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16.12.2010
Thema des Monats

Steuerliche Änderungen zum Jahreswechsel 2010/2011

Jahressteuergesetz 2010, Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2011, dazu ELENA und ELStAM – auch der Jahreswechsel 2010/2011 hält für die Entsende- und Vergütungspraxis steuerliche Neuerungen parat.

Am 28.10.2010 hat der Bundestag den Entwurf des Jahressteuergesetzes 2010 beschlossen, dem am 26.11.2010 der Bundesrat entsprechend zustimmte. Einen Überblick zum Gesetzgebungsverfahren finden Sie in unseren Deloitte Tax-News. Das Jahressteuergesetz 2010 ist kein in sich geschlossenes Gesetz, sondern dient der Umsetzung einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen aus dem gesamten Steuerrecht. Das Jahressteuergesetz 2010 ist am 13.12.2010 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und zum größten Teil am 14.12.2010 in Kraft getreten.

Die Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien passierten den Bundesrat am 05.11.2010 und gelten grundsätzlich für Lohnzahlungszeiträume ab 2011, mitunter aber auch schon für Zeiträume vor 2011.

Pünktlich zum Jahreswechsel möchten wir Ihnen daher die für die Entsende- und Vergütungspraxis relevantesten Änderungen mit Stand vom 14.12.2010 vorstellen sowie auf einzelne Änderungen und Besonderheiten im Detail eingehen.

Jahressteuergesetz 2010

Änderungen Lohnsteuer & Private Einkommensteuer

Maßnahme Zeitpunkt Anmerkungen
Sonderausgabenabzug für fiktiv unbeschränkt Steuerpflichtige (§ 1a Abs. 1 Nr. 1b EStG) Ab Veranlagungszeitraum (VZ) 2010 Abzug von Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs, wenn die ausgleichsberechtigte Person im Inland fiktiv unbeschränkt steuerpflichtig ist.
Steuerfreistellung für ehrenamtliche Betreuer (§ 3 Nr. 26b EStG) Ab VZ 2011 Steuerfreiheit für Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Vormünder, Betreuer und Pfleger. Höchstens steuerfrei sind € 2.100, wobei die steuerfreien Einnahmen aus einer sog. nebenberuflichen Übungsleitertätigkeit gem. § 3 Nr. 26 EStG einzubeziehen sind; der Ehrenamtspauschbetrag i.H.v. € 500 (§ 3 Nr. 26a S. 2 EStG) entfällt dann.
Häusliches Arbeitszimmer (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b Satz 2, 3 EStG) Rückwirkend ab VZ 2007 (in allen nicht bestandskräftigen Fällen) Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bis zur Höhe von € 1.250 jährlich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Anmerkung: Ein Abzug in grundsätzlich unbegrenzter Höhe ist jedoch möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Sonderausgabenabzug (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 4 EStG) Ab VZ 2011 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die in einem Jahr für ein anderes Jahr geleistet werden, sind in dem Jahr als Sonderausgaben zu erfassen, für das die Beiträge geleistet werden und nicht mehr im Zahlungsjahr (Abflussprinzip), wenn diese das Zweieinhalbfache der auf den VZ entfallenden Beiträge übersteigen.
Kirchensteuer als Sonderausgabe (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG) Ab VZ 2011 Ausschluss des Sonderausgabenabzuges für Kirchensteuer aus Kapitalerträgen, die nicht dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben.
Mitteilung der Krankenkassendaten (§§ 10 Abs. 2 S. 3, 10 Abs. 2a Satz 4 EStG) Ab VZ 2011 Gewährung des Sonderausgabenabzugs für Aufwendungen für die Kranken- & Pflegevorsorge knüpft an die von der Person tatsächlich geleisteten Beiträge an. Abzug deshalb nur, wenn der Steuerpflichtige der Finanzverwaltung die für die steuerliche Berücksichtigung erforderlichen Angaben mitteilt, wobei die Einwilligung als erteilt gilt, wenn die Daten mit der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung an die Finanzverwaltung übermittelt werden.
Erstattungszinsen sind Kapitaleinkünfte (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Auf alle noch nicht bestandskräftigen Veranlagungen Erstattungszinsen i.S. des § 233a AO stellen Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Nachzahlungszinsen bleiben weiterhin nicht abzugsfähig. Anmerkung: Die Erfassung der Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen steht dem BFH-Urteil vom 15.06.2010 entgegen. Hinsichtlich der rückwirkenden Anwendung werden bereits verfassungsrechtliche Bedenken geäußert.
Sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 1b EStG) Ab VZ 2010 Versteuerung von Versorgungsleistungen durch den Zahlungsempfänger, die beim Zahlungsverpflichteten als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) abgezogen werden können, unabhängig davon, ob sich der Sonderausgabenabzug tatsächlich beim Zahlungsverpflichteten steuerlich auswirkt.
Ausnahmetatbestand für Veräußerungsgeschäfte mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG) Für alle Anschaffungen auf Basis eines nach dem Tag der Verkündung des JStG 2010 rechtskräftig abgeschlossenen Vertrages Die Veräußerung von Gegenständen des täglichen Gebrauchs (z.B. Pkw) inerhalb der Haltefrist von einem Jahr führt aufgrund der Neuregelung nicht zu einem steuerlich relevanten privaten Veräußerungsgeschäft, unabhängig, ob hieraus ein Gewinn oder Verlust erzielt wird.
Steuerabzug für Handwerkerleistungen (§ 35a Abs. 3 EStG) Für im VZ 2011 geleistete Zahlungen für Aufwendungen, die nach dem 31.12.2010 erbracht werden Öffentlich geförderte Maßnahmen, für die zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse tatsächlich in Anspruch genommen werden, sind vom Steuerabzug für Handwerkerleistungen ausgenommen.
Elektronische Lohnsteuerabzugsmerk-male (ELStAM) Ab 2012 Verschiebung der erstmaligen Anwendung von 2011 auf 2012 (s.u.)
Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung bei Einträgen auf der Lohnsteuerkarte (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG) Ab VZ 2009 Keine Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung, wenn der insgesamt im Kalenderjahr erzielte Arbeitslohn € 10.200 (Einzelveranlagung) bzw. € 19.400 nicht übersteigt. Bis zu diesen Beträgen entsteht aufgrund von möglichen Freibeträgen und Pauschalen keine Einkommensteuerschuld.

