BFH: Kein Sonderausgabenabzug für Vorsorgeaufwendungen bei Bezug von steuerfreiem Arbeitslohn aus einer Tätigkeit in einem Drittstaat
Flexibles Arbeiten ist in der modernen Arbeitswelt von heute eine Selbstverständlichkeit, um individuellen Lebensentwürfen Rechnung zu tragen und gleichzeitig die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen zu sichern. Die wachsende Vielfalt von Arbeitsformen eröffnet neue Chancen, birgt allerdings auch Herausforderungen. Wenn ein Steuerpflichtiger von seinem Arbeitgeber in eine Niederlassung außerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums (in ein sog. Drittland) entsandt wird, schließt das Einkommensteuergesetz den Abzug von Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben aus, soweit diese in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen aus einem solchen Drittland stehen. In einem aktuellen Urteil hat der BFH dieses Abzugsverbot bestätigt. Dieser Grundsatz stellt auch dann keinen Verfassungsverstoß dar, wenn im Tätigkeitsstaat keine steuerliche Entlastung für diese Aufwendungen gewährt wird.
Sachverhalt
Der Kläger war im Streitjahr 2016 von seinem inländischen Arbeitgeber vorübergehend in die Volksrepublik China entsandt und erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, die zu 12,28% dem Inland und zu 87,72% China zuzuordnen waren. Während seiner Tätigkeit in China zahlte der Kläger seine Sozialversicherungsbeiträge (im Streitfall Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung) weiterhin in Deutschland und begehrte in seiner deutschen Einkommensteuererklärung die Beiträge in voller Höhe als Sonderausgaben geltend zu machen. Bei der Ermittlung der Einkommensteuer berücksichtigte das Finanzamt das Doppelbesteuerungsabkommen mit China, weshalb nur der Anteil des Arbeitslohnes, der auf den Umfang des inländischen Tätigkeitsanteils entfiel, der inländischen Besteuerung unterworfen wurde. Die übrigen, auf China entfallenden Arbeitseinkünfte wurden in Deutschland unter Progressionsvorbehalt steuerfrei gestellt (Art. 15 Abs. 1 und 24 Abs. 2 DBA-China i.V.m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG). Der Aufteilung des Arbeitslohnes folgend berücksichtigte das Finanzamt nur den Teil der Vorsorgeaufwendungen, der auf den steuerpflichtigen deutschen Arbeitslohn entfiel. Eine weitergehende Berücksichtigung der erklärten Vorsorgeaufwendungen verwehrte das Finanzamt, da diese in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen und deshalb keine berücksichtigungsfähigen Sonderausgaben darstellten. Die hiergegen gerichtete Klage beim FG Hamburg blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Der BFH hat im Sinne der Vorinstanz entschieden und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Die Richter des BFH hielten sich streng an den Gesetzestext und erklärten, dass das Abzugsverbot verfassungsgemäß ist. Die als Sonderausgaben zu berücksichtigenden Beiträge zur gesetzlichen Renten- sowie Arbeitslosenversicherung unterliegen grundsätzlich im Umfang desjenigen Teils des Arbeitslohns, der im Streitjahr auf die Tätigkeit in China entfiel, dem Abzugsverbot nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG, und zwar selbst dann, wenn eine steuermindernde Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen im Drittstaat gemäß den dort geltenden nationalen Vorschriften nicht möglich gewesen ist. Dabei ist es unerheblich, dass die spätere Rente in Deutschland aber der vollen Besteuerung unterliegen wird. Der Gesetzgeber ist daher nicht verpflichtet, den Abzug von Vorsorgeaufwendungen ausnahmsweise zuzulassen, wenn im Tätigkeitsstaat keine steuerliche Entlastung für die Aufwendungen gewährt wird.
Keine Ausnahme vom Abzugsverbot
Der BHF bekräftigte in seinen Ausführungen, dass § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG den Abzug der dort genannten Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben ausschließt, soweit sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Durch diese Regelung soll ein ansonsten eintretender doppelter steuerlicher Vorteil vermieden werden. Ausnahmen bestehen aufgrund der Arbeitnehmerfreizügigkeit lediglich bei Tätigkeiten in EU- oder EWR-Mitgliedstaaten sowie in der Schweiz. Diese Ausnahme nach Teilsatz 2 greift im Streitfall allerdings nicht, da der Kläger seine Tätigkeit in einem Drittstaat (China) ausübte.
Kein Verfassungsverstoß bei Altersvorsorgeaufwendungen
Der Ausschluss vom Sonderausgabenabzug der vom Kläger geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a EStG, die in Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, stellt keinen Verfassungsverstoß dar. Der BFH sieht insbesondere keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, da eine etwaige doppelte Besteuerung nicht bereits in der Aufbauphase, sondern erst mit Beginn der Rentenauszahlungsphase geltend gemacht werden kann.
Fazit
Mit diesem Urteil dürfte nun abschließend geklärt sein, dass das Abzugsverbot für Sonderausgaben, die mit steuerfreien Einnahmen aus einem Drittstaat in Zusammenhang stehen, nicht zu beanstanden ist.
Betroffene Normen
EStG §10 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 Buchst. a, EStG §10 Abs. 1 Nr. 3a, EStG §10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Teils. 1, EStG §10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Teils. 2
Streitjahr 2016
Vorinstanz
Finanzgericht Hamburg, 14.06.2021, 1 K 73/19
Fundstelle
BFH, Urteil vom 14.12.2022, X R 25/21