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02.04.2015
Unternehmensteuer

FG Münster: Kein Veräußerungsgewinn bei Ausscheiden eines Mitunternehmers gegen Übernahme eines Teilbetriebs

Das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer GbR gegen Abfindung in Form eines Teilbetriebs löst keinen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn aus. Vielmehr handelt es sich um eine steuerneutrale Realteilung. Diese erfordert nicht, dass die Gesellschaft ihre Tätigkeit insgesamt einstellt (entgegen Finanzverwaltung).

Sachverhalt

Der Kläger war an einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs-GbR beteiligt. Im Streitjahr 2006 schied er aus der GbR aus, welche sodann die verbliebenen Gesellschafter fortführten. Er übernahm sämtliche Aktiva, Passiva sowie den Kundenstamm der von ihm geführten Niederlassung (Teilbetrieb). Das Finanzamt behandelte den Vorgang als steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn gemäß § 16 EStG, da weder eine Realteilung vorliege, noch eine Buchwertfortführung gemäß § 6 Abs. 5 EStG in Frage komme. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Entscheidung

Entgegen der Ansicht des Finanzamtes sei bei dem Kläger mit Ausscheiden aus der GbR kein zu versteuernder Veräußerungsgewinn entstanden. Vielmehr handele es sich um eine steuerneutrale Realteilung gemäß § 16 Abs. 3 S. 2 EStG, da dem Kläger ein Teilbetrieb übertragen wurde und die Besteuerung der stillen Reserven gesichert sei.

Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschafsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Buchwerten anzusetzen, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden (§ 18 Abs. 3 S. 2 i. V. m. § 16 Abs. 3 S. 2 EStG).

Der Ansicht der Finanzverwaltung, dass eine Realteilung in diesem Sinne erfordere, dass die Gesellschaft ihre Tätigkeit insgesamt einstelle (vgl. BMF-Schreiben vom 28.02.2006 und vom 08.12.2011), werde nicht gefolgt. Das FG schließe sich der teilweise in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung an, wonach eine steuerneutrale Realteilung bei einer Fortsetzung der Mitunternehmerschaft unter den übrigen Mitunternehmern nur bei Sachwertabfindungen mit Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen anzunehmen sei, nicht hingegen bei einer Abfindung mit Einzelwirtschaftsgütern (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 18.04.2012).

Für eine entsprechende Anwendung von § 16 Abs. 3 S. 2 EStG spreche, dass eine unterschiedliche steuerliche Behandlung zweigliedriger und mehrgliedriger Personengesellschaften beim Ausscheiden eines Mitunternehmers bei Übernahme und Fortführung eines Teilbetriebs nicht gerechtfertigt sei. In beiden Fällen werde das unternehmerische Engagement fortgeführt und die Besteuerung der stillen Reserven sei sichergestellt. Als ausreichend für eine Anwendung der Realteilungsgrundsätze sei eine Teilaufgabe der Mitunternehmerschaft, die in anderer personeller Besetzung und nach Ausgliederung eines Teilbetriebs fortgesetzt wird, anzusehen (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 18.04.2012). 

Betroffene Normen

§ 18 Abs. 3 S. 2 EStG, § 16 Abs. 3 S. 2 EStG
Streitjahr 2006

Fundstelle
FG Münster, Urteil vom 29.01.2015, 12 K 3003/14 F, Revision zugelassen

Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 28.02.2006, IV B 2 - S 2242 - 6/06, BStBl II 2006, S. 228
BMF, Schreiben vom 08.12.2011, BStBl I 2011, S. 1279, Bsp. zu Tz. 17
FG Hamburg, Urteil vom 18.04.2012, 3 K 89/12, EFG 2012, S. 1744

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