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05.01.2017
Transfer Pricing

BMF: Finale Fassung der Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung veröffentlicht

Mit Schreiben vom 22.12.2016 hat das BMF final zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 5 AStG und der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) auf die grenzüberschreitende Einkünftezuordnung von Betriebsstätten Stellung genommen.

Mit o.g. Schreiben konkretisiert die Finanzverwaltung ihre Sichtweise zur Aufteilung der Einkünfte zwischen einem inländischen Unternehmen und seiner ausländischen Betriebsstätte(n) und auf die Ermittlung der Einkünfte der inländischen Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens. Gegenüber dem Entwurf der Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG BsGa-E) vom 18.03. 2016 sind die nachstehenden Neuerungen erwähnenswert:

Die weiteren Regelungen der VWG BsGa-E wurden – abgesehen von einer Reihe eher redaktioneller Änderungen – überwiegend unverändert übernommen. Wir verweisen insoweit auf unsere Beiträge zu den VWG BsGa-E mit den Schwerpunkten allgemeine Vorschriften, Hilfs- und Nebenrechnung, Bankbetriebsstätten, Versicherungsbetriebsstätten, Bau- und Montagebetriebsstätten und ständiger Vertreter.

Wesentliche Änderungen im Vergleich zur Entwurfsfassung der VWG BsGa vom 18.03.2016

Allgemeine Vorschriften

  • Bei der Auffangnorm der Zuordnung von Vermögenswerten in Zweifelsfällen (Rn. 84, Rn. 97, Rn. 107, Rn. 111, Rn. 116, Rn. 122 VWG BsGa) wird zusätzlich verlangt, dass die vorgenommene Zuordnung im jeweils anderen Staat konsistent vorgenommen wird. Unter diesen Voraussetzungen hat die Finanzverwaltung die Zuordnungsentscheidung auch für über das einzelne Wirtschaftsjahr hinausgehende Betrachtungen anzuerkennen hat, sofern diese im Entscheidungszeitpunkt sachlich begründet erscheint (Rn. 45 VWG BsGa)
  • Sehr zu begrüßen ist, dass das in versicherungsspezifischen Kapitel vorgestellte Scoring-Ansatz (Rn. 294 VWG BsGa) zur Bestimmung der Zuordnung im Falle einer Funktionsaufteilung nun explizit gemäß Rn. 42 VWG BsGa auch in anderen Industrien verwendet werden kann, um die Personalfunktion zu identifizieren, der die größte Bedeutung für einen Vermögenswert zukommt. 
  • Interessanterweise wurden die Ausführungen und das Rohrleitungs-Bespiel zu personal-losen Betriebsstätten gestrichen (vormals Rn. 49VWG BsGa-E). Danach war – im Einklang mit den Grundsätzen des AOA – einer personal-losen Betriebsstätte kein oder nur ein sehr geringer Gewinn zuzuordnen. Hintergrund der Streichung dieser Regelung ist wohl, dass sich die Finanzverwaltung selbst mehr Freiraum bei der Beurteilung solcher personallosen Betriebsstätten geben möchte. Gerade bei Pipeline-Betriebsstätten verfolgen andere Länder häufig den Ansatz, eine angemessene Kapitalverzinsung auf das Anlagevermögen zu verlangen.
  • Hilfreicherweise wurde – wie in der Literatur vorgeschlagen – der Beispielskatalog zu den anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen in Rn. 168 VWG BsGa vervollständigt.
  • Der Hinweis in Rn. 170 VWG BsGa, nach dem anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen zwischen zwei nicht in Deutschland belegenen Betriebsstätten als unmittelbar zwischen diesen beiden Betriebsstättten geschehend anzusehen sind, wenn das deutsche Besteuerungsrecht unberührt bleibt, ist erfreulich, da er dem Steuerpflichtigen unnötige Dokumentationsanforderungen erspart.
  • Das Schreiben bekräftigt bezüglich des Grundsatzes der Zuordnung von Geschäftsvorfällen des Unternehmens, dass sich der Abschluss des Geschäftsvorfalls auf die handelnden Personen bezieht. Die Rechnungsstellung bzw. die Bezeichnung der Vertragspartner stellen lediglich ein Indiz dar (Rn. 112 VWG BsGa).
  • Bei der Ermittlung des Dotationskapitalg stellt das Schreiben hinsichtlich der Höhe des Eigenkapitals des ausländischen Unternehmens begrüßenswerterweise klar, dass eine vollständige Umrechnung der ausländischen Bilanzansätze nach deutschen Steuerrecht unverhältnismäßig und deshalb nicht durchzuführen ist (Rn. 133 VWG BsGa). Allerdings kann das BMF anhand eigener Berechnung die Glaubhaftigkeit der Vereinfachungsregelung widerlegen (Rn. 134 VWG BsGa). Dies sollte den Befolgungsaufwand für beschränkt Steuerpflichtige deutlich reduzieren.
  •  § 12 Abs. 6 BsGaV verlangt, dass das Dotationskapital unterjährig anzupassen ist, sofern sich eine „erhebliche“ Abweichung ergibt. In der finalen Fassung der VWG BsGa wird klargestellt, dass eine unterjährige Anpassung des Dotationskapitals nicht nur „nach oben“, sondern auch „nach unten“ vorzunehmen ist, wenn die in den Rn. 143 und 151 VWG BsGa genannten Wesentlichkeitsgrenzen eingetreten sind. In diesem Zusammenhang wurde zwar die absolute Bezugsgröße von 2 Millionen Euro unverändert gelassen. Allerdings ist diese nunmehr nur noch relevant, wenn gleichzeitig auch die relative Veränderung, die von über 50% auf über 30% der Jahresanfangswerte abgesenkt worden ist, überschritten wird (UND-Verknüpfung anstatt einer ODER-Verknüpfung). Ferner muss im Falle einer Verringerung des Dotationskapitals nachgewiesen werden, dass im Ausland die entsprechenden steuerlichen Konsequenzen gezogen wurden. Die angepassten Wesentlichkeitsgrenzen wurden in den Regelungen zu Bankbetriebsstätten und Versicherungsbetriebsstätten entsprechend nachgezogen (Rn. 253, 269, 322 und 330 VWG BsGa).

