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23.09.2014
Unternehmensrecht

„Apple Store“ – das Ladenlokal als 3D-Marke?

Nach einer Entscheidung des EuGH kann nunmehr die Darstellung der Ausstattung eines Ladenlokals unter bestimmten Voraussetzungen als Marke eingetragen werden. Der Entscheidung lag sog. Apple „Flagship-Stores“ zugrunde.

I. Sachverhalt

Mit Urteil vom 10. Juli 2014 (Rs. C-421/13) hat der EuGH entschieden, dass die Darstellung der Ausstattung eines Ladenlokals unter bestimmten Voraussetzungen als Marke eingetragen werden kann. Es ging hierbei um die Markenfähigkeit der sog. „Flagship-Stores“ der Firma Apple. Dass diese einheitlich eingerichtet sind und sie auch einen gewissen Wiedererkennungswert haben, dürfte zumindest den mehr oder weniger Technikinteressierten bekannt sein. Dass Unternehmen ihre Ladenlokale markenrechtlich zu schützen versuchen, dürfte bislang vermutlich weniger bekannt sein. Tatsächlich liegt es nicht auf der Hand, dass die Gestaltung einer Ladeneinrichtung als Marke für Einzelhandelsdienstleistungen in Deutschland schutzfähig ist. Gerichtliche Entscheidungen gab es in Deutschland hierzu bislang nicht. Rechtlich gibt es verschiedene Unwägbarkeiten, mit denen sich der EuGH in der genannten Entscheidung nach einem Vorlagebeschluss (Beschluss vom 8. Mai 2013 – 29 W (pat) 518/13) des Bundespatentgerichts („BPatG“) teilweise zu befassen hatte. Beschwerdeführerin vor dem BPatG war die Apple Inc. („Apple“), die sich gegen eine Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes („DPMA“) richtete. Dieses hatte nämlich die von Apple beantragte Schutzerstreckung ihrer dreidimensionalen, für Dienstleistungen der Klasse 35 eingetragenen international registrierten Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft verweigert. Die von Apple eingereichte Beschreibung der Marke wurde im Urteil des EuGH wie folgt wiedergegeben: „Die Farben stahlgrau und hellbraun werden beansprucht. Die Marke spiegelt das Design und die Raumaufteilung eines Einzelhandelsgeschäfts wider. Das Ladengeschäft besitzt eine durchsichtige Glasfront, die umgeben wird von einer aus Paneelen bestehenden stahlgrauen Fassade (...). Im mittleren Teil des Ladengeschäfts stehen hellbraune, rechteckige Tische, die in Reihen aufgestellt sind, parallel zu den Wänden verlaufen und sich von der Front bis zum Ende des Verkaufsraums erstrecken. Im hinteren Teil des Verkaufsladens steht ein hellbrauner, rechteckiger Tisch mit Barhockern, die sich unterhalb von an der Rückwand in gleicher Höhe angebrachten Bildschirmen befindet. (...).“ Schutz sollte beansprucht werden für Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Computer, Computer-Software, Computer-Peripheriegeräte, Mobiltelefone, Unterhaltungselektronik samt Zubehör und darauf bezogene Produktdemonstrationen.

II. Vorlagebeschluss des BPatG

Das Bundespatentgericht sah in dem streitgegenständlichen Zeichen eine „Aufmachung, in der sich eine Dienstleistung verkörpert“. Unter Aufmachung versteht man im Wesentlichen die äußere Präsentation einer Sache bzw. die Anordnung von Gestaltungselementen. Fraglich war hierbei für das BPatG zunächst jedoch, unabhängig von der vom DPMA vorgebrachten fehlenden Unterscheidungskraft, die Markenfähigkeit im Sinne der Richtlinie 2008/95/EG („Markenrichtlinie“) (entsprechende Regelung im MarkenG ist § 3 Abs. 1), da Art. 2 hier lediglich von „Aufmachung der Ware“ spricht. Das BPatG wollte vom EuGH daher zunächst wissen, ob Art. 2 der Markenrichtlinie auch eine Aufmachung schützt, in der sich eine Dienstleistung verkörpert.

