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05.03.2013
Unternehmensteuer

Einführung einer Finanztransaktionsteuer durch 11 EU-Mitgliedsstaaten

Am 14.02.2013 hat die Europäische Kommission einen aktualisierten Vorschlag für eine Richtlinie über die Umsetzung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer (FTS) vorgelegt. Dem voran gegangen war am 22.01.2012 der Beschluss des Rates der Finanz- und Wirtschaftsminister (ECOFIN), die Einführung einer FTS im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit zuzulassen. Teilnehmerstaaten für die Verstärkte Zusammenarbeit sind aus heutiger Sicht Deutschland, Frankreich, Österreich, Belgien, Spanien, Estland, Griechenland, Italien, Portugal, die Slowakei und Slowenien (FTS-Staaten).

Ausgangspunkt: Richtlinien-Vorschlag vom 28.09.2011


Der nunmehr vorgelegte Vorschlag orientiert sich weitgehend am ursprünglichen Richtlinien-Vorschlag der Europäischen Kommission vom 28.09.2011, der damals allerdings noch auf die Einführung einer FTS durch alle 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ausgelegt war.

Demzufolge soll die FTS (nach wie vor) Transaktionen mit Finanzinstrumenten aller Art erfassen, insbesondere

  • den Handel mit börsennotierten Gesellschaftsanteilen 
  • der Handel von Finanzinstrumenten am Kapitalmarkt, 
  • Geldmarktinstrumente (Ausnahme: Zahlungsinstrumente), 
  • Anteile an sog. Organismen für gemeinsame Anlagen, und zwar sowohl Organismen in gemeinsame Anlagen von Wertpapieren (OGAW) wie auch alternative Investmentfonds (AIF), 
  • Derivatekontrakte und 
  • Strukturierte Produkte.

Besteuert werden soll dabei der Bruttowert einer Transaktion (vor der Aufrechnung, d.h. vor der Verrechnung von Kauf- und Verkaufstransaktionen).

Die Steuer soll nicht nur für den Handel an organisierten Märkten gelten, sondern auch für andere Handelsformen inkl. des außerbörslichen Handels. Maßgebliches Kriterium dafür, ob eine FTS-relevante Transaktion vorliegt, ist, ob eine an einer Transaktion beteiligte Partei das mit einem Finanzinstrument verbundene Risiko (wie beim Kauf und Verkauf) übernimmt. Damit fällt nicht nur die Übertragung des rechtlichen Eigentums in den Anwendungsbereich der FTS, sondern auch die Übernahme einer Verpflichtung. Weiterhin ausdrücklich in den Anwendungsbereich der FTS fallen der Austausch von Finanzinstrumenten, Pensionsgeschäfte, umgekehrte Pensionsgeschäfte (Repos) sowie Wertpapierleih- und -verleihgeschäfte.

Zum Tragen kommen soll die FTS, sobald eine der an einer FTS-relevanten Transaktion beteiligten Parteien in einem der FTS-Staaten ansässig ist und an der Transaktion ein in einem FTS-Staat ansässiges Finanzinstitut (insbes. Banken, Versicherungsunternehmen oder Investmentfonds) beteiligt ist, das entweder für eigene oder fremde Rechnung oder aber im Namen einer (anderen) Transaktionspartei handelt.

Die vorgeschlagenen Mindeststeuersätze betragen weiterhin 0,1 % auf den Marktpreis bzw. die Gegenleistung bei Finanztransaktionen, die nicht mit Derivatekontrakten in Zusammenhang stehen (v.a. Übertragung von Aktien und Anleihen,) bzw. 0,01 % auf den Nominalbetrag bei Transaktionen im Zusammenhang mit Derivatekontrakten.

Als Startdatum für die Einführung einer FTS vorgesehen ist nach wie vor der 01.01.2014 vorgesehen (zur tatsächlichen Einhaltung dieses Startermins vgl. unten unter „Ausblick“).

Unterschiede zum Richtlinien-Vorschlag vom 28.09.2011


Sämtliche Änderungen des nunmehr vorliegenden Richtlinien-Vorschlags gegenüber dem ursprünglichen Richtlinien-Entwurf sind entweder dem Ziel der Präzisierung vorgesehener Regelungen oder aber Einführung/Stärkung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerumgehungsmaßnahmen geschuldet.

Hinsichtlich der Ansässigkeitsdefinition führt der jetzige Richtlinien-Vorschlag aus, dass auch Transaktionen eines Finanzinstituts aus einem Nicht-FTS-Staat steuerpflichtig sein können, wenn nämlich eine der sonstigen an der Transaktion beteiligten Parteien in einem FTS-Staat ansässig ist.

