entleihers

Mit den Lohnsteuerrichtlinien 2008 wurde das Reisekostenrecht grundlegend umgestaltet, über die Auswirkungen der Neuregelung im Zusammenhang mit Mitarbeiterentsendungen hatten wir Sie bereits in unserem ges-forum 12/2008 ausführlich informiert.

Im Rahmen der Neuregelung des Reisekostenrechts wurde unter anderem auch die Definition der regelmäßigen Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG) geändert, die bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2007 wie folgt lautete: „Regelmäßige Arbeitsstätte ist der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers, z. B. Betrieb oder Zweigbetrieb“. Dabei musste der Arbeitnehmer an diesem Ort, in der Regel der Betrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, zumindest einen Teil der ihm insgesamt übertragenen Tätigkeiten ausüben. Mit Wirkung vom 01.01.2008 fasst nunmehr die Finanzverwaltung den Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte weitläufiger. Diese ist danach „der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers, unabhängig davon, ob es sich um eine Einrichtung des Arbeitgebers handelt“. Zusätzlich enthalten die Lohnsteuerhinweise einige Beispiele, wann regelmäßige Arbeitsstätten außerhalb von betrieblichen Einrichtungen anzunehmen sind. Demnach kann der Betrieb eines Entleihers oder eines Kunden eine regelmäßige Arbeitsstätte sein, wenn die Tätigkeit dort auf Dauer angelegt ist, d.h. es wird dabei auf die Dauerhaftigkeit der Tätigkeiten abgestellt.

Wird somit nach der Neuregelung des Reisekostenrechts eine regelmäßige Arbeitsstätte im Betrieb eines Entleihers oder eines Kunden durch den jeweiligen Arbeitnehmer begründet, können regelmäßig keine Reisekosten mehr geltend gemacht bzw. steuerfrei erstattet werden.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Bundesfinanzhof (BFH) bereits im Jahr 2008 entschieden hat, dass die betriebliche Einrichtung eines Kunden keine regelmäßige Arbeitsstätte darstellt (siehe hierzu ausführlicher Deloitte Tax News; BFH-Urteil vom 09.07.2009, VI R 42/08). Der BFH begründete seine Entscheidungen im Wesentlichen damit, dass die Arbeitnehmer keine Möglichkeit hatten, ihre Wegekosten gering zu halten oder umzuziehen und deshalb keine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt. Des Weiteren ist der BFH der Ansicht, dass eine Beurteilung des Vorliegens bzw. Begründens einer regelmäßigen Arbeitsstätte zum Zeitpunkt des Beginns der jeweiligen Tätigkeit zu erfolgen hat und unabhängig von der Vertragsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Kunde ist.

Mit seinem Schreiben vom 21.12.2009 (IV C 5 - S 2353/08/10010), bestätigte das Bundesfinanzministerium (BMF) grundsätzlich die Auffassung des BFH, dass die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers grundsätzlich keine regelmäßige Arbeitsstätte seiner Arbeitnehmer – unabhängig von der Dauer der dortigen Tätigkeit - darstellt. Danach kann von einer Auswärtstätigkeit ausgegangen und können Reisekosten geltend gemacht werden, wenn ein bei einer Zeitarbeitsfirma unbefristet Beschäftigter in regelmäßigem Wechsel verschiedenen Kunden überlassen wird. Dabei ist es unschädlich, wenn er für den einen Kunden während des gesamten Entleihzeitraums beispielsweise auf ein- und derselben Großbaustelle tätig ist. Gleiches gilt für einen kaufmännischen Angestellten, der bei einer Zeitarbeitsfirma unbefristet beschäftigt ist, einem Kunden der Zeitarbeitsfima überlassen wird, jedoch die vertragliche Vereinbarung mit dem Entleiher keine Befristung enthält, sondern „bis auf Weiteres“ gilt.

Mit dem vorgenannten BMF-Schreiben stellt die Finanzverwaltung jedoch auch heraus, dass von diesem Grundsatz die folgenden Sachverhalte explizit auszunehmen sind, d.h. in diesen Sonderfällen sollen trotz der vorgenannten BFH-Entscheidungen regelmäßige Arbeitsstätten in betrieblichen Einrichtungen von Kunden des Arbeitgebers begründet werden:

  • wenn ein Arbeitnehmer für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses mit der Zeitarbeitsfirma dem Entleiher überlassen oder
  • mit dem Ziel der späteren Anstellung beim Entleiher von der Zeitarbeitsfirma eingestellt wird.

