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03.09.2014
Unternehmensteuer

Referentenentwurf: Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften

Aktuell: Der Bundesrat hat dem Gesetz in seiner Sitzung am 19.12.2014 zugestimmt. Die Zustimmung ging mit einer Protokollerklärung der Bundesregierung einher. Siehe Deloitte Tax-News
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Der aktuelle Referentenentwurf dürfte als das (bislang ausstehende) „Jahressteuergesetz“ anzusehen sein. Neben der Anpassung der Abgabenordnung an den neuen Zollkodex der Union gibt es redaktionelle Änderungen und Anpassungen des deutschen Steuerrechts an die Rechtsprechung von EuGH und BFH. Dabei kommt es auch zu Änderungen, die zu einer Nichtanwendung von BFH-Rechtsprechung führen.

Hintergrund

Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf sollen insbesondere die betroffenen Regelungen der Abgabenordnung rechtzeitig an die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union angepasst werden. Der bisherige Zollkodex soll zum 1. Mai 2016 durch den neuen Zollkodex ersetzt werden. Ferner sind Anpassungen des Steuerrechts an die Rechtsprechung des EuGH und BFH sowie Maßnahmen zur Sicherung des Steueraufkommens oder der Verfahrensvereinfachung im Besteuerungsverfahren vorgesehen.

Referentenentwurf

Das Bundesfinanzministerium hat einen Referentenentwurf zur Verbandsanhörung vorgelegt. Der Gesetzentwurf soll am 24.09.2014 im Bundeskabinett beraten und verabschiedet werden. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Referentenentwurf um das bereits diskutierte „Jahressteuergesetz“ handelt, mit dem auch Forderungen des Bundesrates aus der Stellungnahme zum sogenannten „Kroatiengesetz“ (siehe Deloitte Tax-News) aufgenommen werden sollen.

Es sind folgende wesentliche Änderungen vorgesehen:

Abgabenordnung 

  • Änderungen der Abgabenordnung betreffend die (redaktionelle) Anpassung an den neuen Zollkodex der Union
  • Erweiterung der Mitteilungspflichten der Finanzbehörden im Rahmen der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (§ 31b AO)
  • Klarstellung bei der Festlegung der Verwender des Identifikationsmerkmals (§ 139a AO)
  • Vereinfachungen im Rahmen der Verwendung des Identifikationsmerkmals in Unternehmen (§ 139b Abs. 2 AO)
    Ein Dritter, der die Identifikationsnummer eines Steuerpflichtigen gegenüber dem Finanzamt zu verwenden hat (z.B. Arbeitgeber) ist berechtigt, eine rechtmäßig erhobene Identifikationsnummer zur Erfüllung aller Mitteilungspflichten zu verwenden, soweit die Mitteilungspflicht denselben Steuerpflichtigen betrifft.
    Außerdem soll eine innerhalb eines Konzerns rechtmäßig erhobene Identifikationsnummer konzernweit genutzt werden können.
  • Wirtschafts-Identifikationsnummer (§ 139c AO)
    Die Wirtschafts-Identifikationsnummer soll mit der Angabe „verbundenes Unternehmen“ und einem fünfstelligen Unterscheidungsmerkmal (neuer § 139c Abs. 5a AO) weitere Parameter erhalten. Das fünfstellige Unterscheidungsmerkmal soll dazu dienen, die einzelnen wirtschaftlichen Tätigkeiten oder Betriebe/Betriebsstätten getrennt zu identifizieren.
  • Ablaufhemmung (§ 171 Abs. 10 S. 2 AO)
    Mit der Neuregelung sollen für ressortfremde Grundlagenbescheide sowie für Bescheide über Billigkeitsmaßnahmen gem. § 163 AO grundsätzlich auch die Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 10 S. 1 AO gelten.
  • Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 180 AO)
    Die Neuregelung soll laut Begründung eine rechtsklare und praxisgerechte Zuständigkeitsregelung für gesonderte Gewinnfeststellungen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buch. b AO in Fällen von Wohnsitz- bzw. Betriebsverlagerungen schaffen.
  • Festsetzung von Steuermessbeträgen (§ 184 AO)
    Als Reaktion auf das BFH-Urteil vom 25.04.2012, I R 24/11 (siehe Deloitte Tax-News) soll ausdrücklich im Gesetz geregelt werden, dass weiterhin sachliche Billigkeitsregelungen, die auch in allgemeinen Verwaltungsvorschriften der obersten Bundesfinanzbehörden (z.B. BMF-Schreiben) enthalten sind, bei der Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrages zu berücksichtigen sind, soweit das nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.


