BFH: Rechtsprechungsänderung zur stufenweisen Ermittlung der zumutbaren Belastung
Sachverhalt
Der Kläger hatte zusammen mit seiner Ehefrau Krankheitskosten in Höhe von 4.148 Euro als außergewöhnliche Belastungen in der gemeinsamen Einkommensteuererklärung erklärt. Von Ihren Ausgaben bleibt ein bestimmter Betrag steuerlich unberücksichtigt, die sog. zumutbare Belastung. Bei zusammen veranlagten Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartnern errechnet sich die zumutbare Belastung nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte. Da dieser im vorliegenden Fall über 51.130 Euro lag, berechnete das Finanzamt die zumutbare Belastung unter Anwendung des höchstmöglichen Prozentsatzes von 4 %. Die Krankheitskosten der Eheleute wirkten sich nach dem Abzug der zumutbaren Belastung nur noch mit 2.069 Euro steuermindernd aus.
Entscheidung
Der BFH hat dem Kläger in der Form Recht gegeben, indem er die zumutbare Belastung neu ermittelt hat: Bei der nun gestuften Ermittlung (vorliegend Gesamtbetrag der Einkünfte mit einem oder zwei Kinder: 2 % bis 15.340 Euro, 3 % bis 51.130 Euro und 4 % erst in Bezug auf den die Grenze von 51.130 Euro übersteigenden Teil der Einkünfte) erhöhen sich die zu berücksichtigenden Krankheitskosten um 664 Euro.
Bislang ging die Finanzverwaltung davon aus, dass sich die Höhe der zumutbaren Belastung einheitlich nach dem höheren Prozentsatz richte, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte einen Grenzbetrag des § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG überschreitet. Danach war der höhere Prozentsatz auf den Gesamtbetrag aller Einkünfte anzuwenden.
Der BFH hat nun entschieden, dass nur noch der Teil des Gesamtbetrages der Einkünfte, der den Stufengrenzbetrag des § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG übersteigt, der mit dem jeweils höheren Prozentsatz zu belasteten ist.
Betroffene Norm
§ 33 Abs. 3 EStG
Art. 3 Abs. 1 GG
§ 3 Nr. 11 EStG
§ 10 EStG
Anmerkungen
Es wurde bereits entschieden, dass der Ansatz einer zumutbaren Belastung auch bei Krankheitskosten verfassungsmäßig ist. Eine anschließende Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Damit gilt als sicher, dass die zumutbare Belastung an sich verfassungsgemäß ist. Bisher haben die Finanzämter Steuerbescheide in diesem Punkt vorläufig festgesetzt.
Vorinstanz
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24.11.2014 - 10 K 798/14.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 19.1.2017, VI R 75/14.
Weiterführende Literatur
BFH, Pressemitteilung vom 29.03.2017, Nr. 19/2017.
