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16.11.2012
Unternehmensteuer

JStG 2013: Finanzausschuss Bundesrat empfiehlt Anrufung des Vermittlungsausschusses

Der Finanzausschuss des Bundesrates empfiehlt die Einberufung des Vermittlungsausschusses aufgrund der folgenden Themen. Offen ist, ob diese Empfehlung eine Mehrheit in der Sitzung des Bundesrates am 23.11.2012 findet. Es ist jedoch zu erwarten, dass bei nicht erfolgter Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss anrufen wird. Eine Verabschiedung der Ergebnisse des Vermittlungsausschusses ist dann am 14.12. im Bundestag und Bundesrat möglich.

Der Finanzausschuss hat erneut folgende wesentliche Themen angeführt, die bereits in der Stellungnahme des Bundesrates vom 06.07.2012 (BR-Drs. 302/12 (B), Zusammenfassung Deloitte Tax-News) enthalten waren:

  • Hybride Finanzierungen: Ausdehnung der korrespondierenden Besteuerung bei hybriden Finanzierungen. Zahlungen, die nach deutscher Qualifizierung Dividenden darstellen, sollen nur noch von der Bemessungsgrundlage freigestellt werden, wenn sie im Quellenstaat keine Betriebsausgaben darstellen. (3 Nr. 40 Buchstabe d S. 2 u. 3, § 32d Abs. 2 Nr. 4, § 52 Abs. 4d S. 4 – neu – und § 52 Abs. 45 – neu – EStG; § 8b Abs. 1 S. 2 und § 34 Abs. 7 S. 13 – neu – KStG) 
  • Kurzfristiger Eigenhandel: Anteile, die für den kurzfristigen Eigenhandel bei Banken, Finanzdienstleistern und Finanzunternehmen i. S. d. KWG vorgesehen sind, sind aus dem Anwendungsbereich der Regelungen zur allgemeinen Veräußerungsgewinnbefreiung und zur Dividendenfreistellung ausgenommen (§ 8b Abs. 7 KStG). Zukünftig sollen die Ausnahmeregelungen auf Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 und Abs. 1a KWG bzw. entsprechende Unternehmen mit Sitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland beschränkt werden und damit der bankenspezifischen Zielrichtung Rechnung getragen werden. (§ 3 Nr. 40 , § 52 Abs. 4d S. 4 – neu - EStG, § 8b Abs. 7 und § 34 Abs. 7 S. 13 – neu – KStG) 
  • Zivilprozesskosten keine außergewöhnlichen Belastungen: Der BFH hat in Änderung seiner Rechtsprechung entschieden, dass Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können, wenn die Prozessführung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (BFH v. 12.05.2011, VI R 42/10, Zusammenfassung Deloitte Tax-News). Die Anwendbarkeit soll nun dahingehend eingeschränkt werden, dass die notwendigen und angemessenen Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen behandelt werden können, wenn der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren. (§ 33 Abs. 3a – neu – , § 52 Abs. 45 – neu – EStG ) 
  • Steuerpflicht von Streubesitzdividenden: Dividenden und Veräußerungsgewinne bei Streubesitzbeteiligungen (Beteiligung von unter 10 %) sollen steuerpflichtig werden. Künftig steuerfrei sollen nur noch Beteiligungserträge bleiben, wenn die Beteiligung zu Beginn des Veranlagungszeitraums mindestens 10 % beträgt. Der Ersterwerb oder Hinzuerwerb einer mindestens 10%igen Beteiligung innerhalb eines Veranlagungszeitraums soll auf den Beginn des Veranlagungszeitraums zurückbezogen werden. Für die Anwendung der Beteiligungsgrenze sollen zu den unmittelbaren Beteiligungen auch die über eine Personengesellschaft gehaltene Beteiligung gezählt werden. Im Sonderbetriebsvermögen gehaltene Beteiligungen werden dem Gesellschafter unmittelbar und nicht über den Gewinnverteilungsschlüssel zugerechnet. Die Verlustverrechnung soll dahingehend eingeschränkt werden, dass Betriebsausgaben und Gewinnminderungen im Zusammenhang mit Streubesitzbeteiligungen nur mit Erträgen und Gewinnen aus diesen Beteiligungen verrechnet werden können. Nicht ausgeglichene Betriebsausgaben und Gewinnminderungen können unbefristet vorgetragen werden, unterliegen aber im Falle eines Anteilseignerwechsels den Verlustabzugsbeschränkungen des § 8c KStG. Zinsaufwendungen, die im Zusammenhang mit Streubesitzbeteiligungen stehen, werden nicht in die Regelung der Zinsschranke einbezogen. Im Organkreis erfolgt die Prüfung der Beteiligungsgrenze bei jeder einzelnen Gesellschaft, eine Zusammenrechnung ist nicht vorgesehen. Auf der Ebene des Organträgers werden eigene und über die Organgesellschaften zugerechnete Erträge und Aufwendungen aus Streubesitzbeteiligungen zusammengefasst; ein negativer Saldo wird beim Organträger vorgetragen. Die