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26.01.2018
Transfer Pricing

Hongkong: Einführung von Verrechnungspreisvorschriften im Einklang mit dem BEPS-Aktionsplan der OECD

 Die Sonderverwaltungsregion (SVR) Hongkong hat am 29.12.2017 den lange erwarteten Gesetzentwurf zur Änderung des Steuergesetzes (Inland Revenue Amendment Bill No. 6) veröffentlicht. Dies signalisiert, dass Hongkong gesetzliche Vorschriften zu Verrechnungspreisen einführen und die Mindestanforderung der BEPS Maßnahmen der OECD umsetzen wird.

Hintergrund

 Die Sonderverwaltungsregion (SVR) Hongkong hat am 29. Dezember 2017 den lange erwarteten Gesetzentwurf zur Änderung des Steuergesetzes (Inland Revenue Amendment Bill No. 6, nachfolgend „Änderungsentwurf“) veröffentlicht, nachdem sie sich im Juni 2016 dem Base Erosion and Profit Shifting Aktionsplan („BEPS“) der OECD angeschlossen sowie die Ergebnisse des Anhörungsprozesses zu den BEPS Maßnahmen im Juli 2017 veröffentlicht hat. Neben der Einführung von umfassenden Verrechnungspreisregelungen einschließlich Verrechnungspreisdokumentation, umfasst der 162 Seiten lange Änderungsentwurf weitere Maßnahmen, die zur Erfüllung der vier Minimum-Standards des BEPS Pakets 2 nötig sind. Des Weiteren soll die Finanzverwaltung Inland Revenue Department („IRD“) durch die Gesetzesänderung in die Lage versetzt werden, Steuervermeidung durch die Verrechnungspreisgestaltung stärker entgegenzuwirken.

Im Folgenden werden die vorgesehenen Änderungen und deren mögliche Auswirkungen auf die Steuerpflichtigen als auch noch unklare Punkte beleuchtet.

Einführung einer dreistufigen Verrechnungspreisdokumentation

 Ein zentraler Aspekt ist die Umsetzung des dreistufigen Konzepts der Dokumentationspflichten der Verrechnungspreise (d.h. CbCR, Masterfile und Local File), welches der Empfehlung nach dem Aktionsplan 13 des BEPS-Projekts entspricht. Im Folgenden werden die Dokumentationspflichten in Hongkong dargestellt:

Country-by-Country Reporting (CbCR) Masterfile Local File
Schwellenwerte für Abgabepflicht und Ausnahmefall Konsolidierter Konzernumsatz HKD 6,8 Mrd. (ca. EUR 720 Mio.) Keine Abgabepflicht für Konzernmuttergesellschaft in Hongkong, wenn eine beauftragte Gesellschaft (Surrogate Entity) in einem Sitzstaat das CbCR abgibt und ein Abkommen zum automatischen Austausch des CbCR zwischen Hongkong und diesem Sitzstaat besteht Keine Abgabepflicht, wenn die Gesellschaft in Hongkong zwei von drei folgenden Voraussetzungen erfüllt: 1. Umsatz weniger als HKD 200 Mio.; 2. Vermögenswerte weniger als HKD 200 Mio.; 3. Durchschnittliche Mitarbeiterzahl weniger als 100 Gleiche Ausnahmeklausel für Masterfile (siehe linke Spalte) Darüber hinaus muss die einzelne Transaktions-gruppe nicht im Local File dokumentiert werden, sofern das Transaktionsvolumen die folgenden Schwellenwerte nicht überschreitet: 1. Warenlieferung HKD 220 Mio.; 2. Übertragung der Finanzvermögen HKD 110 Mio.; 3. Übertragung der immateriellen Wirtschaftsgüter HKD 110 Mio.; und 4. Sonstige Transaktionen (Dienstleistungen, Lizenzgebühren, etc.) HKD 44 Mio.
Erstmals abzugeben für Wirtschaftsjahre beginnend ab 01.01.2018 01.04.2018 (entspricht Beginn des Steuerjahres) 01.04.2018 (entspricht Beginn des Steuerjahres)
Erstellungsfrist 12 Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres oder innerhalb der Anforderungsfrist des IRD 6 Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres des Konzerns 6 Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres der Gesellschaft in Hongkong
Abgabefrist 12 Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres oder innerhalb der Anforderungsfrist des IRD Keine Angabe Keine Angabe
Automatischer Austausch der CbCR-Daten aufgrund multilateralem Abkommen Ja, auf Basis der Multilateral Convention on Mutual Administrative Assistance in Tax Matter der OECD Nicht zutreffend Nicht zutreffend
Übergang der Verpflichtung auf die Tochtergesellschaft in Hongkong (Secondary Filing) Ja, wenn kein automatischer Austausch des CbCR zwischen Hongkong und einem relevanten Sitzstaat für ausländische Gesellschaften besteht Nicht zutreffend Nicht zutreffend

Fremdvergleichsgrundsatz und Steuerberichtigung

 Hinsichtlich der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes sieht der Änderungsentwurf vor, dass Hongkong die OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen vom 10.07.2017 („OECD Leitlinien“) annehmen wird. Der Änderungsentwurf weist auch darauf hin, dass Hongkong bei der Gewinnaufteilung zwischen den in Hongkong ansässigen Betriebsstätten und ihrem ausländischen Stammhaus dem OECD-Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen vom 15.07.2014 („OECD-Musterabkommen“) folgt.

