Sächsisches FG: Zinsfestsetzung bei Einreichung eines Besteuerungsnachweises i. S. d. § 50d Abs. 8 EStG
Wird eine Steuerfestsetzung geändert, weil ein Nachweis der ausländischen Besteuerung gem. § 50d Abs. 8 EStG erst im Nachhinein erbracht wurde, so beginnt der Zinslauf für die hieraus resultierende Steuererstattung weiterhin bereits 15 Monate nach Ablauf des betreffenden Veranlagungszeitraums.
Sachverhalt
Im vorliegenden Fall wurden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, welche nach dem anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen von der deutschen Besteuerung freizustellen waren, zunächst vollumfänglich der inländischen Besteuerung unterworfen, da kein Nachweis der ausländischen Besteuerung (§ 50d Abs. 8 EStG) erbracht wurde. Auf die hieraus resultierende Einkommensteuernachzahlung wurden zutreffend (Nachzahlungs-)Zinsen gemäß § 233a AO festgesetzt. Nachdem der Steuerpflichtige den nach § 50d Abs. 8 EStG erforderlichen Nachweis beigebracht hatte, wurde die Steuerfestsetzung geändert und die ausländischen Einkünfte von der inländischen Besteuerung freigestellt. Strittig blieb, ob die zunächst festgesetzten Nachzahlungszinsen wieder zu erstatten seien oder ob es sich bei Einreichung des Besteuerungsnachweises um ein rückwirkendes Ereignis (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) handeln würde (und die erste Zinsfestsetzung somit weiterhin Bestand hätte).
Entscheidung
Nach § 233a Abs. 7 Satz 2 AO entfallen bei einer zugunsten des Steuerpflichtigen geänderten Steuerfestsetzung zuvor festgesetzte (Nachzahlungs-)Zinsen frühestens ab Beginn des für die Änderung maßgebenden Zinslaufs. Bei Vorliegen eines rückwirkenden Ereignisses beginnt der Zinslauf erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist (§ 233a Abs. 2a AO). Zuvor festgesetzte Zinsen würden nach der Regelung des § 233a Abs. 7 Satz 2 AO endgültig bestehen bleiben.
Das Sächsische Finanzgericht hat sich im vorliegenden Fall mit Urteil vom 22.11.2016 jedoch nicht der Auffassung der Finanzverwaltung angeschlossen, dass es sich bei Einreichung eines Nachweises im Sinne des § 50d Abs. 8 EStG um ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO handelt. Die Zinsen waren daher nicht unter Berücksichtigung eines später begonnenen Zinslaufs zu berechnen, sondern unter Hinzuziehung des „normalen“ Zinslaufes (15 Monate nach Ablauf des betreffenden Veranlagungszeitraumes) zu ermitteln. Das Finanzgericht entschied somit, dass die zuvor festgesetzten (Nachzahlungs-)Zinsen wieder zu erstatten und Zinsen insgesamt auf null festzusetzen seien.
In der Urteilsbegründung hat das Finanzgericht ferner klargestellt, dass die Regelung des § 50d Abs. 8 Satz 2 EStG die verfahrensrechtliche korrekte und eigenständige Grundlage für die Änderung des bestandskräftigen Steuerbescheides gewesen wäre. Einen Rückgriff – wie durch die Finanzverwaltung – auf die Vorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (Änderung aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses) hätte es nicht bedurft. Es wurde betont, dass der Verweis in § 50d Abs. 8 Satz 3 EStG auf die Regelung des § 175 Abs. 1 Satz 2 AO sich ausschließlich auf Fragen der Festsetzungsverjährung bezieht. Hieraus sei nicht zu schließen, dass die Einreichung des Besteuerungsnachweises ein rückwirkendes Ereignis darstellt.
Betroffene Norm
§ 175 AO, § 233a AO, § 50d Abs. 8 EStG
Anmerkungen
Der Auffassung des Finanzgerichts ist aus Beratersicht zuzustimmen. Gleichwohl ist in der Praxis teilweise zu beobachten, dass beantragte Änderungen bereits bestandskräftiger Steuerfestsetzungen durch die Finanzverwaltung – wie vorliegend – unter Rückgriff auf die Regelung des § 175 Abs. 1 S.1 Nr. 2 AO statt auf die Regelung des § 50d Abs. 8 Satz 2 EStG erfolgen. Bei Änderung nach § 50d Abs. 8 Satz 2 EStG werden von Amts wegen Zinsen festgesetzt/angepasst. Bei Änderung aufgrund des Vorliegens eines rückwirkenden Ereignisses erfolgt häufig jedoch keine Zinsfestsetzung. Insbesondere in Fällen, in denen der freizustellende Arbeitslohn zunächst in vollem Umfang dem inländischen Lohnsteuerabzug unterworfen wurde, können sich Erstattungszinsen schnell auf einen drei- bis vierstelligen Betrag belaufen. Steuerfestsetzungen, welche aufgrund des Einreichens eines Besteuerungsnachweises geändert werden, sind aus Beratersicht somit weiterhin mit besonderem Augenmerk auf die Zinsfestsetzung zu prüfen. Im vorliegenden Fall wurde die Revision zwar zugelassen, jedoch seitens der Finanzverwaltung nicht eingelegt.
Fundstelle
Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 22.11.2016, 3 K 450/16, EFG 2017, 712.