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18.03.2011
Unternehmensteuer

Kommission veröffentlicht Richtlinienvorschlag zur Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB)

Die Europäische Kommission hat am 16.03.2011 einen Richtlinienvorschlag vorgelegt, durch den ein gemeinsames System zur Ermittlung einer konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage von Unternehmen eingeführt würde. Ziel des Vorschlags ist es insbesondere, den Verwaltungsaufwand und die Befolgungskosten bei grenzüberschreitender Tätigkeit von Unternehmen innerhalb der EU zu reduzieren, so dass „Unternehmen die Europäische Union für Körperschaftsteuerzwecke als Binnenmarkt ansehen können“.

Für Unternehmen würde die GKKB, wenn der Richtlinienvorschlag in dieser Form verabschiedet werden würde, erhebliche Auswirkungen auf die Art und Weise der Besteuerung innerhalb der EU haben. Sie könnten künftig europaweit eine einheitliche Gemeinsame Bemessungsgrundlage für alle Gruppengesellschaften und Betriebsstätten ermitteln. Für Konzerne würde diese Bemessungsgrundlage über alle Gruppengesellschaften gemeinsam ermittelt, sodass nur die Konsolidierte Bemessungsgrundlage der Besteuerung unterliegt. Sie hätten künftig für die gesamte Besteuerung der Gruppe eine einzige Anlaufstelle („Hauptsteuerbehörde“) und müssten nur noch eine Steuererklärung abgeben. Die über alle Gesellschaften und Betriebsstätten ermittelte Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer- Bemessungsgrundlage würde anschließend mittels einer Formelzerlegung auf die verschiedenen Mitgliedstaaten verteilt.

Gemeinsame Bemessungsgrundlage

Optionale Anwendung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage

Der Richtlinienvorschlag sieht die Ermittlung einer „gemeinsamen“ Bemessungsgrundlage nach gemeinschaftsweit einheitlichen Regelungen zur Gewinnermittlung vor. Eine gesonderte Betriebsstättengewinnermittlung würde innerhalb des Geltungsbereichs der GKKB entfallen. Steuerpflichtige haben dabei grundsätzlich die Wahl, weiterhin nach nationalen Regelungen besteuert zu werden, oder der GKKB zu unterliegen; sie sind an einen sogenannten „opt-in“ aber mindestens fünf Jahre gebunden.

Ermittlung der Bemessungsgrundlage

Der steuerliche Gewinn wird definiert als Überschuss der Erträge über die Betriebsaufwendungen. Die Gewinnermittlung ist damit GuV-basiert, wobei das in Deutschland vorherrschende Realisationsprinzip an einigen Stellen durchbrochen wird (z.B. Marktwertansatz von zu Handelszwecken gehaltenen Finanzanlagen, percentage-of-completion Methode bei Langfristfertigung). Abziehbare Betriebsaufwendungen sind in der Regel alle Kosten im Zusammenhang mit Veräußerungen und Ausgaben für die Erzielung, Aufrechterhaltung oder Sicherung von Einkommen. Die Abziehbarkeit umfasst auch Forschungs- und Entwicklungskosten und die Kosten für die betrieblich veranlasste Beschaffung von Eigen- oder Fremdkapital. Anlagevermögen ist grundsätzlich für steuerliche Zwecke abschreibungsfähig. Bewegliche und immaterielle Wirtschaftsgüter mit langer Nutzungsdauer sollen einzeln linear über 15 Jahre, Gebäude über 40 Jahre und andere Wirtschaftsgüter gesammelt über 4 Jahre abgeschrieben werden.

Verlustvortrag

Verluste sollen zeitlich unbegrenzt vortragsfähig sein, ein Verlustrücktrag ist nicht vorgesehen. Ebenso wurde auf eine Mindestbesteuerung verzichtet.

Konsolidierung der gemeinsamen Bemessungsgrundlage

Option zur GKKB für die gesamte Gruppe

Innerhalb einer konsolidierungsfähigen Unternehmensgruppe würde nur mehr ein einziger konsolidierter steuerpflichtiger Gewinn zu ermitteln sein. Auch für europäische Konzerne ist die Anwendung der GKKB optional. Eine entsprechende Option zur GKKB kann aber für alle konsolidierungsfähigen Gruppenmitglieder nur einheitlich ausgeübt werden.

Definition einer GKKB-Gruppe

Die Konsolidierungsfähigkeit (Mitgliedschaft in der Gruppe) und bei entsprechender Option zur GKKB Konsolidierungspflicht ist gegeben, wenn eine Gesellschaft während des gesamten Steuerjahres unmittelbar oder mittelbar mehr als 50 % der Stimmrechte und mehr als 75 % des Eigenkapitals oder mehr als 75 % der Ansprüche auf Gewinnbeteiligung an einer anderen Gesellschaft hält.