Einkommensteuer

  • Steuerfreiheit für INVEST-Zuschüsse ab dem VZ 2013 (§ 3 Nr. 71 –neu- EStG)
  • Teilabzugsverbot bei Gesellschafterdarlehen (§ 3c Abs. 2 EStG)
    Als Reaktion auf die BFH-Urteile vom 18.04.2012 (X R 5/10, siehe Deloitte Tax-News, sowie X R 7/10, siehe Deloitte Tax-News) soll gesetzlich geregelt werden, dass für nicht fremdübliche Gesellschafterdarlehen, die ein an der Kapitalgesellschaft direkt oder indirekt maßgeblich (mehr als 25%) beteiligter oder ehemals beteiligter Gesellschafter gegebenen hat und die Beteiligung im Betriebsvermögen gehalten wird oder wurde, das Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG gilt. Gleiches soll zukünftig auch für die Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben oder Veräußerungskosten aus der nicht fremdüblichen Überlassung von Wirtschaftsgütern an eine Kapitalgesellschaft, an der der Überlassende maßgeblich beteiligt ist, gelten. Die Neuregelung soll erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2014 beginnen, anzuwenden sein. 
  • Steuerfreie Einnahmen für Familienförderung (§ 3 Nr. 34a –neu- EStG)
    Zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sollen bestimmte, zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn, erbrachten Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer steuerfrei bleiben.
  • Abziehbarkeit der Kosten für eine Erstausbildung als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 9) oder Werbungskosten (§ 9 Abs. 6 EStG)
    Es soll der Begriff der erstmaligen Berufsausbildung konkreter definiert werden.
  • Anhebung des Abzugsvolumens für Beiträge zugunsten einer Basisversorgung im Alter (§ 10 Abs. 3 EStG)
    Das Abzugsvolumen für Beiträge zugunsten einer Basisversorgung im Alter (u.a. gesetzliche Rentenversicherung, berufsständische Versorgung, private Basisrente) soll von 20.000 Euro auf 24.000 Euro angehoben werden. 
  • Lohnsteuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen (§ 19 Abs. 1 S.1 Nr. 1a –neu- EStG)
    Die Betriebsveranstaltung soll gesetzlich definiert werden. Darüber hinaus soll im Gesetz festgeschrieben werden, unter welchen Voraussetzungen Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen lohnsteuerpflichtig sind. Die Teilnahme an Betriebsveranstaltungen soll nicht zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Betriebsangehörigen offensteht und die Aufwendungen je teilnehmendem Arbeitnehmer jeweils 150 Euro bei maximal 2 Veranstaltungen im Jahr nicht übersteigen. Aufwendungen sollen dabei alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer sein, unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Gemeinkosten der Betriebsveranstaltung handelt. Auch sollen die Aufwendungen für die Begleitperson des Arbeitnehmers zu den Aufwendungen für den Arbeitnehmer zählen (gegen BFH-Urteil vom 16.05.2013, VI R 7/11, siehe Deloitte Tax-News). Die Neuregelung soll ab dem Jahr 2015 anzuwenden sein.
  • Anrechnung ausländischer Steuern (§ 34c Abs. 1 EStG)
    Als Reaktion auf die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 28.02.2013, C-168/11) und diesem folgend des BFH (Urteil vom 18.12.2013, I R 71/10 siehe Deloitte Tax-News) soll die Anrechnung ausländischer Steuern hinsichtlich der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags unionsrechtskonform umgestaltet werden.
  • Entrichtung der Kapitalertragsteuer (§ 44 Abs. 1 S. 4 Nr. 3 Buchst. 3 EStG)
    Die Neuregelung soll bei sog. „abgesetzten Beständen“ grundsätzlich die ausschüttende Gesellschaft als auszahlende Stelle zum Steuerabzug verpflichten.