Das bisher ausschließlich vorgesehene Ansässigkeitsprinzip als Anknüpfungspunkt für die FTS-Pflicht einer Transaktion wird um das Emittenten- bzw. Ausgabeprinzip ergänzt. Das bedeutet, dass die Steuer auch dann anfällt, wenn keiner der an einer Transaktion beteiligten Parteien in einem FTS-Staat ansässig im Sinne des Richtlinien-Vorschlags ist, sich die Transaktion aber auf ein Finanzinstrument bezieht, das von einer im Hoheitsgebiet eines FTS-Staates ansässigen Person (d.h. Sitz bzw. ständiger Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt) ausgegeben wurde.

Bzgl. des Austausches von Finanzinstrumenten wird konkretisiert, dass ein solcher Tausch als zwei separate Finanztransaktionen angesehen wird und damit die FTS doppelt ausgelöst wird.

Es wird konkretisiert, dass insbes. Primärmarktgeschäfte und Transaktionen im Rahmen von Umstrukturierungen sowie Transaktionen mit den Zentralbanken der EU-Mitgliedsstaaten, der Europäischen Zentralbank oder der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) nicht Gegenstand der FTS sein sollen.

Weiterhin enthält der nunmehr vorliegende Vorschlag bereits sehr dezidierte Bestimmungen hinsichtlich des Verfahrensablaufs zur Einziehung der FTS.

Ausblick


Der Richtlinien-Vorschlag muss nun in den einzelnen FTS-Staaten weiter erörtert und noch offene Details geklärt werden (z.B. ist für den 28.05.2013 eine Lesung entsprechenden Ausschuss des EU-Parlaments vorgesehen). Auf EU-Ebene sind dabei zwar sämtliche 27 EU-Mitgliedsstaaten berechtigt, an den weiteren Beratungen teilzunehmen, abstimmungsberechtigt sind jedoch allein die FTS-Staaten. Die FTS-Staaten müssen die Verstärkte Zusammenarbeit im Rahmen des Richtlinien-Vorschlags sodann (zumindest mit der Mindestanzahl von 9 FTS-Staaten) einstimmig beschließen.

Spannung versprechen die weiteren Diskussionen des vorliegenden Richtlinien-Vorschlags dabei zum Einen hinsichtlich des Inhalts, denn gerade im Detail scheinen die FTS-Staaten hier aktuell noch „weit auseinander“ zu liegen. Auch im Hinblick auf manche der vorgesehenen Regelungen nach wie vor unklar, wie sie zu verstehen sind (wie soll z.B. der Nachweis des Schuldners der FTS aussehen, dass zwischen der wirtschaftlichen Substanz einer Transaktion und dem Hoheitsgebiet eines FTS-Staates kein Zusammenhang besteht mit der Folge, dass dann eine Ansässigkeit im Sinne der Richtlinie zu verneinen wäre?). Und es wird immer wieder die Frage der Vereinbarkeit der FTS mit EU-Recht in den raum gestellt.

Aber auch im Hinblick auf den angedachten Zeitplan zur Einführung der FTS (inkl. des vorgesehenen Startdatums) – den entsprechend dem Richtlinien-Vorschlag sollen die FTS-Staaten den Richtlinien-Vorschlag (bzw. die dann einstimmig beschlossene Richtlinie) bis zum 30.09.2013 in nationales Recht umgesetzt haben – birgt der Richtlinien-Vorschlag noch einige Spannungsbögen in sich. Schließlich dürfen Länder wie Italien und Frankreich, die bereits eine nationale FTS eingeführt haben, diese nationalen Regelungen, die z.T. bzgl. der erfassten Transaktionen nicht unerheblich von dem nun vorliegenden Richtlinien-Vorschlag abweichen, nicht weiter aufrecht erhalten. Nimmt man die ersten Äußerungen aus einzelnen FTS-Staaten, dann erscheint die Einhaltbarkeit des vorgesehenen Startdatums sowie des Zeitplans hinsichtlich der nationalen Umsetzung nicht realistisch; entsprechende Äußerungen waren aus dem Bundesfinanzministerium denn auch schon Ende vergangenen Jahres zu hören gewesen, wonach eine Einführung der FTS vor dem 01.01.2016 für eher unwahrscheinlich erachtet wird.

Unabhängig von den nach wie vor bestehenden Unwägbarkeiten insbes. bzgl. des weiteren Zeitablaufs zur Einführung einer FTS sollten die betroffenen Akteure die Entwicklungen der nächsten Wochen und Monate aufmerksam verfolgen, um die möglichen Auswirkungen in Bezug auf betroffene Transaktionen und Kunden bzw. auf das eigene Geschäftsmodell zu analysieren sowie frühzeitig notwendige Handlungsalternativen zu entwickeln.

Ihr Ansprechpartner

Claudia Sendlbeck-Schickor

csendlbeck@deloitte.de
Tel.:

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