Regelungen sollen für alle Bezüge, Veräußerungsgewinne oder Gewinnminderungen im Sinne des § 8b Absatz 1, 2 oder 3 KStG anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2012 in der Gewinnermittlung zu erfassen sind. Für Veräußerungsgewinne soll aber die Möglichkeit bestehen, eine Besteuerung – ggfs. anteilig - zu vermeiden, wenn die steuerpflichtige Körperschaft nachweist, dass Veräußerungsgewinne auf Wertsteigerungen entfallen, die vor dem 1. Januar 2013 entstanden sind und diese Veräußerungsgewinne ohne die Neureglung steuerfrei vereinnahmt werden könnten. Diese Möglichkeit soll jedoch nur für Anteile gelten, die nach der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens erworben wurden. (u.a. § 8b Abs. 4 – neu – KStG)
    Auch wenn der Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. Oktober 2011 in der Rechtssache C-284/09 (Kapitalertragsteuererstattung bei ausl. Streubesitzdividenden, Zusammenfassung Deloitte Tax-News) noch nicht Gegenstand des Vermittlungsausschusses ist, kann es bereits durch eine Forderung des Bundesrates nach Steuerpflicht von Streubesitzdividenden indirekt mit in die Verhandlungen einbezogen werden.
  • Einschränkung der Verlustverrechnung bei rückwirkender Umwandlung oder Einbringung: Bei rückwirkender Umwandlung oder Einbringung einer Gesellschaft mit hohen stillen Reserven auf eine Verlustgesellschaft sollen die im Rückwirkungszeitraum entstandenen positiven Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers nicht mehr mit den Verlusten des übernehmenden Rechtsträgers verrechnet werden dürfen. Ist der übernehmende Rechtsträger eine Organgesellschaft oder eine Personengesellschaft, sollen die Regelungen entsprechend gelten. (§ 2 Abs. 3 Satz 3 und 4 – neu – und § 27 Abs. 11 – neu – UmwStG) 
  • Keine Verkürzung der Aufbewahrungsfristen: Die beabsichtigte Kürzung der Aufbewahrungsfristen um 2 bzw. 3 Jahre soll nicht umgesetzt werden. 
  • Eindämmung der Gestaltungsmöglichkeiten im ErbStG: Im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer werden sogenannte "Cash-GmbHs" dazu genutzt, die Besteuerung von zum Teil hohen Vermögen ganz zu vermeiden. Der Bundesrat hatte eine Regelung des Problems in Ziffer 58 seiner Stellungnahme vorgeschlagen (BR-Drs. 302/12 (B), Zusammenfassung Deloitte Tax-News). Die Bundesregierung sieht ausweislich ihrer Gegenäußerung (BT-Drs. 17/10604) ebenfalls einen Regelungsbedarf bei den "Cash-GmbHs“. Der Bundestag hat in das Gesetz aber keine entsprechende Maßnahme aufgenommen. Der Finanzausschuss fordert eine Änderung des ErbStG. (§ 13a Abs. 4, Abs. 5a – neu –, § 13b Abs. 2, Abs. 2a, § 37 Abs. 9 – neu – ErbStG) (siehe hierzu auch BFH v. 27.09.2012, II R 9/11, Zusammenfassung Deloitte Tax-News
  • Vorschläge zur Änderung des Investmentsteuerrechts: Die Neufassung des § 3 Absatz 3 InvStG soll den Werbungskostenabzug auf Ebene des Investmentvermögens neu regeln. Die gegenwärtigen Regelungen des Werbungskostenabzugs im Investmentsteuergesetz seien gestaltungsanfällig. (§ 3 Abs. 3, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 18 Abs. 22 InvStG). Über die Regelungen des § 12 InvStG hinausgehend, soll der neue § 3a InvStG für das Steuerrecht die Reihenfolge vorgeben, in der die unterschiedlichen Erträge eines Investmentvermögens (zum Beispiel einzelne der in § 1 Absatz 3 Satz 2 und 3 InvStG genannten Ertragsarten sowie anderer Erträge) für die Ausschüttung als verwendet gelten. (§ 3a – neu –,§ 18 Abs. 23 – neu – InvStG) 
  • Einmalbesteuerung von ausländischen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit: Der BFH hat entschieden, dass bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, für die in einem DBA die Freistellungsmethode vorgesehen ist (§ 50d Abs. 8 EStG), die Anwendung der Freistellung nicht eingeschränkt wird, wenn der andere Vertragsstaat die Besteuerung der betreffenden Einkünfte unterlässt, obgleich ihm das Besteuerungsrecht zusteht; diese Einkünfte blieben gänzlich unbesteuert (§ 50d Abs. 9 EStG, BFH, I R 27/11, Zusammenfassung Deloitte Tax-News). Durch die vorgeschlagene Neufassung des § 50d Absatz 9 Satz 3 EStG soll die Einmalbesteuerung sichergestellt und Steuermindereinnahmen vermieden werden. (§ 50d Abs. 9 Satz 3, § 52 Abs. 59a Satz 9 – neu – EStG) 
