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23.03.2015
Unternehmensrecht

Haftung des Geschäftsführers der Komplementär GmbH einer insolventen GmbH & Co. KG für die Rückzahlung eines Darlehens

Zahlungen nach Insolvenzreife begründen für Geschäftsführer hohe Haftungsrisiken. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Geschäftsführer für insolvenzrechtlich unerlaubte Zahlungen nicht haften, wenn eine entsprechende Kompensation erfolgt.

Sachverhalt

Eine insolvente GmbH & Co. KG („Gesellschaft“) hatte nach Eintritt ihrer Zahlungsunfähigkeit einen Rahmendarlehensvertrag mit ihrer Muttergesellschaft abgeschlossen und auf dieser Grundlage ein Darlehen in Höhe von EUR 150.000,00 erhalten, das sie innerhalb von zwei Wochen zurückzahlte. Nach einer weiteren Woche rief sie gemäß dem Rahmendarlehensvertrag erneut eine Darlehenssumme in Höhe von EUR 150.000,00 ab. Der Insolvenzverwalter hat den Geschäftsführer der Komplementär GmbH gemäß § 177a S. 1 i.V.m. § 130a Abs. 2 HGB auf Schadensersatz wegen der Rückzahlung des Darlehens verklagt.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Geschäftsführer nicht zum Ersatz des Darlehens verpflichtet ist, da die Rückzahlung des Darlehens nicht zu einer Schmälerung der Insolvenzmasse geführt hat.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs entfalle die Ersatzpflicht des Geschäftsführers für Zahlungen nach Insolvenzreife gemäß § 177a S. 1 HGB i.V.m. § 130a Abs. 2 HGB, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in „einem unmittelbaren Zusammenhang“ wieder ausgeglichen werde. § 130a HGB bezwecke im Interesse der Gläubiger eine Schmälerung der Masse nach Eintritt der Insolvenzreife zu verhindern. Der Erstattungsanspruch der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer wegen unerlaubter Zahlungen entfalle daher, wenn der Geschäftsführer selbst die Schmälerung der Masse ausgleiche oder ein Ausgleich auf eine andere Art und Weise erfolge. Aus diesem Grund könne der Insolvenzverwalter gegen den Geschäftsführer auch keinen Erstattungsanspruch durchsetzen, soweit ihm durch eine Insolvenzanfechtung die Rückerstattung der Zahlung gelinge und er dadurch den Ausgleich der Masseschmälerung herbeiführe. Ebenso entfalle die Ersatzpflicht des Geschäftsführers, wenn die Masseverkürzung durch die Zahlung eines Gegenwerts in das Gesellschaftsvermögen kompensiert werde, also ein „Aktiventausch“ erfolge. Voraussetzung sei aber, dass die Ausgleichszahlung unmittelbar mit der Masseverkürzung zusammenhänge. Ein „Schädigung“ der Insolvenzmasse liege nämlich bei jedem Abfluss von Mitteln vor, so dass nicht jeder weitere und beliebige Zufluss von Vermögen zur Masse eine bereits eingetretene Masseschmälerung ausgleichen könne.

Der Bundesgerichtshof betont, dass der als Ausgleich für die Masseschmälerung geleistete Vermögensgegenstand bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Gesellschaftsvermögen nicht mehr vorhanden sein müsse. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung, ob ein Zufluss im Gesellschaftsvermögen einen zuvor insolvenzrechtlich unerlaubten Vermögensabfluss kompensiert habe, sei nicht der Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung, sondern der Zeitpunkt des Vermögenszuflusses. Eine andere Sichtweise hätte zur Konsequenz, dass der an die Gesellschaft zu erstattende Betrag vervielfacht würde, obwohl die Schmälerung der Masse nur einmal erfolgt sei. Das insolvenzrechtliche Zahlungsverbot bezwecke die Schmälerung der Insolvenzmasse zu verhindern, nicht aber diese zu bereichern.

Fazit

Der Bundesgerichtshof hat mit dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, wonach der als Ausgleich für eine Masseverkürzung geleistete Gegenstand noch im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vorhanden bzw. werthaltig sein muss. Entscheidend ist, dass die Kompensation der Masseschmälerung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Masseschmälerung steht. Ausreichend ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs hierfür, dass die Masseverkürzung und deren Ausgleich wirtschaftlich miteinander verknüpft sind. Dies sollte freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Regel zunächst die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen gelegt sein müssen, damit ein Ausgleich der Minderung der Masse überhaupt erst ermöglicht wird. Auch im hier besprochenen Fall basierte die zum Ausgleich führende Zahlung an die Gesellschaft auf einem entsprechenden Rahmendarlehensvertrag, der es dem Geschäftsführer erlaubte, die zur Kompensation erforderliche Darlehenssumme abzurufen.

Neben diesem Aspekt sollten Geschäftsführer darauf achten, dass der als Ausgleich für die Masseschmälerung geleistete Vermögensgegenstand endgültig in das Gesellschaftsvermögen gelangen muss, also insbesondere die Leistung dieses Vermögensgegenstandes nicht von weiteren rechtlichen Bedingungen oder sonstigen Handlungen abhängen darf. Ausdrücklich offen gelassen hat der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang, ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen bereits die Begründung einer Forderung dazu ausreichen kann, einen insolvenzrechtlich unzulässigen Abfluss aus dem Gesellschaftsvermögen zu kompensieren.

Fundstelle

BGH, Urteil vom 18.11.2014, II ZR 231/13

Ihr Ansprechpartner

Dr. Marcell Baumann

mbaumann@deloitte.de
Tel.: 0711 669620

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