Körperschaftsteuer

  • Anrechnung ausländischer Steuern (§ 26 KStG)
    Durch die Ergänzung von § 26 Abs. 1 S. 1 KStG soll der Anwendungsbereich auf den Abzug ausländischer Steuern nach § 34c Abs. 2 und 3 EStG sowie den Erlass und die Pauschalierung der auf die ausländischen Einkünfte entfallenden deutschen Körperschaftsteuer nach § 34c Abs. 5 EStG erweitert werden.
    Eine Änderung von § 26 Abs. 2 S. 1 KStG soll sicherstellen, dass ausländische Steuern für Zwecke der Körperschaftsteuer wie bisher angerechnet werden und sich die Änderung des § 34c Abs. 1 EStG als Reaktion auf die jüngste Rechtsprechung des EuGH und diesem folgend des BFH (siehe Deloitte Tax-News) für Zwecke der Körperschaftsteuer nicht auswirkt


Außensteuerrecht

  • Definition einer Geschäftsbeziehung (§ 1 Abs. 4 AStG)
    Nur schuldrechtliche Vereinbarungen sind einer Überprüfung am Maßstab des Fremdvergleichsgrundsatzes zugänglich. Mit der Änderung von § 1 Abs. 4 soll insbesondere der Ausnahmetatbestand einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung enger gefasst werden, die nun als eine Vereinbarung definiert wird, die unmittelbar die rechtliche Stellung eines Gesellschafters verändert. (ausführlich siehe Deloitte Tax-News)
  • Besteuerung des Vermögenszuwachses (§ 6 AStG)
    Die Änderungen von § 6 Abs. 5 u. 7 AStG sollen die Europarechtskonformität der Wegzugsbesteuerung sicherstellen.


Umsatzsteuer

  • Umsatzsteuerbefreiung von Dialyseleistungen (§ 4 Nr. 14 UStG)
  • Schnellreaktionsmechanismus (§ 13b Abs. 10 UStG)
    Mit einer Neureglung soll das Instrument des Schnellreaktionsmechanismus bei Vorliegen eines Verdachtes von erheblicher Steuerhinterziehung zur kurzfristigen Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf nationaler Ebene eingeführt werden.
  • USt-Anmeldepflichten für Vorratsgesellschaften (§ 18 Abs. 2 S. 5 –neu- UStG)
    Mit einer gesetzlichen Regelung soll sicher gestellt werden, dass sogenannte Vorratsgesellschaften ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung der selbständigen gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit und Unternehmer, die einen Firmenmantel übernehmen, verpflichtet sind, im laufenden und folgenden Kalenderjahr ihre Voranmeldungen monatlich abzugeben.


Grunderwerbsteuer

  • Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a GrEStG)
    Durch eine Ergänzung des § 1 Abs. 2a GrEStG soll die vom BFH (vgl. Urteil vom 24.04.2013, siehe Deloitte Tax-News) aufgezeigte gesetzliche Regelungslücke für die mittelbare Änderung der Beteiligungsverhältnisse geschlossen werden. Die zivilrechtlichen, insbesondere auch gesellschaftsrechtlichen Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften sollen in gesetzlich eindeutiger Sicht bei der Beurteilung sowie bei der Bemessung des Quantums der mittelbaren Änderung im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft wieder in Abhängigkeit von der Rechtsform der die Beteiligung vermittelnden Gesellschaft berücksichtigt werden.


Inkrafttreten
 

  • Die Änderungen im Einkommensteuergesetz sollen, sofern nicht etwas anderes angegeben ist zum 01.01.2015 in Kraft treten. 
  • Die Änderungen des Umsatzsteuergesetzes sollen am ersten Tage des auf die Verkündung folgenden Quartals in Kraft treten.
  • Die Änderungen zum Zollkodex sollen ab dem 01.05.2016 in Kraft treten. Ab jenem Tag ist auch der Zollkodex der Union anzuwenden
  • Die übrigen Änderungen sollen am Tag nach der Verkündung in Kraft treten

Fundstelle

Referentenentwurf des BMF: Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 26.08.2014

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 18.12.2013, I R 71/10 siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteile vom 16.05.2013, VI R 94/10, VI R 7/11 siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 24.04.2013, II R 17/10, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 18.04.2012, X R 5/10,  siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 18.04.2012, X R 7/10, siehe Deloitte Tax-News

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