Der Änderungsentwurf konzentriert sich hierbei auf die Bedingungen für eine Steuerberichtigung seitens des IRD, die Maßnahmen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung und die daraus folgenden Pflichten für die Steuerpflichtigen. Im Folgenden werden die wesentlichen Punkte zusammengefasst:

  • Das IRD ist bevollmächtigt (Paragraph 50 AAF des Änderungsentwurfs) die geminderten Gewinne eines Steuerpflichtigen bzw. dessen überhöhte Verluste aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausland mit einer ihm nahestehenden Person zu korrigieren, wenn sich die Bepreisung der relevanten Transaktionen aus dieser Geschäftsbeziehung von der Bepreisung der voneinander unabhängigen Dritten unterscheiden (Verstoß gegen den Fremdvergleichsgrundsatz) und sich der Steuerpflichtiger somit in Hongkong Steuervorteile vorschafft.
  • Hierbei bezieht sich der Geltungsbereich sowohl auf grenzüberschreitende als auch auf inländische Transaktionen, welche die Transaktionen mit materiellen und immateriellen Vermögensgegenständen, Dienstleistungen, Finanz- und anderen geschäftlichen Vereinbarungen umfassen.
  • Des Weiteren müssen auch Transaktionen innerhalb eines Unternehmens, wie z.B. zwischen Stammhaus und Betriebsstätten, dem Fremdvergleichsgrundsatz standhalten.
  • In Hongkong richtet sich die Besteuerung nach der "Inland Revenue Ordinance", („IRO“). Folglich muss der Fremdvergleichsgrundsatz nicht nur für die Körperschaftsteuer ("Profits Tax"), sondern auch für die Vermögenssteuer und die persönliche Einkommensteuer ("Salaries Tax") gelten.
  • Das IRD darf keine Steuerberichtigung vornehmen, wenn Einkünfte aus ausländischen Quellen aufgrund einer Transaktion zwischen einem Steuerpflichtigen in Hongkong und einer ihm nahestehenden, nicht in Hongkong steuerpflichtigen Person erzielt werden. Dies gilt selbst, wenn die Transaktion nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz standhält, da keine Steuervorteile in Hongkong entstanden sind.
  • Es gibt keine sog. „Safe-Harbour“ Klausel für die Befreiung der Fremdüblichkeitsprüfung, d.h. dass der Steuerpflichtige die Fremdüblichkeit der Transaktionen basierend auf einer der fünf Verrechnungspreismethoden in den OECD Leitlinien (Preisvergleichsmethode, Wiederverkaufspreismethode, Kostenaufschlagsmethode, geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode und geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode) nachweisen müssen.
  • Das IRD ist berechtigt durch Paragraph 80 des Änderungsentwurfs Strafzahlungen in Höhe von maximal 100% der festgesetzten Steuernachzahlung nach einer Verrechnungspreisberichtigung anzusetzen, es sei denn, der betroffene Steuerpflichtige kann nachweisen, dass ausreichende Bemühungen bereits bei der Ermittlung der fremdüblichen Preise für die Transaktionen vorgenommen wurden.

Einführung der DEMPE-Analyse bzgl. der immateriellen Wirtschaftsgüter

 Ein neuer Mechanismus (Paragraph 15F) ist darauf ausgerichtet die aus den Verrechnungspreisen resultierende Gewinnaufteilung mit dem Wertschöpfungsbeitrag für immaterielle Wirtschaftsgüter (Intellectual Property, „IP“) zu verbinden. Wenn ein Steuerpflichtiger in Hongkong im Hinblick auf die Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung, Schutz und Verwertung (sog. „DEMPE“) Funktionen ausübt und Vermögenswerte nutzt, während eine ihm nahestehende ausländische Person der rechtliche IP-Eigentümer ist, werden die entsprechenden Anteile der Lizenzeinnahmen aus dem IP, die sich auf die in Hongkong ausgeübten DEMPE-Funktionen beziehen, als steuerpflichtige Einkünfte für den Steuerpflichtigen aus Hongkong erachtet.