Lohnsteuer-Änderungsrichtlinien 2011

Maßnahme Zeitpunkt Anmerkungen
Steuerfreiheit von bestimmten Lohnzahlungen (R 3.33 Abs. 5 LStÄR) In allen offenen Fällen, da lediglich Klarstellung Die Steuerfreiheit von Zusatzleistungen des Arbeitgebers (z.B. Kinderbetreuungskosten von nicht schulpflichtigen Kindern nach § 3 Nr. 33 EStG, Leistungen zur Verbesserung des Gesundheitszustandes der Mitarbeiter nach § 3 Nr. 34 EStG) ist grundsätzlich nur dann gegeben, wenn diese Leistung zusätzlich zum arbeitsrechtlich ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Dem Grunde nach gilt dies auch weiterhin, allerdings geht die Finanzverwaltung nun auch dann von einer zusätzlichen Leistung aus, wenn diese unter Anrechnung auf eine andere freiwillige Sonderzahlung (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) erbracht werden.
Gestellung von Mahlzeiten bei Auswärtstätigkeit (R 8.1 Abs. 8 LStÄR) Grundsätzlich rückwirkend ab dem 01.01.2010 Die Erfassung von Mahlzeiten bei Auswärtstätigkeit kann mit dem Sachbezugswert erfolgen, wenn die Abgabe der Mahlzeiten vom Arbeitgeber veranlasst ist, er also Tag und Ort der Abgabe bestimmt. Dies soll nun bereits dann erfüllt sein, wenn die Aufwendungen vom Arbeitgeber dienst- oder arbeitsrechtlich ersetzt werden und die Rechnung auf den Arbeitgeber ausgestellt ist.
Unfallkosten bei Firmenwagen (R 8.1 Abs. 9 LStÄR) Ab Lohnzahlungszeitraum 2011 Vom Arbeitgeber übernommene Unfallkosten sind nicht mehr mit dem lohnsteuerlich erfassten geldwerten Vorteil der Firmenwagengestellung nach der sogenannten 1%-Regelung abgedeckt noch sind sie bei der Ermittlung der Gesamtkosten des Firmenwagens für die sogenannte Fahrtenbuchmethode einzubeziehen. Soweit der Arbeitgeber Kosten übernimmt, die aus einem Unfall während einer Privatfahrt resultieren und der Arbeitgeber keine Schadensersatzansprüche gegenüber dem Mitarbeiter geltend macht, liegt in der Übernahme der Unfallkosten ein zusätzlicher geldwerter Vorteil vor. Vereinfachungsregelung: Soweit die Unfallkosten den Betrag von € 1.000 (netto) nicht übersteigen, sind diese Kosten weiterhin im Pauschalwert enthalten bzw. können in die Gesamtkosten einbezogen werden.
Übernahme von Fortbildungskosten (R 19.7 Abs. 1 S. 4 LStÄR) Grundsätzlich ab Lohnzahlungszeitraum 2011, aber bereits für Jahre vor 2011 anwendbar, sofern noch nicht bestandskräftig Fortbildungskosten eines Arbeitnehmers stellen dann keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, wenn diese Fortbildungsmaßnahmen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden. Unschädlich für die Annahme des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses ist nun auch, wenn der Mitarbeiter für die Fortbildungsmaßnahme zugleich auch der Rechnungsempfänger ist. Allerdings muss der Arbeitgeber hier bereits vor Durchführung der Fortbildungsmaßnahme den Ersatz der Aufwendungen schriftlich zugesagt hat. Dies kann entweder in allgemeiner Form oder für eine konkrete Bildungsmaßnahme vor Vertragsabschluss erfolgen.

