Lohn- und einkommensteuerliche Behandlung sowie Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung von Zeitwertkontenmodell
Am 17.06.2009 hat das BMF sein Schreiben zur lohn- und einkommensteuerlichen Behandlung sowie zu den Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung von Zeitwertkontenmodellen veröffentlicht. Nachfolgend möchten wir Ihnen die Kernpunkte der steuerlichen Behandlung von Zeitwertkontenmodellen sowie des entsprechenden BMF-Schreibens zusammenfassen, das im Wesentlichen der bisherigen steuerlichen Praxis entspricht.
Wesenstypisch für Zeitwertkontenmodelle ist eine arbeitsrechtlich verbindliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, laut der der Arbeitnehmer künftig fällig werdenden Arbeitslohn nicht sofort ausbezahlt erhält, sondern dieser Arbeitslohn in sog. Ansparphasen vom Arbeitgeber vorerst nur betragsmäßig erfasst und zunächst nicht der Lohnsteuer unterworfen wird. In einer späteren Freistellungsphase kann sich der Arbeitnehmer diesen Arbeitslohn im Zusammenhang mit einer vollen oder teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung während seines noch fortbestehenden Dienstverhältnisses (z.B. im Rahmen von Sabbatjahren oder einem vorzeitigen Ruhestand) auszahlen lassen. Erst zu diesem Zeitpunkt ist Lohnsteuer auf den Arbeitslohn einzubehalten und abzuführen. Somit zählen die Zeitwertkontenmodelle zu den wenigen Ausnahmen einer sog. „deferred compensation“ in Deutschland, bei denen eine Verschiebung des Lohnzuflusses beim Arbeitnehmer auf einen späteren Zeitpunkt steuerlich anerkannt wird.
Teilnahmeberechtigt an Zeitwertkontenmodellen sind grundsätzlich alle in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis stehende Arbeitnehmer (§ 1 LStDV) einschließlich geringfügig entlohnter Beschäftigter (§ 8 bzw. § 8a SGB IV). Einschränkungen ergeben sich jedoch u.a. bei Organen von Körperschaften (z.B. Geschäftsführer, Vorstände etc.). Hiernach sind Vereinbarungen über die Einrichtung von Zeitwertkonten nicht mit dem Aufgabenbild des Organs vereinbar, so dass Zuführungen zum Zeitwertkonto während der Zeit der Organstellung steuerlich nicht anerkannt werden und zu einem direkten Zufluss von steuerpflichtigem Arbeitslohn führen. Vor Beginn sowie nach Beendigung der Organstellung aufgebaute Guthaben sind jedoch steuerlich anzuerkennen. Diese Grundsätze gelten entsprechend für Arbeitnehmer, die beherrschende Anteilseigner von Körperschaften sind.
Die Wertgutschrift auf dem Zeitwertkonto (aus laufendem Arbeitslohn, Einmal- und Sonderzahlungen) kann aus Vereinfachungsgründen auch bereits erdienten, aber noch nicht fällig gewordenen Arbeitslohn umfassen. Ein steuerpflichtiger Lohnzufluss liegt erstmals bei Auszahlung des Wertguthabens in der Freistellungsphase des Arbeitnehmers vor. Diese Grundsätze gelten ebenso für die Zinsen bei verzinslichen Wertguthaben; die Zinsen erhöhen das Guthaben, sind jedoch erst bei Auszahlung an den Arbeitnehmer steuerpflichtig.
Grundsätzlich können nur dann Beträge steuerfrei dem Zeitwertkonto zugeführt werden, wenn sichergestellt ist, dass diese Beträge auch tatsächlich durch eine entsprechende Freistellung aufgebraucht werden können. Generell ist hierfür einmal jährlich eine Prognoseentscheidung zu treffen. Wenn feststeht, dass die dem Konto zugeführten Beträge bis zur Regelaltersgrenze nicht mehr verwendet werden können, liegt eine Einkommensverwendung und damit sofortiger steuerpflichtiger Lohnzufluss beim Arbeitnehmer vor.