Anmerkungen

 Die neuen Dokumentationsregeln schaffen erhebliche Pflichten und Compliance-Kosten für die Steuerpflichtigen, die nicht unter die Ausnahmekriterien fallen. Die erste Verrechnungspreisdokumentation muss frühestens 2019 abgegeben werden. Trotzdem sollten betroffene Steuerpflichtige sich zeitnah fachliche Unterstützung holen, um sich besser auf die Compliance-Vorgaben vorzubereiten. Diese Vorbereitung setzt sich aus der Identifizierung der aufzeichnungspflichtigen konzerninternen Transaktionen und der Bereitstellung notwendiger Benchmarking-Studien zusammen, um die Verrechnungspreise möglicherweise ex-ante nach dem Fremdvergleichsgrundsatz festzusetzen. Des Weiteren muss hier hervorgehoben werden, dass die Bestimmung der fremdüblichen Preise nicht nur auf die dokumentationspflichtigen Transaktionen beschränkt werden sollte, da das IRD die Verrechnungspreisberichtigungen nicht auf diese Transaktionen begrenzt.

Es ist festzustellen, dass das IRD durch den Änderungsentwurf signifikante Mittel zur Bekämpfung von Steuervermeidung über die Verrechnungspreisgestaltung und Nichteinhaltung der gesetzlichen Regelungen erhält. Die neuen Verrechnungspreisregeln gelten für die Geschäftsjahre beginnend ab dem 01.04.2018. Es ist noch von der Finanzverwaltung Hongkongs zu klären, ob die Transaktionen, die am 01.04.2018 noch laufen oder seither erst stattfinden, unter die Vorschriften fallen.

Der neue Mechanismus in Bezug auf IP wird hauptsächlich die Konzerne betreffen, die alle oder die meisten DEMPE-Funktionen durch ein in Hongkong ansässiges Unternehmen ausüben und die Struktur mit einem IP-Eigentümer außerhalb von Hongkong nutzen, der das IP nur rechtlich besitzt und Lizenzeinnahmen dadurch erzielt. In diesem Fall ist das IRD berechtigt basierend auf dem Wertschöpfungsbeitrag des Steuerpflichtigen in Hongkong die Lizenzgebühren ganz oder teilweise zu besteuern. Mittels des Mechanismus erhält das IRD ein unmittelbares Instrument um Steuervermeidung in Bezug auf IP entgegenzuwirken, was einen Fokus des BEPS-Aktionsplans der OECD darstellt. Als Alternative kann das IRD bei den nicht fremdüblichen IP-Transaktionen die Verrechnungspreisberichtigungen vornehmen. In diesem Fall muss das IRD den Verrechnungspreismethoden der OECD Leitlinien folgen, welche keinen Ansatz für eine Umsatzaufteilung im Vergleich zur DEMPE-Analyse anbieten.

Hinsichtlich einer erwartenden steigenden Anzahl von Advanced Pricing Agreements („APAs“) aufgrund des BEPS-Aktionsplans und der neuen Verrechnungspreisregelung in Hongkong, wird mit dem Änderungsentwurf des Steuergesetzes ein neues APA-System angestoßen und wird folglich der Rahmen für unilaterale APAs mit Hongkong ausgeweitet. Die Ausweitung des APA-Systems durch die Ermöglichung von unilateralen APAs, was bereits seit Langem von den Steuerpflichtigen gefordert wird, ist absolut zu begrüßen. Auf der anderen Seite bedürfen die genauen Voraussetzungen und Zeitrahmen für APA-Anträge einer detaillierten Klärung, da bisher noch nicht festgesetzt ist, ob die im Änderungsentwurf genannten bestehen bleiben.

Für in Deutschland ansässige Unternehmen mit Tochtergesellschaften oder Betriebstätten in Hongkong ist die Situation mangels bestehendem Doppelbesteuerungsabkommen schwieriger. Es gibt keinen entsprechenden DBA Schutz bei Verrechnungspreisanpassungen. Die Änderungen in Verständigungsverfahren (Mutual Agreement Procedure, „MAP“) sind momentan uninteressant für deutsche Unternehmen, da es bisher kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Hongkong gibt. Deutsche Unternehmen sollten sich daher ihre Verrechnungspreise und das bestehende Geschäftsmodell mit Hongkong in diesem Jahr genau ansehen, um ggf. notwendige Anpassungen vorzunehmen.

Ihre Ansprechpartner

Jobst Wilmanns
Partner

jwilmanns@deloitte.de
Tel.: 069 75695-6243

Claus Schürmann
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clschuermann@deloitte.com.hk
Tel.: +852 2238 7884

Cheng Qiu
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chenqiu@deloitte.de
Tel.: 069 75695-7113

Dr. Xu Wang
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