Sonstige Änderungen und Hinweise

Maßnahme Zeitpunkt Anmerkungen
Freistellungsaufträge bei Banken nur mit Steuer-Identifikationsnummer Gültig für ab dem 01.01.2011 erteilte oder geänderte Freistellungsaufträge Ab dem 01.01.2011 neu erteilte oder geänderte Freistellungsaufträge bei Banken sind nur dann wirksam, wenn diese die Steuer-Identifikationsnummer des Kontoinhabers und ggf. des Ehegatten enthalten. Bestehende Freistellungsaufträge behalten aber weiterhin bis Ende 2015 ihre Gültigkeit; ab 2016 ist auch hier zwingend die Steuer-Identifikationsnummer zu erfassen.

Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für 2010 für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer

Für Arbeitnehmer, die in der Bundesrepublik Deutschland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, wird keine Lohnsteuerkarte ausgestellt. Will der Arbeitgeber den Lohnsteuereinbehalt für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer im Jahr 2010 nicht nach Steuerklasse 6, sondern nach Steuerklasse 1 vornehmen, muss vom Arbeitgeber bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2010 eben dieser Antrag beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt gestellt werden.

Hinweis: Liegt Ihnen für Ihre beschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmer bisher noch keine Bescheinigung Ihres Betriebsstättenfinanzamtes vor und wollen Sie die Lohnsteuer nicht nach Steuerklasse 6 einbehalten, müssen Sie noch bis zum Jahresende 2010 die entsprechende Bescheinigung beantragen.

Lohnsteuerkarte 2010, Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) und ELENA

Die Gemeinden stellen Lohnsteuerkarten letztmalig für das Kalenderjahr 2010 aus, bevor ab dem Jahr 2012 alle steuerlich relevanten Daten elektronisch zur Verfügung stehen sollen. Für das Übergangsjahr 2011 muss deshalb der Lohnsteuerabzug ohne neue Lohnsteuerkarte erfolgen, d.h. die Lohnsteuerkarte für das Jahr 2010 mit den dort eingetragenen Besteuerungsmerkmalen und Freibeträgen behält für den Lohnsteuerabzug vom Arbeitslohn ab dem 01.01.2011 weiterhin seine Gültigkeit. Nach Ablauf des Jahres 2010 darf der Arbeitgeber die Lohnsteuerkarte nicht vernichten, sondern muss sie weiterhin beim Lohnkonto des Arbeitnehmers aufbewahren. 

Das BMF erläutert in seinem umfangreichen Schreiben, welche Besonderheiten für das Lohnsteuerabzugsverfahren ab dem Jahr 2011 zu beachten sind, vgl. dazu auch unseren Artikel in den Deloitte Tax News vom 28.10.2010.

Der verpflichtende Datenabruf im Rahmen des ELENA – Projektes wird anstatt zum 01.01.2012 erst zum 01.01.2014 eingeführt werden. Durch die Verschiebung des verpflichtenden Datenabrufs ändert sich jedoch die Verpflichtung der monatlichen elektronischen Übermittlung der Entgeltdaten der Beschäftigten nicht.

Ausblick - Steuervereinfachung

Das Bundesministerium der Finanzen hat eine Zusammenstellung der steuervereinfachenden Maßnahmen veröffentliche, auf die sich der Koalitionsausschuss von CDU, CSU und FDP geeinigt hat. Einige der geplanten Änderungen sind dabei:

  • Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von € 920 auf € 1.000
  • Keine Unterscheidung mehr, ob Kinderbetreuungskosten beruflich bedingt oder privat veranlasst sind 
  • Verzicht auf die Einkommensüberprüfung für ein volljähriges Kind, das sich noch in Ausbildung befindet
  • Vereinfachtes Nachweisverfahren für Spenden in Katastrophenfällen 
  • Vereinfachung des steuerlichen Reisekostenrechtes 
  • Bereitstellung vorausgefüllter papierloser Einkommensteuererklärungen 

Sobald einzelne Maßnahmen beschlossen wurden, werden wir an dieser Stelle darüber berichten.

Weiterer Beitrag zum Thema

Auf einen Blick: Zahlen und Fakten zur Lohnsteuer und Sozialversicherung in 2011

Ihr Ansprechpartner

Peter Mosbach I Düsseldorf

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