Hilfs- und Nebenrechnung

  • Hinsichtlich der erforderlichen Informationen, die die Hilfs- und Nebenrechnung enthalten muss, wird nun auf die §§ 5 bis 17 BsGaV verwiesen (Rn. 51 VWG BsGa).
  • Es wird klargestellt, dass die Hilfs- und Nebenrechnung entsprechend den Regeln für die steuerliche Gewinnermittlung fortzuschreiben ist. Darüber hinaus findet § 148 AO Anwendung, auf dessen Basis die Finanzverwaltung Erleichterungen bewilligen können, sofern die Dokumentationspflichten Härten mit sich bringen und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird (Rn. 52 VWG BsGa).
  • In Rn. 63 VWG BsGa wurde ergänzt, dass zu den Aufzeichnungen über die Zuordnungsentscheidung auch Dokumente gehören, aus denen hervorgeht, wie die jeweiligen Bestandteile der Hilfs- und Nebenrechnung und die anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen im Ausland zugeordnet und behandelt werden. Die hohe Bedeutung dieser Anforderung zeigt sich in den vielen Verweisen auf die Rn. 63 VWG BsGa im Schreiben (siehe Rn. 45, 75, 84, 99, 107, 111, 115, 122, 191, 194, 207, 213, 215, 252, 270, 281, 341, 391, 414 und 443 VWG BsGa).

