BFH: Abfindung trotz Teilzahlungen ermäßigt zu besteuern
Sachverhalt
Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde im Jahr 2010 durch einen Aufhebungsvertrag zum 30.09.2010 beendet. Im Rahmen des Aufhebungsvertrags wurde dem Kläger eine Abfindung in Höhe von EUR 104.800,00 sowie eine Tarifabfindung in Höhe von EUR 10.200,00 zugesagt. Die Tarifabfindung wurde im Jahr 2010, die Abfindung im Jahr 2011 ausgezahlt. Der Kläger beantragte im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2011, die Abfindung dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen.
Im Rahmen des Steuerbescheids unterwarf das Finanzamt die Abfindung jedoch dem tariflichen Steuersatz. Gegen diese Auffassung legte der Kläger erfolglos Einspruch ein. Das Finanzgericht hat darauf der Auffassung des Klägers stattgegeben. Eine ermäßigte Besteuerung komme zwar grundsätzlich nicht in Betracht, wenn die Auszahlung in Teilbeträgen erfolgt. In diesem Fall sei aber die ermäßigte Besteuerung sachgerecht, da die Tarifabfindung als geringfügig anzusehen sei. Gegen diese Entscheidung legte die Finanzverwaltung Revision ein.
Entscheidung
Der BFH stellte in seinem Urteil fest, dass die Revision der Finanzverwaltung unbegründet ist und der Auffassung des Finanzgerichts zu folgen sei.
Außerordentliche Einkünfte, z. B. Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen (Abfindungen), sind grundsätzlich nach § 34 Abs. 1 EStG mit einem ermäßigten Steuersatz zu versteuern. Voraussetzung hierfür ist u. a., dass die Entschädigung in einem Veranlagungszeitraum zufließt und eine Steigerung des Steuersatzes bewirkt. Eine Auszahlung in zwei Veranlagungszeiträumen stehe daher der ermäßigten Besteuerung grundsätzlich entgegen, da die Teilauszahlungen bereits zu einer Progressionsmilderung führen.
Eine Teilauszahlung kann jedoch unschädlich sein, wenn anderenfalls der Zweck der ermäßigten Besteuerung verfehlt werden würde. Sofern keine besonderen Gründe für die Teilleistung vorliegen, kommt es rein auf die Höhe dieser an. Eine Teilauszahlung ist daher nicht schädlich, wenn sich die Teilbeträge eindeutig als Haupt- und Nebenleistung darstellen lassen und die Nebenleistung geringfügig ist. Das Vorliegen der Geringfügigkeit ist jeweils anhand des konkreten Sachverhalts zu prüfen.
Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH kann die Nebenleistung noch als geringfügig angesehen werden, wenn sie nicht mehr als 10 % der Hauptleistung beträgt. Dies war hier gegeben. Ergänzend hat der BFH festgestellt, dass die Höhe der Nebenleistung geringer ist als die Steuerentlastung durch die ermäßigte Besteuerung der Hauptleistung. Nach Auffassung des BFH würde die Versagung der ermäßigten Besteuerung der Hauptleistung in solchen Fällen zu einer fehlerhaften Besteuerung führen.
Betroffene Norm
§ 34 Abs. 1 Satz 1 EStG
Vorinstanz
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 03.11.2014, 10 K 2655/13
Fundstelle
BFH, Urteil vom 13.10.2015 - IX R 46/14