Des Weiteren stellte das BPatG die Frage nach der Eintragungsfähigkeit des Zeichens nach Art. 2 und 3 Abs. 1 der Markenrichtlinie. Hierbei geht es insbesondere um die Frage der Unterscheidungseignung sowie um die Eintragungshindernisse nach Art. 3 Abs. 1 der Markenrichtlinie. Problematisch war hier jedoch, dass sich das für dreidimensionale Marken regelmäßig relevante Schutzhindernis des Art. 3 Abs. 1 e) Markenrichtlinie ausschließlich auf Waren und gerade nicht auf Dienstleistungen bezieht. Einerseits kann ein Schutzhindernis über seinen unmittelbaren Wortlaut hinaus nur in sehr engen Grenzen ausgeweitet werden, was laut BPatG gegen seine Anwendung spreche. Andererseits sei jedoch die bei Nichtanwendung der Regelungen zu diesen Schutzhindernissen entstehende Privilegierung von Marken, die in der Aufmachung von Dienstleistungen bestehen gegenüber Warenformmarken von der Markenrichtlinie tatsächlich nicht gewollt gewesen, was für eine Anwendung der Schutz-hindernisse des Art. 3 Abs. 1 e i-iii Markenrichtlinie auch auf die Aufmachung einer Dienstleistung spreche.

Die dritte Problematik ergab sich aus der Frage der grafischen Darstellbarkeit der bildlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 2 der Markenrichtlinie. Hierbei ging es um die Frage, ob die von Apple eingereichte bildliche Darstellung den von der Rechtsprechung herausgebildeten Anforderungen genügte. Die eingereichte Darstellung gab nämlich weder Größe des Ladenlokals noch die Größenverhältnisse der verschiedenen Elemente zueinander an, so dass es an der erforderlichen Klarheit und Eindeutigkeit fehlen könnte.

Mit der vierten Frage begehrte das BPatG die Klärung des Schutzumfangs der Marke, genauer gesagt, ob eine Einzelhandelsmarke nur den Handel mit Fremdwaren abdeckt oder auch den Handel mit eigenen Waren schützt. Das BPatG berief sich dabei darauf, dass dieser Umstand nicht durch die EuGH-Entscheidung in Sachen „Praktiker“ (Urteil vom 7. Juli 2005 – Rs. C-418/02), in der es ebenfalls um die Eintragung einer Marke für Einzelhandelsdienstleistungen ging, geklärt worden sei.

III. Entscheidung des EuGH

Die ersten drei Fragen beantwortete der EuGH zusammen und kam letztlich zu dem Schluss, dass sich die Frage danach, ob der Wortlaut „Aufmachung der Ware“ auch Dienstleistungen erfassen könne, erübrige. Die von Apple eingereichte Darstellung sei eine Abbildung, die bereits als solche von Art. 2 Markenrichtlinie erfasst und somit generell markenfähig sei. Art. 3 Abs. 1 e) Markenrichtlinie sah der EuGH schlicht als nicht anwendbar an, schließlich handele es sich nicht um ein Zeichen, das ausschließlich aus einer Form bestehe, deren Eintragung für eine Ware beantragt wird. Die übrigen Schutzhindernisse seien allerdings unabhängig von der Kategorie des Zeichens anwendbar, so dass sich hieraus keine Besonderheiten ergäben. Überdies bejahte der EuGH die abstrakte Unterscheidungseignung einer solchen zeichnerischen Darstellung der Ausstattung einer Verkaufsstätte, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der angesprochene Verkehr diese als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkenne. Generell könne dies der Fall sein, wenn die abgebildete Ausstattung erheblich von der Branchennorm oder -üblichkeit abweiche. Über das Vorliegen der konkreten Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 3 Abs. 1 b) Markenrichtlinie sagt dies jedoch noch nichts aus, da diese konkret anhand der Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wird, durch die zuständige Behörde beurteilt wird. Gleiches gilt für die Frage, ob das Zeichen beschreibend im Sinne von Art. 3 Abs. 1 c) Markenrichtlinie ist, sodass der EuGH auch hierzu im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens keine Aussage treffen konnte.