Bankbetriebsstätten

  • Sehr zu begrüßen ist, dass bezüglich der Zuordnung von Kreditverträgen nun in den Rn. 208 und 215 explizit die Möglichkeit geschaffen wurde, dass die Zuordnung dieser Kreditverträge zu einer anderen (übergeordneten) Unternehmenseinheit erfolgt, deren Zustimmung zur Erteilung des Kredites erforderlicher ist, wenn nachgewiesen werden kann, dass dort eine eigene Kreditprüfung erfolgt und dass die Zuordnung unter vergleichbaren Umständen für gleichartige finanzielle Vermögenswerte konsistent und nach gleichen Grundsätzen erfolgt. Im Übrigen ist die spiegelbildliche Behandlung im jeweils anderen Staat (Rn. 63 VWG BsGa) nachzuweisen. Diese Neuregelung ist besonders wichtig für Fälle, in denen bestimmte Kreditverträge die Limite überschreiten, die die lokalen Mitarbeiter erteilen dürfen und dieses Geschäft daher von zusätzlichen Teams in anderen Ländern weiter bearbeitet wird.
  • Im Einklang mit betriebswirtschaftlichen Überlegungen ist nicht länger der Refinanzierungszinssatz der Bank ausschlaggebend (230 VWG BsGa). Vielmehr kommt es auf die individuelle Kreditwürdigkeit der Einheitsunternehmens selbst entscheidend.
  • Zu begrüßen ist auch, dass die Anforderungen für eine spätere Zuordnungsänderung von Kreditverträgen herabgesetzt wurden. Nunmehr ist es nicht länger Voraussetzung, dass gar keine Personalfunktion in Bezug auf diesen Vermögenswert ausgeübt wird, sondern lediglich, dass von der verbleibenden unternehmerischen Risikoübernahmefunktion (d.h. in der Regel das konkrete Risikomanagement für den Kreditvertrag) keine Funktion bei der entsprechenden Betriebsstätte ausgeübt wird.

Versicherungsbetriebsstätten

  • Im Versicherungskapitel ist es zu keinen wesentlichen inhaltlichen Änderungen gekommen, wenn man von der Neudefinition der „erheblichen“ unterjährigen Änderung des Dotationskapitals absieht..
  • Neben der alten Fassung des Versicherungsaufsichtsgesetzes nimmt das finale Schreiben nun auch auf die neue Fassung des Versicherungsaufsichtsgesetzes Bezug.

Anwendung und Übergangsregelung

Soweit bis zum Inkrafttreten der BsGaV keine verbindlichen Zuordnungsregeln bestanden, gehen die VWG BsGa widerleglich davon aus, dass die bisher vom Unternehmen vorgenommene und von der Finanzverwaltung nicht beanstandete Zuordnung zutreffend war, so dass wegen der BsGaV für die Zeit vor deren Inkrafttreten keine Zuordnungsänderungen durchgeführt werden müssen (Rn. 450 VWG BsGa). Allerdings kann es dem ungeachtet erforderlich sein, zu Beginn des ersten, nach dem 31. Dezember 2014 beginnenden Wirtschaftsjahrs Zuordnungsgegenstände anders zuzuordnen, als es bis zum Ende des vorhergehenden Wirtschaftsjahrs geschehen ist (Rn. 451 VWG BsGa). Eine solche Zuordnungsänderung, die nur durch das Inkrafttreten der BsGaV notwendig wird, ist in der Regel keine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung i.S.d. § 16 BsGaV. Sie kann aber zu einer Entstrickung bzw. Verstrickung führen. Zur Vermeidung einer drohenden Doppelbesteuerung kann aber aus Billigkeitsgründen auf Antrag die ursprüngliche Zuordnung beibehalten werden (Rn. 459 VWG BsGa). Zudem hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit, nachträglich (!) Verhältnisse zu schaffen (z.B. durch die Schaffung neuer Personalfunktionen), die die ursprüngliche Zuordnung rechtfertigen (Rn. 458 VEG BsGa). Die Bedeutung dieser Übergangsregelungen ist nicht zu unterschätzen, da sie dem Steuerpflichtigen ermöglichen, eine ungewollte Entstrickung/Verstrickung zu vermeiden.

Betroffene Normen
§ 1 Abs. 5 AStG
Betriebstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV)

Fundstelle
BMF, Schreiben vom 22.12.2016, IV B 5 – S 1341/12/10001-03

Weiterer Beitrag zum Thema
Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV): Zustimmung Bundesrat

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