Keine Gewinnrealisierung bei gruppeninternen Geschäften

Für die Ermittlung der konsolidierten Bemessungsgrundlage innerhalb der Gruppe gelten die allgemeinen Regelungen der GKKB. Dabei werden allerdings sämtliche Gewinne und Verluste aus Transaktionen, die zwischen Mitgliedern einer Gruppe erfolgen, außer Acht gelassen. Gruppeninterne Leistungsbeziehungen werden zum niedrigeren Betrag aus Kosten und steuerlichem Wert abgewickelt, was im Ergebnis zu einer Art „Buchwertfortführung“ innerhalb der Gruppe führt. Dadurch entfällt die Verpflichtung, für steuerliche Zwecke Transferpreise für Geschäftsbeziehungen innerhalb der Gruppe festzulegen.

Sofortiger grenzüberschreitender Verlustausgleich

Da innerhalb der GKKB-Gruppe nur mehr eine einheitliche konsolidierte Bemessungsgrundlage ermittelt wird, erfolgt im Ergebnis ein sofortiger grenzüberschreitender Verlustausgleich. Hierzu werden für alle Gruppengesellschaften getrennt die Bemessungsgrundlagen nach den einheitlichen Regeln der GKKB ermittelt und in einem zweiten Schritt zu einer einheitlichen Bemessungsgrundlage zusammengefasst. Bei dieser Zusammenfassung sind Gewinne und Verluste der einzelnen GKKB-Gruppengesellschaften unbeschränkt miteinander verrechenbar.

Verluste bei Eintritt und beim Austritt aus einer Gruppe

Tritt ein Unternehmen der Gruppe bei, ist ein vor der Konsolidierung entstandener Betriebsverlust vorzutragen. Anders als vororganschaftliche Verluste können diese „Vorgruppenverluste“ aber in den Folgejahren der Gruppenmitgliedschaft mit dem zugewiesenen Anteil des Steuerpflichtigen verrechnet werden. Verlässt ein Unternehmen die Gruppe, ist ihm kein während des Konsolidierungszeitraums entstandener Verlust zuzuweisen. Wird die gesamte Gruppe aufgelöst, sind die während der Dauer der GKKB-Gruppe entstandenen Verluste allerdings grundsätzlich aufzuteilen und vortragsfähig.

Formelzerlegung und nationale Steuersätze

Anwendung der nationalen Steuersätze auf einen Anteil an der Bemessungsgrundlage

Die Kommission stellt mehrfach klar, dass der GKKB-Richtlinienvorschlag keine Harmonisierung der Steuersätze beinhaltet. Die jeweiligen nationalen Unternehmenssteuersätze werden aber nicht mehr auf eine isoliert nach nationalem Recht ermittelte Bemessungsgrundlage, sondern auf einen dem jeweiligen Gruppemitglied zugewiesenen Anteil an der gemeinsamen konsolidierten Bemessungsgrundlage angewendet (siehe nachfolgendes Beispiel). Dabei ist es zulässig, auf Unternehmen, die der GKKB unterliegen, einen anderen Steuersatz anzuwenden als auf Unternehmen, die den nationalen Vorschriften unterliegen – dadurch sollen Unterschiede in der Bemessungsgrundlage kompensiert werden können, um die effektiven Steuersätze anzugleichen.

Zerlegungsmaßstab – Zusammensetzung der Zerlegungsformel

Die Formel für die Aufteilung der konsolidierten Bemessungsgrundlage umfasst drei gleich gewichtete Faktoren (Arbeit, Vermögenswerte und Umsatz).

  • Der Faktor Arbeit ist jeweils zur Hälfte anhand der Lohnsumme und der Beschäftigungszahl zu berechnen. 
  • Der Faktor Vermögenswerte umfasst ausschließlich materielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, wobei eine Zuordnung regelmäßig zum wirtschaftlichen Eigentümer der Vermögenswerte erfolgt. Immaterielle Wirtschaftsgüter und Finanzanlagen sollen zur Vermeidung von Manipulationen des Zerlegungsmaßstabs nicht in die Formel einbezogen werden. 
  • Der Faktor Umsatz entspricht dem Erlös aus allen Verkäufen von Gegenständen oder Dienstleistungen ohne Mehrwertsteuer oder sonstigen Steuern und Abgaben. Dabei sind Umsätze grundsätzlich demjenigen Staat zuzurechnen, in dem der Versand oder die Beförderung der Gegenstände an den Erwerber endet; bei Dienstleistungen ist auf den Ort der tatsächlichen Erbringung der Dienstleistung abzustellen.

Für bestimmte Branchen (beispielsweise Finanzinstitute und Versicherungsunternehmen) gibt es besondere Regelungen für die Ermittlung des Zerlegungsmaßstabs.

Berechnung der Steuerschuld eines Gruppenmitglieds

Die Steuerschuld eines Gruppenmitglieds ist das Ergebnis der Anwendung des nationalen Steuersatzes auf den zugewiesenen Anteil an der konsolidierten Bemessungsgrundlage. Bestimmte Bereinigungen, beispielsweise um Vorgruppenverluste, sind vorab durchzuführen.

Beispiel

Die Unternehmen A, B und C bilden eine GKKB-Gruppe. Es wird ein Steuersatz von 20 % in Mitgliedstaat A, 25 % in Mitgliedstaat B und 30 % in Mitgliedstaat C unterstellt.