Die vierte Frage des BPatG zum Schutzumfang der Einzelhandelsmarke erklärte der EuGH für unzulässig, da sie nicht den Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits, also die Ablehnung der Markeneintragung durch das DPMA betreffe. Dennoch äußerte sich der EuGH im Zusammenhang mit der Beantwortung der übrigen Fragen zu der Problematik der Einzelhandelsdienstleistungsmarke mit dem Hinweis auf die Entscheidung „Praktiker“: Die Eintragung eines Zeichens, das die Ausstattung eines „Flagship-Stores“ eines Herstellers von Waren darstellt, könne nicht nur für diese Waren, sondern auch für Dienstleistungen entsprechend der Dienstleistungsklassen des Abkommens von Nizza eingetragen werden, sofern keine Eintragungshindernisse bestehen und sofern die entsprechenden Leistungen nicht integraler Bestandteil des Verkaufs dieser Waren seien.

IV. Schlussfolgerung

Was kann aus dem Urteil des EuGH geschlossen werden? Zunächst einmal lediglich, dass die Abbildung eines Ladengeschäfts grundsätzlich markenrechtlich schutzfähig ist und dementsprechend im Register eingetragen werden kann. Es soll hierbei genügen, eine Abbildung der Einrichtung des Ladengeschäfts einzureichen. Die genaue Angabe von Proportionen mit Größenangabe soll laut EuGH dabei grundsätzlich nicht erforderlich sein.

Insgesamt ist damit jedoch nicht viel gesagt, sodass nicht geschlussfolgert werden darf, jedes Einzelhandelsunternehmen könne einfach eine Abbildung seines Ladengeschäfts für seine Dienstleistungen als Marke anmelden. Insbesondere müssen die Eintragungshindernisse, insbesondere konkrete Unterscheidungskraft und fehlender beschreibender Gehalt, von der zuständigen Behörde konkret beurteilt und ggf. vom zuständigen nationalen Gericht überprüft werden. Ob Apple mit der beantragten Schutzrechtserstreckung am Ende erfolgreich sein wird, steht nicht nur aus diesem Grunde noch in den Sternen: Der EuGH hat hinsichtlich der Eintragung eines Zeichens für Dienstleistungen angedeutet, dass die entsprechenden Dienstleistungen nicht integraler Bestandteil des Verkaufs von Waren sein dürfen. Dementsprechend könnte sich eine erteilte dreidimensionale Marke möglicherweise nicht auf Einzelhandelsdienstleistungen im Sinne eines Verkaufs eigener Waren von Apple erstrecken. Auch über den Schutzbereich einer erteilten Marke im Falle einer Kollision mit einem ähnlichen Zeichen, also z.B. einem ähnlich eingerichteten Ladenlokal, ist hiermit noch nichts gesagt. Spätestens nach Ende der Benutzungsschonfrist wird überdies die Frage der markenmäßigen Benutzung relevant. Hier wird fraglich sein, ob geringfügige Abweichungen in der Ausstattung des Ladenlokals, die sich aus den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ergeben, dazu führen, dass die Marke bereits nicht markenmäßig benutzt wird. Dementsprechend ist mit dem Urteil des EuGH zwar ein erster Schritt in Richtung Markenschutz für die Ausstattung eines Ladenlokals getan, aber sicher noch nicht der letzte.

Ihr Ansprechpartner

Katharina Scherrer
Manager

kscherrer@deloitte.de
Tel.: 0211 8772-2597

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