  • Besteuerung von Sondervergütungen bei grenzüberschreitender Mitunternehmerschaft (§ 50d Abs. 10 EStG): Im Hinblick auf die jüngste BFH-Rechtsprechung (BFH v. 08.09.2010,I R 74/09, ZusammenfassungDeloitte Tax-News, Abkommensrechtliche Behandlung von Lizenzzahlungen als Sondervergütungen) soll die Vorschrift geändert werden. Durch die Änderung der Vorschrift soll eine entsprechende Klarstellung des gesetzgeberischen Willens erfolgen. Ausweislich der Gesetzesmaterialien zu dem im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 in das EStG eingefügten § 50d Absatz 10 EStG (BT-Drs.16/11108) sollte nach Auffassung des Gesetzgebers klargestellt werden, dass Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 2. Hs. und Nr. 3 2. Hs. EStG, die eine inländische Personengesellschaft an ihre ausländischen Gesellschafter zahlt, als Teil des Gewinns der Personengesellschaft besteuert werden können, weil die Behandlung dieser Vergütungen als gewerbliche Einkünfte ein tragender Grundsatz der Besteuerung der Mitunternehmerschaften im deutschen Steuerrecht ist und dies zur Gleichbehandlung von Einzelunternehmen und Mitunternehmerschaften führt.
    Eine mögliche Doppelbesteuerung soll in der Weise beseitigt werden, dass eine anteilig auf die betreffenden Einkünfte entfallende ausländische Steuer bis zur Höhe der anteiligen, auf die Sondervergütungen entfallenden inländischen Einkommen- oder Körperschaftsteuer angerechnet wird. (§ 50d Abs. 10, § 52 Abs. 59a Satz 10 – neu – EStG, § 26 Abs. 2 – neu – KStG) 
  • Vermeidung der Aufdeckung stiller Reserven: Mit 50i – neu – EStG soll eine Regelung geschaffen werden, die die Besteuerung späterer Veräußerungsgewinne in den Fällen ermöglicht, in denen aufgrund des bisherigen Rechtsverständnisses der Finanzverwaltung im Zeitpunkt des Wegzugs ins Ausland, einer Umstrukturierung oder Überführung von Wirtschaftsgütern oder Anteilen auf die Besteuerung verzichtet wurde, jedoch weiterhin von einer Steuerverstrickung und somit späteren Besteuerung der stillen Reserven in Deutschland ausgegangen wurde. Hiermit wird auf die aktuelle BFH-Rechtsprechung reagiert, die bei späterer Veräußerung oder Entnahme nicht mehr von einem deutschen Besteuerungsrecht ausgeht (siehe BFH, I R 81/09, Zusammenfassung Deloitte Tax-News). (§ 50i – neu –, § 52 Abs. 59c1 – neu – EStG) 
  • Keine Gewährung sonstiger Gegenleistung als weiteres Tatbestandsmerkmal im Rahmen der Einbringung (§ 20, 21 UmwStG): Die Regelungsänderung soll die Vorschrift des § 20 UmwStG an § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und § 11 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 UmwStG angleichen. Sie entspricht dem Grundsatz, dass jede Umwandlung, die einen Vermögenstransfer zwischen verschiedenen Rechtsträgern bewirkt, zu einer Realisierung stiller Reserven führt. Ein Verzicht auf die Realisation ist nur gerechtfertigt, soweit im Zuge der Umwandlung Vermögen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder ohne Gegenleistung übertragen wird und das unternehmerische Engagement durch den übernehmenden Rechtsträger fortgeführt wird. Soweit eine sonstige, im Besonderen eine monetäre Gegenleistung für die Vermögensübertragung erbracht wird, verbleibt es beim Grundsatz der Reservenrealisation. (§ 20 Abs. 2 Satz 3 und 4, § 21 Abs. 1 Satz 2 und 3, § 27 Abs. 11 – neu – UmwStG)
  • Maßnahmen gegen RETT-Blocker-Strukturen im GrEStG: Gestaltungen bei großen Immobilientransaktionen zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer (RETT-Blocker-Strukturen) sollten durch gesetzliche Regelungen verhindert werden. (§§ 1, 6a, 8, 13, 16, 17, 19, 20 und 23 GrEStG) 
  • Wertpapierleihe: Der Finanzausschuss empfiehlt, den Anwendungsbereich der steuerlichen Grundsätze der Wertpapierleihe auf Personengesellschaften als Verleiher auszuweiten. (§ 8b Abs. 10 KStG)

Weiterhin fordert der Ausschuss die Streichung der im Rahmen der Beratungen im Bundestag aufgenommenen Regelung zur Umkehr der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger (Reverse Charge) bei Strom- und Gaslieferungen. Der Finanzausschuss des Bundesrates fordert darüber hinaus im Steuerrecht die vollständige Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft mit der Ehe.

Fundstellen

Empfehlung der Ausschüsse des Bundesrates, 13.11.2012, BR-Drs. 632/1/12
Gesetzesbeschluss Deutscher Bundestag, 25.10.2012, BR-Drs. 632/12, Zusammenfassung Deloitte Tax-News

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