BMG Vermögenswerte Lohnsumme Beschäftigte Umsatz im MS A/B/C
Unternehmen A 250 100 100 1.000 10.000
Unternehmen B -100 200 200 2.000 20.000
Unternehmen C 750 300 300 3.000 30.000
Summe 900 600 600 6.000 60.000

Beispiel in Anlehnung an das MEMO/11/171 der Kommission v. 16.03.2011

Die Zerlegung und Besteuerung erfolgt nach folgendem Schlüssel:

  • Auf Mitgliedstaat A entfällt: 900 (gemeinsame BMG) *
    (1/3*(100/600) + 1/3*(1/2*(100/600) + 1/2*(1.000/6.000)) + 1/3*(10.000/60.000)) = 150
    daraus ergibt sich eine Steuerlast von 20% * 150 = 30 
  • Auf Mitgliedstaat B entfällt: 900 *
    (1/3*(200/600) + 1/3*(1/2*(200/600) + 1/2*(2.000/6.000)) + 1/3*(20.000/60.000)) = 300
    daraus ergibt sich eine Steuerlast von 25% * 300 = 75 
  • Auf Mitgliedstaat C entfällt: 900 *
    (1/3*(300/600) + 1/3*(1/2*(300/600) + 1/2*(3.000/6.000)) + 1/3*(30.000/60.000)) = 450
    daraus ergibt sich eine Steuerlast von 30% * 450 = 135

Die gesamte Steuerbelastung der Gruppe beträgt in diesem Fall 240, die durchschnittliche Steuerbelastung somit 26,67 %.

Verhältnis zu Drittstaaten und Missbrauchsverhinderung

Der Richtlinienvorschlag enthält zahlreiche Bestimmungen, die die Beziehungen zwischen Unternehmen in der GKKB-Gruppe und anderen Unternehmen regeln. Die meisten Vorschriften in diesem Bereich haben den Zweck, mögliche Missbräuche zu verhindern. So enthält der Vorschlag einige bereits aus den bestehenden Körperschaftsteuersystemen bekannte Vorschriften, wie beispielsweise den Fremdvergleichsgrundsatz für Transaktionen mit verbundenen Unternehmen außerhalb der Gruppe, den Übergang zur Anrechnungsmethode bei niedrig besteuerten Betriebsstätten in Drittstaaten, eine Hinzurechnungsbesteuerung und bestimmte Zinsabzugsbeschränkungen für Zinszahlungen an verbundene Unternehmen in Drittstaaten. Darüber hinaus sind Regelungen vorgesehen, die sich gegen einen Missbrauch der GKKB und des Zerlegungsmaßstabes richten.

Verfahrensrecht

Nach dem nun vorgelegten Vorschlag sollen die Unternehmen ihre Steuererklärung einheitlich bei der zuständigen Behörde des Ansässigkeitsstaats einreichen. Im Fall der Gruppenbesteuerung reicht der Hauptsteuerpflichtige bei der für ihn zuständigen Hauptsteuerbehörde die Steuererklärung für die gesamte Gruppe ein. Rechtsbehelfe gegen Steuerbescheide sind im Ansässigkeitsstaat des Hauptsteuerpflichtigen einzulegen, wobei der Richtlinienvorschlag ein eigenständiges Verfahrensrecht – insbesondere Fristen – für dieses Rechtsbehelfsverfahren vorsieht.

Perspektiven

Der Vorschlag für eine GKKB hat bereits im Vorfeld heftige Kritik aus einigen Mitgliedstaaten, wie z.B. Großbritannien und Irland erfahren. Zwar verlangen Harmonisierungsmaßnahmen auf dem Gebiet der direkten Steuern Einstimmigkeit unter den Mitgliedstaaten, die Kommission hat aber bereits deutlich gemacht, dass, sollte Einstimmigkeit nicht zu erreichen sein, vom Instrument der „Verstärkten Zusammenarbeit“ Gebrauch gemacht werden soll. Danach müssen sich mindestens neun Mitgliedstaaten bereit erklären, die GKKB einzuführen. Die GKKB würde in diesem Fall im Gebiet der Mitgliedstaaten, die nicht zustimmen, auch nicht gelten.

Sollte es den Mitgliedstaaten (oder auch nur einem Teil der Mitgliedstaaten) gelingen, sich auf die Einführung der GKKB zu einigen, ist noch offen, ob der Richtlinienvorschlag in seiner derzeitigen Form tatsächlich umgesetzt wird oder ob auf bestimmte Elemente des Vorschlags (wie zum Beispiel die Konsolidierung) verzichtet wird.

Über den Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens werden wir Sie auf dem Laufenden halten.

Fundstelle

Europäische Kommission, Vorschlag für eine RICHTLINIE DES RATES über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage
(GKKB)

Weitere Fundstellen

Weitere Informationen zur GKKB finden Sie auf der Internet-Seite der Europäischen Kommission.

Englischsprachiger Alert zum Richtlinienvorschlag

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