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15.02.2017
Steuerrecht

BFH: offenbare Unrichtigkeit bei der Übernahme übermittelter Daten ohne Abgleich mit der Steuererklärung

Der BFH hat mittlerweile das Urteil des FG Düsseldorf bestätigt. Gleicht das Finanzamt bei einer Papiererklärung den elektronisch übermittelten und der Steuererklärung beigestellten Arbeitslohn generell nicht mit dem vom Steuerpflichtigen in der Einkommensteuererklärung erklärten Arbeitslohn ab und werden die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit im Einkommensteuerbescheid infolgedessen unzutreffend erfasst, liegt darin keine offenbare Unrichtigkeit i.S. des § 129 AO. Das Finanzamt kann somit nicht im Nachhinein berichtigen.
BFH, Urteil vom 16.01.2018, VI R 38/16
                                                                                                                   

FG Düsseldorf/FG Köln (Vorinstanzen)
In dem Urteil vom 11.10.2016 (10 K 1715/16 E) hat das FG Düsseldorf entschieden, dass eine Korrektur nach § 129 AO möglich ist, wenn elektronisch übermittelte Daten ohne Abgleich mit der Steuererklärung in den Bescheid übernommen werden. Das FG Münster hat jedoch am 21.07.2016 (9 K 2342/15 E) einen scheinbar ähnlich gelagerten Fall gegensätzlich entschieden.

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige bezog im Streitjahr 2013 Arbeitslohn aus zwei unterschiedlichen Arbeitsverhältnissen. Dabei war einer der Arbeitgeber, im Gegensatz zum in Nordrhein-Westfalen ansässigen Steuerpflichtigen, in Niedersachsen ansässig. Beide Arbeitgeber haben dem Finanzamt die entsprechenden Lohnsteuerbescheinigungen zum Abruf bereitgestellt. Vom Sachbearbeiter des Finanzamtes wurde beim Erlass des Bescheides aufgrund des ausschließlich länderweiten Datenabrufes nur eine Lohnsteuerbescheinigung berücksichtigt. Ein Abgleich mit der handschriftlich ausgefüllten Steuererklärung des Steuerpflichtigen erfolgte nicht.

Das Finanzgericht Münster hatte den Fall einer Steuerpflichtigen zu entscheiden, die im Streitjahr 2011 Einkünfte aus zwei verschiedenen Renten bezog. Dem Finanzamt lag jedoch nur die Mitteilung von Renteneinnahmen eines Anbieters vor. Der Sachbearbeiter des Finanzamtes hat bei der Bearbeitung der Steuererklärung lediglich die elektronisch übermittelte Rente berücksichtigt. Des Weiteren wurden Prüfhinweise sowie Angaben der Steuerpflichtigen in der Steuererklärung bearbeitet.

Beide Fehler wurden von den entsprechenden Finanzämtern innerhalb der Festsetzungsfrist entdeckt und als offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO korrigiert. Die Finanzgerichte mussten daher entscheiden, ob die Korrektur formell zulässig war.

Entscheidung

Eine offenbare Unrichtigkeit liegt nach § 129 AO regelmäßig dann vor, wenn dem Finanzamt beim Erlass des Bescheides Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeiten unterlaufen sind. Unter ähnlichen offenbare Unrichtigkeiten sind dabei Fehler zu verstehen, die auf einem mechanischen Versehen beruhen. Beispiele dafür sind insbesondere ein Übersehen, falsches Ablesen, falsches Übertragen oder Vergessen. Ist die Möglichkeit eines Rechtsirrtums gegeben, so ist eine Korrektur nach § 129 AO ausgeschlossen.

Die Offenbarkeit einer Unrichtigkeit ist dann gegeben, wenn die Unrichtigkeit von einem Dritten klar und deutlich erkennbar ist. Der Fehler darf sich nicht erst durch Einschätzungen oder Aussagen von Beteiligten offenbaren. Die Finanzgerichte stützen Ihre Entscheidung daher auf den Akteninhalt.

Grundsätzlich schließt ein Verschulden des Finanzbeamten sowie lediglich eine oberflächliche Bearbeitung des Steuerfalles die Korrektur nach § 129 AO nicht aus. Lediglich dann, wenn sich die Unachtsamkeit häuft und der Finanzbeamte sich aufdrängenden Zweifeln nicht nachgeht, ist eine Korrektur nach § 129 AO ausgeschlossen.

Dies wurde für den vom Finanzgericht Düsseldorf entschiedenen Fall nicht als einschlägig betrachtet. Es ist nicht ersichtlich, dass der Finanzbeamte überhaupt erkannt hat, dass die übernommenen elektronischen Daten von der Steuererklärung abwichen. Folglich konnten sich dem Sachbearbeiter keinerlei Zweifel aufdrängen. Des Weiteren wurden vom System auch keinerlei Prüfhinweise ausgegeben. Insoweit bestand kein Anlass, die Vollständigkeit der Daten erneut zu prüfen.

Für den vom Finanzgericht Münster entschiedenen Fall wurde entschieden, dass der Sachbearbeiter den sich aufdrängenden Zweifeln hätte nachgehen müssen. Aus den Akten ist ersichtlich, dass der Finanzbeamte Änderungen an den entsprechenden Eintragungen der Steuerpflichtigen vornahm. Des Weiteren hat der Finanzbeamte Prüfhinweise zu den Renteneinkünften bearbeitet. Der Sachbearbeiter hätte sich außerdem fragen müssen, wieso die entsprechenden Eintragungen der Steuerpflichtigen unter der Spalte „2. Rente“ erfolgte, obwohl nur eine Mitteilung über Renteneinkünfte abgerufen werden konnte.

Betroffene Norm

§ 129 AO

Anmerkungen

Nicht zu berücksichtigen war in den Streitfällen die seit 01.01.2017 geltende Neuregelung in § 175b AO. Danach ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden.

Fundstellen

BFH, Urteil vom 16.01.2018, VI R 38/16, nicht zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt (zu 10 K 1715/16 E) 
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 11.10.2016, 10 K 1715/16 E
Finanzgericht Münster, Urteil vom 21.07.2016, 9 K 2342/15 E
siehe auch:
BFH, Urteil vom 16.01.2018, VI R 41/16

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