Ausschlaggebend ist dabei, dass der Arbeitnehmer in diesen Fällen nicht damit zu rechnen hat, an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten eingesetzt zu werden. Vielmehr wird hier der Arbeitnehmer dauerhaft an einer regelmäßigen – wenn auch außerbetrieblichen – Arbeitsstätte tätig. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch auch, dass der Arbeitnehmer, der aufgrund der vorgenannten Sonderregelung eine regelmäßige Arbeitsstätte beim Entleiher begründet, für ebendiesen Entleiher auch Auswärtstätigkeiten durchführen und dafür steuerfreien Reisekostenersatz erhalten bzw. Reisekosten geltend machen könnte.

Zusammenfassend sollen die nachfolgenden drei Beispiele die erläuterten Unterschiede und steuerlichen Folgen einer regelmäßiger Arbeitsstätte bzw. einer Auswärtstätigkeit verdeutlichen:

1.) Ein technischer Zeichner ist von einer Zeitarbeitsfirma ausschließlich für die Überlassung an eine Baufirma eingestellt worden, wobei das Arbeitsverhältnis zwischen der Zeitarbeitsfirma und dem technischen Zeichner vertragsgemäß nach Abschluss des Bauvorhabens endet.

Der technische Zeichner begründet ab dem ersten Tag seiner Tätigkeit bei der Baufirma eine regelmäßige Arbeitsstätte, da seine Tätigkeit dort nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt ist. Da der Arbeitnehmer ausschließlich für die Überlassung bei dieser bestimmten Baufirma eingestellt wurde, wird er nicht anders behandelt, als wäre er unmittelbar bei der Baufirma eingestellt worden. Eine steuerfreie Erstattung von Reiskosten durch die Zeitarbeitsfirma ist somit nicht möglich, auch kann der technische Zeichner keine Werbungskosten für eine Reisetätigkeit in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen.

2.) Ein Bauarbeiter ist von einer Zeitarbeitsfirma ausschließlich für die Überlassung an eine Baufirma zum Einsatz auf einer Baustelle eingestellt worden, wobei das Arbeitsverhältnis zwischen der Zeitarbeitsfirma und ihm vertragsgemäß nach Abschluss des Bauvorhabens endet.

Obwohl der Bauarbeiter wie im Beispiel 1 ausschließlich für die Überlassung an eine Baufirma eingestellt worden ist, begründet er nach Auffassung des BMF dort keine regelmäßige Arbeitsstätte, d.h. er übt eine Auswärtstätigkeit aus. Diese Beurteilung beruht darauf, dass ebenso wie die von der Baufirma fest angestellten Bauarbeiter, die ihre regelmäßige Arbeitsstätte am Sitz der Baufirma haben und typischerweise an ständig wechselnden Baustellen eingesetzt werden, auch der von der Zeitarbeitsfirma überlassene Bauarbeiter qualifiziert wird. Dies hat zur Folge, dass eine steuerfreie Erstattung von Reiskosten durch die Zeitarbeitsfirma möglich ist.

3.) Ein Automobilunternehmen lagert seine Buchhaltung inkl. Gehaltsabrechnung an einen anderen Betrieb aus, der wiederum die Arbeitnehmer an das Automobilunternehmen entleiht und die Arbeitnehmer üben dort die gleiche Tätigkeit aus wie zuvor im Automobilunternehmen.

Im Rahmen von solchen Outsourcing-Fällen ist ebenfalls von einer regelmäßigen Arbeitsstätte beim Kunden auszugehen, denn dabei wird lediglich das Dienstverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber weitergeführt, an der regelmäßigen Arbeitsstätte des Arbeitnehmers ändert sich allerdings nichts. Ab dem ersten Tag der Tätigkeit liegt eine regelmäßige Arbeitsstätte in einer außerbetrieblichen Einrichtung vor, ein steuerfreier Reisekostenersatz ist nicht möglich.

Die Beurteilung des Vorliegens oder der Begründung einer regelmäßigen Arbeitsstätte nach der Neuregelung des Reisekostenrechts und der damit einhergehenden Beurteilung einer steuerfreien bzw. steuerpflichtigen Erstattung von Reisekosten stellt für die steuerliche Praxis eine erhebliche Herausforderung dar. Wir sind Ihnen dabei gerne behilflich, sprechen Sie uns an!

Ansprechpartner: Herr Peter Mosbach, Frau Katrin Köhler

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