Ein Zeitwertkonto kann auch als Depotkonto oder Fonds bei einem Dritten geführt werden. In diesem Fall darf der Arbeitnehmer jedoch keinen unmittelbaren Rechtsanspruch gegen den Dritten haben, wobei für die steuerliche Anerkennung die Mitwirkung über die Art der Anlage der gutgeschriebenen Beträge unschädlich ist. Die Vermögensänderungen sind erst bei Auszahlung der Beträge in der Freistellungsphase vom Arbeitnehmer zu versteuern.
Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer gewährleisten muss, dass bei planmäßiger Inanspruchnahme seines Zeitwertkontos zumindest der Rückfluss der dem Konto gutgeschriebenen Arbeitslöhne garantiert ist (sog. Zeitwertkontengarantie), Wertschwankungen während der Ansparphase sind hierbei steuerlich unbeachtlich. Dies gilt auch im Falle der Führung des Zeitwertkontos durch einen externen Dritten. Sollte eine Zeitwertkontengarantie seitens des Arbeitgebers nicht vorliegen, muss eine vergleichbare Garantie durch den externen Dritten, d.h. das Anlageinstitut, vorliegen.
Steuerlich anerkannt werden Zeitwertkonten auch dann, wenn vereinbart ist, dass der Arbeitnehmer sich aufgrund einer existenzbedrohenden Notlage sein Zeitwertkonto oder Teile dessen auszahlen lassen darf. Sollte eine außerplanmäßige Auszahlung ohne das Vorliegen einer solchen existenzbedrohenden Notlage erfolgen, ist hingegen eine steuerschädliche Lohnverwendung in Höhe des gesamten Guthabens anzunehmen (sog. planwidrige Verwendung). Eine planwidrige Verwendung im Sinne des BMF-Schreibens liegt im Übrigen dann vor, wenn das Dienstverhältnis vor oder während der Freistellungsphase beendet wird und das Guthaben ausbezahlt wird bzw. durch planwidrige Weiterbeschäftigung die Freistellung nicht eintritt oder verkürzt wird. Eine Übertragung des Zeitwertkontos auf einen neuen Arbeitgeber oder die deutsche Rentenversicherung Bund ist hingegen möglich und führt für sich genommen nicht zu einem beim Arbeitnehmer steuerpflichtigen Lohnzufluss.
Auch für Mitarbeiter, die nach Deutschland entsandt werden, kann unter Erfüllung zusätzlicher Voraussetzungen die Teilnahme an einem Zeitwertkontenmodell ermöglicht werden. Für Arbeitnehmer, die aus Deutschland ins Ausland entsandt werden, ist jedoch der besondere Einzelfall hinsichtlich einer fortbestehenden Teilnahme am Zeitwertkontenmodell auch während der Entsendung detailliert zu prüfen, um gegebenenfalls steuerliche Nachteile während des Auslandseinsatzes zu vermeiden.
Insgesamt bleibt zu beachten, dass vom Begriff des Zeitwertkontos die sog. Flexi- oder Gleitzeitkonten nicht erfasst sind. Dies sind beispielsweise Konten zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sowie der Gestaltung des Ausgleichs der betrieblichen Produktions- und Arbeitszeitzyklen.
Das BMF-Schreiben vom 17.06.2009 ist grundsätzlich rückwirkend ab dem 01.01.2009 anzuwenden, jedoch sind gewisse Übergangsregelungen aus Vertrauensschutzgründen vorgesehen. Da der Gesetzgeber die steuerliche Behandlung der Zeitwertkontenmodelle rechtlich nicht fixiert hat, empfehlen wir Ihnen trotz der Veröffentlichung des o.g. BMFSchreibens vor Aufsetzung eines Zeitwertkontenmodells eine Lohnsteueranrufungsauskunft i.S.d. § 42e EStG bei Ihrem zuständigen Betriebsstättenfinanzamt einzuholen. Wir beraten Sie dabei gern, sprechen Sie uns an!