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20.04.2016
Steuerrecht

FG Niedersachsen: Arbeitnehmerentsendung ins Ausland - Ermittlung der beruflich veranlassten Übernachtungskosten bei Mitnahme von Familienangehörigen

Der BFH hat die Entscheidung des Niedersächsischen FG bestätigt.
BFH, Urteil vom 03.07.2018, VI R 55/16
                                                                                                                                             
Niedersächsisches FG (Vorinstanz):

Bisher anerkannte Aufteilungsmaßstäbe zur Ermittlung des beruflichen Anteils im Streitfall nicht sachgerecht. Begleitet die Familie den Arbeitnehmer ins Entsendeland, hält das Gericht die Ermittlung der beruflich veranlassten Kosten durch modifizierte Aufteilung nach Köpfen unter Berücksichtigung eines fixen Sockelbetrags in Höhe von 20 % des Gesamtaufwands für angemessen.

Sachverhalt
Der Kläger wurde im Streitjahr 2008 von seinem inländischen Arbeitgeber auf Basis eines Entsendevertrages und unter Ruhendstellung seines Arbeitsverhältnisses mit der Heimatgesellschaft ins Ausland entsandt. Mit Beendigung des Auslandseinsatzes tritt grundsätzlich das ruhende Arbeitsverhältnis mit der Heimatgesellschaft wieder in Kraft. Der Kläger begründete im Ausland einen beruflich bedingten Zweitwohnsitz. Hierzu schloss der Kläger einen privatrechtlichen Vertrag über die Anmietung eines 234 qm großen Hauses zu einem monatlichen Mietzins von 2.500,-- Euro zzgl. 150,-- Euro Nebenkosten ab. Der Kläger wurde von seiner Ehefrau und der gemeinsamen 6-jährigen Tochter begleitet. Der Wohnsitz im Inland wurde während der Entsendung beibehalten. Der Kläger begehrte die Berücksichtigung der Unterkunftskosten (Miete und Nebenkosten) in voller Höhe als Werbungskosten bei den steuerfreien Einnahmen. Der Beklagte war der Auffassung, es müsse eine Aufteilung der Unterkunftskosten in einen abzugsfähigen beruflichen und nicht abzugsfähigen privaten Anteil im Wege der Schätzung erfolgen. Entsprechend der Verwaltungsanweisungen der OFD Frankfurt/Main und NRW teilte der Beklagte die Aufwendungen insoweit auf, dass für den beruflichen Teil die Kürzung der Mietaufwendungen für das 234 qm große Haus auf 60 qm als notwendig und angemessen angesehen wurde.

Entscheidung
Das FG Niedersachsen sah im vorliegenden Sachverhalt eine Aufteilung der Unterkunftskosten in einen privaten nicht abzugsfähigen und einen beruflichen abzugsfähigen Anteil als rechtmäßig an. Lediglich die durch die persönliche Inanspruchnahme des Klägers tatsächlich entstandenen Mietkosten stellen im Sinne des Nettoprinzips abzugsfähige Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG dar.

Demgegenüber handelt es sich bei dem Mehraufwand, der durch die Mitnahme der Familie des Klägers verursacht ist, nicht um erwerbsbedingte Aufwendungen, sondern um der Privatsphäre zuzurechnenden Aufwand. Denn eine beruflich veranlasste Mitnahme der Familie an den Ort der auswärtigen Tätigkeit ist im Streitfall nicht gegeben. Die schlichte Förderung der Entsendungsbereitschaft durch die Mitnahme der Familie reicht für die Annahme einer beruflichen Veranlassung nicht aus. Die durch die Mitnahme von Frau und Kind der Familie verursachten Aufwendungen sind im Streitfall auch nicht von so geringer Bedeutung, dass sie vernachlässigt werden könnten.

Der durch die berufliche Tätigkeit des Klägers veranlasste Mietaufwand ist durch Schätzung zu ermitteln, indem die durch die Mitnahme der Familie privat verursachten Mehraufwendungen mangels Erwerbsbezug ausgeschieden werden. Das FG Niedersachsen erörtert in seinem Urteil umfänglich, inwiefern die bisher durch Verwaltungsanweisungen bzw. Rechtsprechung anerkannten Schätzmethoden (Aufteilung nach Köpfen, Fläche, Zeitanteilen, Hinzuziehung eines Vergleichsobjektes) im vorliegenden Sachverhalt zu einem unsachgemäßen Ergebnis führen und daher eine Anwendung ausscheidet. Unter Würdigung der Gesamtumstände erachtet das FG Niedersachsen eine Aufteilung in zwei Schritten als angemessen. Zunächst werden die Gesamtkosten anhand von Köpfen aufgeteilt. Anschließend ist ein fixer Sockelbetrag von 20 % des Gesamtaufwands auf den zuvor nach Köpfen ermittelten beruflichen Anteil hinzuzurechnen bzw. analog der private Anteil um diesen Betrag zu kürzen. Das Ergebnis wird anhand einer Berechnung entsprechend verdeutlicht. Mit der zusätzlichen Berücksichtigung eines Sockelbetrages berücksichtigte das FG Niedersachsen den Umstand, dass ein gewisser Mindestaufwand unbeeinflusst von der Mitnahme der Familie regelmäßig für die Bewirtschaftung eines 1-Personenhaushalts anfällt.

Betroffene Norm 
§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG
§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5a EStG
§ 12 Nr. 1 EStG

Anmerkungen
Inwieweit diese Entscheidung auch für ähnliche Fälle gilt, die nach gesetzlicher Übernahme der Übernachtungskosten i. R. beruflicher Auswärtstätigkeit durch die Einführung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5a EStG ab dem Jahr 2014 gilt, bleibt abzuwarten. Das FG Niedersachsen stellt in seinen Ausführungen ebenfalls fest, dass mit Einführung die beruflich veranlassten Übernachtungskosten dann auf notwendige Mehraufwendungen beschränkt werden. Diese Regelung ist jedoch für das betreffende Streitjahr nicht anwendbar, so dass das Finanzgericht festhält, dass zumindest für das Streitjahr vom Gesetzgeber keine Durchbrechung des Nettoprinzips vorgesehen ist.  

Fundstellen

BFH, Urteil vom 03.07.2018, VI R 55/16, nicht zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt
Finanzgericht Niedersachsen, Urteil vom 30.10.2015, 9 K 105/12

Ihre Ansprechpartner

Peter Mosbach

pmosbach@deloitte.de
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Robert Krüger

rkrueger@deloitte.de
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