FG Münster: Voraussetzungen für die Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist aufgrund einer Betriebsprüfung
Sachverhalt
Es ist streitig, ob der Ablauf der Festsetzungsfrist durch die angeordnete steuerliche Betriebsprüfung i.S.v. § 171 Abs. 4 Satz 1 AO gehemmt ist. Das beklagte Finanzamt ordnete für die Streitjahre 1997 und 1998 im Jahr 2000 eine steuerliche Betriebsprüfung beim klagenden Steuerpflichtigen an. Gegen diese Prüfungsanordnung erhob dieser Einspruch und beantragte eine Aussetzung der Vollziehung, die vom Beklagten abgelehnt wurde. Ein erneuter Aussetzungsantrag des Steuerpflichtigen blieb formell unbeschieden. Dennoch wurde der Prüfungsbeginn durch das Finanzamt aufgeschoben Die nach erfolglosem Einspruchs- und Klageverfahren erhobene Nichtzulassungsbeschwerde des Steuerpflichtigen wurde vom BFH mit Beschluss vom 20.10.2003 ebenfalls zurückgewiesen, woraufhin mit der steuerlichen Betriebsprüfung im März 2004 begonnen wurde. Gegen die aus der Betriebsprüfung resultierenden Änderungsbescheide des Jahres 2007 berief sich der Steuerpflichtige auf Festsetzungsverjährung.
Entscheidung
Das FG Münster hat mit seinem Urteil vom 26.03.2010 entschieden, dass die Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO für Steuern, auf die sich eine steuerliche Betriebsprüfung erstreckt, nicht abläuft, bevor die aufgrund der Betriebsprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben wurde. Im vorliegenden Sachverhalt begann die Betriebsprüfung zwar nach Ablauf der vierjährigen Festsetzungsfrist zum 31.12.2003, allerdings wurde der Beginn der Festsetzungsfrist auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben. Voraussetzung hierfür ist, dass der Antrag auf Prüfungsaufschub i.S.v. § 171 Abs. 4 Satz 1 AO das eindeutige Begehren des Steuerpflichtigen enthält, den Beginn der Prüfung über den von der Finanzbehörde bestimmten Prüfungstermin hinaus zu verschieben. Ein förmlicher Antrag ist dafür nicht erforderlich, jedoch muss der zu stellende Antrag des Steuerpflichtigen für den Prüfungsaufschub kausal sein, ohne aber gewichtige Gründe für die begehrte Verlegung der steuerlichen Betriebsprüfung anzumerken. Während die Anfechtung der Prüfungsanordnung wegen der Geltendmachung der Unzulässigkeit der Prüfung an sich keinen Antrag auf Prüfungsaufschub darstellt, führt ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung zur Ablaufhemmung i.S.v. § 171 Abs. 4 Satz 1 AO. Der Aussetzungsantrag beschließt nämlich das Begehren ein, den Beginn der Betriebsprüfung hinauszuschieben, bis über die Rechtsmäßigkeit der angefochtenen Anordnung entschieden ist. Die Ablaufhemmung greift dabei auch dann ein, wenn die Finanzbehörde, wie vorliegend, den Prüfungsbeginn verschiebt, ohne dass eine formelle Entscheidung über den Aussetzungsantrag getroffen worden ist. Diese Grundsätze gelten jedoch nur für rechtmäßig ergangene Prüfungsanordnungen.
Im vorliegenden Sachverhalt sind die aufgrund der Betriebsprüfung geänderten Steuerbescheide somit noch vor Ablauf der Festsetzungsverjährung ergangen und verfahrensrechtlich rechtmäßig. Eine Revision wurde vom FG Münster nicht zugelassen.
Betroffene Norm
§ 171 Abs. 4 AO
Anmerkungen
Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: VIII B 70/10
Fundstelle
Finanzgericht Münster, Urteil vom 26.03.2010, 4 K 3303/08 E U, EFG 2010, S. 1004.
Weitere Fundstellen
BFH, Beschluss vom 20.10.2003, IV B 67/02 (NV), BFH/NV 2004, S. 311.