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01.03.2016
Steuerrecht

BMF: Die steuerliche Berücksichtigung eines volljährigen Kindes

I. Allgemeines

In seinem Schreiben vom 08.02.2016 hat das BMF ausführlich dargestellt, inwiefern ein volljähriges Kind ab dem Jahr 2012 steuerlich berücksichtigungsfähig ist und somit ein Anspruch der Eltern auf die Inanspruchnahme des Kinderfreibetrages besteht.

Ein volljähriges Kind ist steuerlich insoweit berücksichtigungsfähig, als dass es seine erste Berufsausbildung oder sein Erststudium noch nicht beendet hat. Daneben ist es nur dann zu berücksichtigen, sofern es sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr ableistet. In allen Fällen ist erforderlich, dass das Kind die Altersgrenze von 25 Jahren noch nicht erreicht hat.
Ausgenommen hiervon sind Kinder mit einer Behinderung, sofern die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahrs eingetreten ist.
Hat das Kind bereits eine Erstausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen, ist es bis zu seinem 25. Lebensjahr berücksichtigungsfähig, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.
Im Übrigen gilt die gesetzliche Vermutung, dass ein volljähriges Kind nach Abschluss seiner Erstausbildung/seines Erststudiums selbst für sich sorgen kann.
Eigene Bezüge eines berücksichtigungsfähigen Kindes sind ab dem Jahr 2012 unbedeutend.

II. Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums

1. Erstmalige Berufsausbildung
Eine Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG ist eine berufliche Ausbildungsmaßnahme, durch welche die notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse erworben werden, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen und dabei kein Studium darstellt. Gefordert wird ein öffentlich-rechtlich geordneter Ausbildungsgang, welcher durch eine Prüfung zum Abschluss gebracht wird.

2. Erststudium
Ein Studium gemäß § 32 Abs. 4 S. 2 EStG ist dann zu bejahen, wenn dieses an einer Hochschule im Sinne der Hochschulgesetze der Länder absolviert wird. Hierzu gehören Universitäten, Pädagogische Hochschulen, Kunsthochschulen, Fachhochschulen und sonstige Einrichtungen des Bildungswesens, die nach dem jeweiligen Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Dem gleichzustellen sind private und kirchliche Bildungseinrichtungen u. a.
Das Studium gilt mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses als abgeschlossen, sofern der Absolvent zuvor nicht bereits eine Vollzeiterwerbstätigkeit in seinem studierten Berufsfeld begonnen hat. Das Bestehen einer Zwischenprüfung ist kein Abschluss im Sinne des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG.
Zum Abschluss eines Studiums wird regelmäßig nach bestandener Prüfung ein Hochschulgrad verliehen. Neben den Hochschulgraden Bachelor-, Master-, Diplom-, Magister- und Bakkalaureusgrad können die Länder nach dem jeweiligen Landesrecht weitere Hochschulgrade vorsehen.
Die Berufsausbildung oder das Studium sind als „erstmalig“ zu qualifizieren, sofern dem keine andere abgeschlossene nichtakademische Berufsausbildung und kein berufsqualifizierendes beendetes Studium vorangegangen sind. Dies gilt ebenso für Berufsbildungen bzw. Studienleistungen, welche im Ausland abgeschlossen wurden und einer inländischen Berufsausbildung bzw. Studien- und Prüfungsleistung gleichgestellt sind.

3. Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums
Die erstmalige Berufsausbildung oder das Erststudium gilt als abgeschlossen, wenn die Qualifikation des Kindes zur Aufnahme des erstrebten Berufs vorliegt. Eine weitere oder weitergehende Ausbildung/weiteres Studium stellen in diesem Fall eine Zweitausbildung/-studium dar.
Ob es sich um eine Zweitausbildung oder ergänzende Weiterbildung handelt, die noch der Erstausbildung zugeordnet werden kann, ist im Einzelfall zu prüfen. Sofern das Kind objektiv noch nicht zur Ausübung des beabsichtigten Berufs befähigt ist, kann die beabsichtigte Weiterbildungsmaßnahme noch der Erstausbildung zugeordnet werden. Wichtige Kriterien für diese Beurteilung sind der sachliche und zeitliche Zusammenhang der weitergehenden Bildungsmaßnahme:

a) Sachlicher Zusammenhang
Die weitere Bildungsmaßnahme betrifft denselben Fachbereich wie die vorangegangene Ausbildung.

b) Zeitlicher Zusammenhang
Die nachfolgende Bildungsmaßnahme folgt der vorhergehenden unmittelbar bzw. ohne persönlich zu vertretende Verzögerung.

Wenn jedoch der erstrebte Beruf von vornherein keinen weiteren Abschluss erfordert, so handelt es sich immer um eine nicht berücksichtigungsfähige Zweitausbildung.

III. Erwerbstätigkeit

Sofern das Kind eine Erstausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen hat, ist es bis zu seinem 25. Lebensjahr steuerlich berücksichtigungsfähig, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.
Die Erwerbstätigkeit eines Kindes ist zu bejahen, wenn es einer auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Beschäftigung nachgeht, die den Einsatz seiner persönlichen Arbeitskraft erfordert. In den folgenden Fällen ist das Vorliegen einer Erwerbstätigkeit hingegen unschädlich:

a) Eine Erwerbstätigkeit bis zu 20 Stunden vertraglich vereinbarter regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit
b) Vorliegen eines Ausbildungsdienstverhältnisses
c) Eine geringfügige Beschäftigung mit einem monatlichen Arbeitslohn von weniger als 450 Euro

IV. Behinderte Kinder

Ist ein Kind aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht imstande für sich selbst zu sorgen, so ist es auch über das 25. Lebensjahr hinaus steuerlich berücksichtigungsfähig, falls die Behinderung bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahrs eingetreten ist.
Es wird regelmäßig davon ausgegangen, dass ein Kind nicht in der Lage ist sich selbst zu unterhalten, wenn der allgemeine Lebensbedarf bis zum Grundfreibetrag und zusätzlich der individuelle behinderungsbedingte Mehrbedarf aus eigenen Mitteln nicht gedeckt wird. Bei der Ermittlung der Höhe der eigenen Mittel wird das verfügbare Nettoeinkommen des Kindes und die Leistungen Dritter berücksichtigt.
 

Fundstelle

BFM, Schreiben vom 08.02.2016, IV C 4 - S 2282/07/0001-01

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